Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
Gurgeh erwachte in Hochstimmung, als habe er soeben einen Sieg errungen, nicht als müsse er zu dem ersten wirklich ernsten Turnier seines Lebens antreten. Er aß sehr wenig zum Frühstück und legte langsam die Zeremonialgewänder an, die für das Spiel vorgeschrieben waren, ziemlich albern zusammengestellte Kleidungsstücke mit weichen Slippern und einer Kniehose unter einer bauschigen Jacke mit aufgerollten, von Haltern fixierten Ärmeln. Wenigstens war Gurgehs Robe als die eines Neulings verhältnismäßig frei von Zierrat und zurückhaltend in der Farbe.
    Pequil kam, um ihn in einem offiziellen Bodenwagen zum Spiel zu bringen. Der Apex plauderte während der Fahrt, begeisterte sich über eine kürzlich stattgefundene Eroberung, die das Imperium in einem fernen Raumabschnitt gemacht hatte – es war ein glorreicher Sieg gewesen.
    Der Wagen sauste die breiten Straßen entlang bis zum Stadtrand, wo das öffentliche Gebäude, in dem Gurgeh spielen sollte, für das Turnier hergerichtet worden war.
    An diesem Morgen begaben sich überall in der Stadt Leute zu ihrem ersten Spiel der neuen Serie. Von dem höchst optimistischen jungen Spieler, der das Glück gehabt hatte, das Recht zur Teilnahme in einer Staatslotterie zu gewinnen, bis hinauf zu Nicosar persönlich begannen diese zwölftausend Leute den Tag in dem Wissen, dass ihr Leben sich von nun an radikal und für immer verändern mochte, sei es zum Besseren oder zum Schlechteren.
    Die ganze Stadt glühte in dem Spielfieber, das sie alle sechs Jahre überfiel. Groasnachek war gesteckt voll von Spielern, ihrem Gefolge, ihren Ratgebern, Kolleg-Mentoren, Verwandten und Freunden, von der Presse und den Nachrichtendiensten des Kaiserreichs und zu Besuch weilenden Delegationen aus den Kolonien und Dominien, die zusehen wollten, wie über den Kurs entschieden wurde, den die Imperiumsgeschichte in Zukunft nehmen würde.
    Sie erreichten das Gebäude, und Gurgeh entdeckte, dass seine Hände trotz der euphorischen Stimmung am frühen Morgen zitterten. Dann wurde er in das Innere mit seinen hohen weißen Wänden und seinem widerhallenden Holzfußboden geführt, und in seinem Bauch machte sich ein unangenehmes Gefühl bemerkbar. Das war etwas ganz anderes als die nervöse Spannung, in die er normalerweise vor einem Spiel geriet, es war schärfer, aufregender und beunruhigender als alles, was er bisher erlebt hatte.
    Das Einzige, was ihn aufheiterte, war die Feststellung, dass man Flere-Imsaho die Erlaubnis verweigert hatte, während des Spiels in der Halle zu bleiben; er würde draußen warten müssen. Seine mit Klicken, Summen und Knistern zur Schau gestellte Primitivität hatte die kaiserlichen Behörden nicht davon überzeugt, er sei unfähig, Gurgeh während des Spiels irgendwie zu helfen. Man wies ihn an, zusammen mit den Dienst tuenden kaiserlichen Wachtposten in einem kleinen Pavillon auf dem Gelände zu bleiben.
    Er beschwerte sich lautstark.
    Gurgeh wurde den anderen neun Teilnehmern vorgestellt. Theoretisch waren sie alle durch Zufallsauswahl bestimmt worden. Sie begrüßten ihn durchaus herzlich, obwohl einer von ihnen, ein jüngerer kaiserlicher Priester, nur nickte, statt mit ihm zu sprechen.
    Als Erstes kam das weniger wichtige Spiel der Strategie-Karten. Gurgeh fing sehr vorsichtig an, opferte Karten und Punkte, um zu entdecken, was die anderen hatten. Als das feststand, begann er, richtig zu spielen, und hoffte, nicht zum Schluss dumm dazustehen. Aber während der nächsten Runden entdeckte er, dass die anderen sich immer noch im Unklaren darüber waren, wer welches Blatt hatte, und er als Einziger so taktierte, als befände sich das Spiel in der Endphase.
    Fürchtend, ihm sei etwas entgangen, spielte er zwei weitere der Erkundung dienende Karten aus, und erst jetzt legte sich der Priester ins Zeug. Gurgeh zog nach. Die Partie wurde noch vor Mittag beendet. Gurgeh hatte mehr Punkte als jeder andere.
    »So weit, so gut, was, Roboter?«, sagte er zu Flere-Imsaho, als er mit den Spielern, den Funktionären und einigen wichtigeren Zuschauern zu Tisch saß.
    »Wenn Sie es sagen«, antwortete die Maschine mürrisch. »Viel zu sehen kriege ich ja nicht. Schließlich bin ich ins Außenhaus zu den munteren Soldatenknaben verbannt.«
    »Sie dürfen es mir glauben: Es sieht gut aus.«
    »Es ist noch früh am Tage, Jernau Gurgeh. So leicht wird man Ihnen den Sieg nicht noch einmal machen.«
    »Ich wusste doch, dass ich mich auf Ihre moralische Unterstützung verlassen

Weitere Kostenlose Bücher