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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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und seine beiden Mädchen sich um und gingen weg. »Bis bald, Spieler!«, rief Za über die Schulter zurück.
    Gurgeh winkte. Inclate und At-sen beruhigten sich ein kleines bisschen und begannen, ihm zu erzählen, er sei ein unartiger Junge, weil er nicht unartiger sei. Gurgeh bestellte frische Getränke und Pfeifen, damit sie still waren.
    Sie brachten ihm das Spiel der Elemente bei. »Klinge schneidet Tuch, Tuch umwickelt Stein, Stein dämmt Wasser, Wasser löscht Feuer, Feuer schmilzt Klinge…«, sangen sie wie ernsthafte Schulmädchen und zeigten ihm die entsprechenden Handzeichen.
    Es war eine verkürzte, zweidimensionale Version des Elemente-Würfelspiels auf dem Brett des Werdens, ohne Luft und Leben. Gurgeh fand es amüsant, dass er nicht einmal im Loch dem Einfluss von Azad entrinnen konnte. Er machte bei dem einfachen Spiel mit, weil die Mädchen es wollten, und er gab Acht, nicht zu viele Hände zu gewinnen… etwas, so schoss es ihm durch den Kopf, was er noch nie in seinem Leben getan hatte.
    Immer noch über diese Anomalie nachsinnend, ging er zu den Toiletten, von denen es vier verschiedene Typen gab. Er benutzte die für Aliens, brauchte jedoch einige Zeit, um die richtige Installation zu finden. Darüber lachte er immer noch, als er wieder herauskam und vor der Tür, die einem Schließmuskel nachgebildet war, Inclate vorfand. Sie blickte besorgt drein; das Ölfilm-Kleid kräuselte sich matt.
    »Was ist passiert?«, fragte er sie.
    »At-sen.« Sie knetete ihre kleinen Hände. »Ihr früherer Herr kam und nahm sie mit. Er will sie haben, weil es sonst ein Zehnteljahr her ist, dass sie getrennt sind, und sie frei sein würde.« Sie blickte zu Gurgeh auf, das kleine Gesicht vor Kummer verzerrt. Das blauschwarze Haar spülte um ihr Gesicht wie ein langsamer, flüssiger Schatten. »Ich weiß, Sho-Za sagte, du dürfest nicht weggehen, aber willst du es tun? Es geht dich nichts an, aber sie ist meine Freundin…«
    »Was kann ich tun?«, fragte Gurgeh.
    »Komm! Vielleicht gelingt es uns, ihn abzulenken. Ich glaube, ich weiß, wohin er sie gebracht hat. Ich werde dich nicht in Gefahr bringen, Jernau.« Sie fasste seine Hand.
    Halb gingen, halb rannten sie gewundene hölzerne Korridore entlang, vorbei an vielen Zimmern und Türen. Gurgeh verlor sich in einem Irrgarten aus Empfindungen, einem Aufruhr von Geräuschen (Musik, Gelächter, Schreie), Bildern (Diener, erotische Darstellungen, vorbeihuschende Gänge, voll gestopft mit schwankenden Körpern) und Gerüchen (Speisen, Parfums, Alien-Schweiß).
    Plötzlich blieb Inclate stehen. Sie befanden sich in einem Raum, der nach unten abfiel wie ein Theater. Auf einer Bühne stand ein nackter menschlicher Mann. Er drehte sich langsam vor einem riesigen Schirm, der eine Nahaufnahme seiner Haut zeigte. Tiefe, dröhnende Musik spielte. Inclate sah sich in dem dicht besetzten Zuschauerraum um. Sie hielt immer noch Gurgehs Hand.
    Gurgeh musterte den Mann auf der Bühne. Die Beleuchtung war hell, besaß das Spektrum des Sonnenlichts. Der Körper des etwas dicken, hellhäutigen Mannes zeigte mehrere enorme, in allen Farben schillernde Blutergüsse, die wie große Fotos aussahen. Die auf Rücken und Brust waren die größten und zeigten azadische Gesichter. Die Mischung von Schwarz-, Blau-, Purpur-, Grün, Gelb- und Rottönen ergab Porträts von unheimlicher Genauigkeit und Feinheit, und wenn der Mann die Muskeln bewegte, schienen diese Gesichter lebendig zu werden, gerade als ob sie in jedem Augenblick einen neuen Ausdruck annähmen. Gurgeh sah es sich an, und ihm stockte der Atem.
    »Da!«, brüllte Inclate, um die hämmernde Musik zu übertönen, und zog an seiner Hand. Sie schoben sich durch die Menschenmenge dahin, wo At-sen stand, dicht vor der Bühne. Sie wurde von einem Apex festgehalten, der auf den Mann auf der Bühne zeigte, auf sie einschrie und sie schüttelte. At-sen hielt den Kopf gesenkt, ihre Schultern zuckten, als weine sie. Das Video-Kleid war abgestellt, grau, fade und leblos hing es an ihr herunter. Der Apex schlug At-sen ins Gesicht – das schwarze Haar drehte sich langsam – und brüllte sie von neuem an. Sie fiel auf die Knie. Das perlenbesetzte Haar folgte ihr wogend, als sinke sie unter Wasser. Niemand in der Nähe des Paares nahm irgendwelche Notiz davon. Inclate schritt auf die Stelle zu und zog Gurgeh hinter sich her.
    Der Apex sah sie kommen und versuchte, At-sen wegzuzerren. Inclate beschimpfte ihn. Sie hielt Gurgehs Hand in die Höhe,

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