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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Fregatten landeten auf einem großen Shuttle-Hafen am Ufer eines breiten, schlammigen, von vielen Brücken überspannten Flusses immer noch eine geraume Strecke vom Stadtzentrum entfernt, aber umgeben von Gebäuden mittlerer Höhe und niedrigen geodätischen Kuppeln. Gurgeh verließ das Fahrzeug – Flere-Imsaho, ihm zur Seite, steckte in seiner antiken Verkleidung, summte laut und knisterte vor Statik – und fand sich auf einem großen Viereck synthetischen Rasens wieder, der vor dem Heck des Moduls ausgerollt worden war. Auf dem Rasen standen vielleicht vierzig oder fünfzig Azadier in verschiedenartigen Uniformen und Bekleidungen. Gurgeh, der sich mit viel Mühe darin geübt hatte, die einzelnen Geschlechter zu unterscheiden, nahm an, dass sie zum größten Teil dem Zwischen- oder Apex-Geschlecht angehörten und nur wenige Männer und Frauen dabei waren. Hinter ihnen waren mehrere Reihen von identisch uniformierten Männern angetreten, die Waffen trugen. Noch weiter hinten machte eine dritte Gruppe ziemlich grelle und metallen klingende Musik.
    »Die Kerle mit den Gewehren sind nur unsere Ehrengarde«, erklärte Flere-Imsaho. »Beunruhigen Sie sich nicht.«
    »Tue ich ja gar nicht«, gab Gurgeh zurück. Er wusste, so machte man das im Kaiserreich: förmlich, mit offiziellen Begrüßungskomitees, die sich aus kaiserlichen Bürokraten, Sicherheitsleuten, Funktionären von den Organisationen der Spiele, assoziierten Ehefrauen und Konkubinen und Vertretern der Nachrichtenagenturen zusammensetzten. Einer der Apices schritt ihm entgegen.
    »Der da wird auf Eächisch mit ›Sir‹ angeredet«, wisperte Flere-Imsaho.
    »Was?«, fragte Gurgeh. Er konnte die Stimme der Maschine bei den Geräuschen, die sie produzierte, kaum verstehen. Sie summte und knisterte so laut, dass sie die Musik beinahe übertönte, und die Statik ließ Gurgehs Haare auf der einen Seite in die Höhe stehen.
    »Ich sagte, er wird mit ›Sir‹ angeredet, auf Eächisch«, zischte Flere-Imsaho durch das Summen. »Berühren Sie ihn nicht, aber wenn er eine Hand hebt, heben Sie beide und sagen Ihren Spruch auf. Denken Sie daran: Sie dürfen ihn nicht berühren.«
    Der Apex blieb dicht vor Gurgeh stehen, hob eine Hand und sagte: »Willkommen in Groasnachek, Eä, im Kaiserreich von Azad, Murat Gurgee.«
    Gurgeh verkniff sich eine Grimasse, hob beide Hände – um zu zeigen, dass er unbewaffnet war, wie die alten Bücher erklärten – und antwortete in sorgfältigem Eächisch: »Es ist mir eine Ehre, den Fuß auf den heiligen Boden von Eä zu setzen.«
    »Guter Anfang«, murmelte der Roboter.
    Den Rest des Empfangs erlebte Gurgeh in einem Zustand der Benommenheit. Sein Kopf drehte sich, er schwitzte im Freien unter den Strahlen des gleißenden Doppelsterns am Himmel – man erwartete von ihm, wie ihm bekannt war, die Ehrengarde zu inspizieren, obwohl ihm keine Erklärung dafür untergekommen war, wonach er dabei Ausschau halten sollte –, und nachdem sie zu den Empfangsfeierlichkeiten ins Innere gegangen waren, überfiel ihn bei den fremdartigen Gerüchen in den Gebäuden des Shuttle-Hafens heftiger, als er vermutet hatte, das Gefühl, sich an einem absolut fremden Ort zu befinden. Er wurde Mengen von Leuten vorgestellt, wieder hauptsächlich Apices, und bemerkte, dass sie entzückt waren, in offenbar passablem Eächisch angesprochen zu werden. Flere-Imsaho instruierte ihn, bestimmte Dinge zu tun und zu sagen, und er hörte sich die richtigen Worte formulieren und spürte, dass er die akzeptablen Gesten vollführte, aber sein allgemeiner Eindruck war der von chaotischen Bewegungen und lärmenden, nicht zuhörenden Leuten – noch dazu stark riechenden Leuten, obwohl er sicher war, dass sie das Gleiche von ihm dachten. Auch hatte er das unangenehme Gefühl, dass sie insgeheim über ihn lachten.
    Abgesehen von den offensichtlichen körperlichen Unterschieden wirkten die Azadier im Vergleich zu den Kultur-Leuten alle sehr kompakt und hart und entschlossen, energischer und – wenn er kritisch sein wollte – neurotischer. Jedenfalls die Apices. Nach dem bisschen, was er von den Männern zu sehen bekam, waren sie irgendwie stumpfer und gleichmütiger wie auch stämmiger, während die Frauen zarter aussahen, ruhiger und irgendwie unergründlicher waren.
    Gurgeh hätte gern gewusst, welchen Eindruck sie von ihm hatten. Er ertappte sich dabei, dass er sowohl die seltsam fremdländische Architektur und die verwirrenden Innenräume als auch die Leute ein bisschen

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