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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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schob Leute zur Seite, arbeitete sich näher heran. Der Apex bekam es plötzlich mit der Angst zu tun. Er stolperte davon und zerrte At-sen mit sich zu einem Ausgang unterhalb der erhöhten Bühne.
    Inclate drängte vorwärts, aber der Weg wurde ihr von einer Gruppe großer azadischer Männer verstellt, die dastanden und den Mann auf der Bühne mit offenem Mund angafften. Inclate trommelte ihnen mit den Fäusten auf den Rücken. Gurgeh sah At-sen verschwinden; sie wurde durch die Tür unter der Bühne gezerrt. Er schob Inclate zur Seite und benutzte seine größere Masse und Kraft, um sich einen Weg zwischen zweien der protestierenden Männer hindurch zu bahnen. Er und das Mädchen rannten auf die pendelnde Tür zu.
    Der Korridor machte eine scharfe Kurve. Sie hörten Schreie und folgten ihnen eine enge Treppe hinunter, über eine Stufe, wo der zerbrochene Monitor-Kragen lag, geknickt und tot, in einen ruhigen Korridor. Dort war das Licht jadegrün, und es gab viele Türen. At-sen lag auf dem Fußboden, der Apex stand vor ihr und schrie auf sie ein. Er sah Gurgeh und Inclate, schüttelte die Fäuste gegen sie. Inclate beschimpfte ihn wild.
    Gurgeh stürmte vor. Der Apex zog eine Schusswaffe aus der Tasche.
    Gurgeh blieb stehen. Inclate verstummte. At-sen wimmerte. Der Apex fing an zu reden, viel zu schnell, als dass Gurgeh hätte folgen können. Er zeigte auf die Frau auf dem Fußboden, dann hinauf zur Decke. Er begann zu weinen, und die Waffe bebte in seiner Hand. (Der Teil von Gurgeh, der zusah und ruhig analysierte, dachte: Habe ich Angst? Ist das schon Furcht? Ich sehe dem Tod ins Gesicht, sehe ihn durch dieses kleine schwarze Loch, die kleine Röhre in der Hand dieses Fremden, und ich warte darauf, dass ich Angst empfinde…
    … und es ist noch nicht geschehen. Ich warte immer noch. Bedeutet das, dass ich jetzt nicht sterben werde oder dass ich jetzt sterben werde?
    Leben und Tod hängen vom Zucken eines Fingers ab, von einem einzigen Nervenimpuls, von einer einzigen, vielleicht nicht wirklich gewollten Entscheidung eines eifersüchtigen, unbedeutenden Ein-Kredit-Schwachkopfs, hundert Jahrtausende von zu Hause entfernt…)
    Der Apex wich zurück, beschwor At-sen, Gurgeh und Inclate mit kläglichen Gesten. Er kam wieder näher und trat At-sen einmal ohne große Kraft in den Rücken, sodass sie aufschrie. Dann drehte er sich um und rannte davon, schrie unverständliches Zeug und warf die Waffe zu Boden. Gurgeh sprang über At-sen hinweg und lief ihm nach. Der Apex verschwand am Ende des gebogenen Ganges eine dunkle Wendeltreppe hinunter. Gurgeh wollte ihm erst folgen, blieb dann stehen. Die klappernden Schritte erstarben. Er kehrte in den Korridor mit der jadegrünen Beleuchtung zurück.
    Eine Tür stand offen. Weiches zitronengelbes Licht fiel heraus.
    Da war ein kurzer Gang, von dem ein Bad abging, dann das Zimmer. Es war klein und hatte überall Spiegel. Sogar auf dem Fußboden kräuselten sich unruhige Reflektionen in der Farbe von Honig. Gurgeh ging im Mittelpunkt einer verschwindenden Armee widergespiegelter Gurgehs hinein.
    At-sen saß auf einem durchscheinenden Bett, verloren wirkend in ihrem ruinierten grauen Kleid. Sie ließ den Kopf hängen und schluchzte. Inclate kniete neben ihr, hatte den Arm um die Schultern der weinenden Frau gelegt und flüsterte sanft. Die glänzenden Wände des Zimmers gaben ihre Spiegelbilder im Überfluss wider. Gurgeh zögerte, warf einen Blick zurück zur Tür. At-sen hob das tränenüberströmte Gesicht.
    »Oh, Jernau!« Sie streckte ihm eine zitternde Hand entgegen. Er hockte sich vor das Bett, legte den Arm um sie. Beide Frauen weinten.
    Er streichelte At-sens Rücken.
    Sie legte den Kopf an seine Schulter, und ihre Lippen fühlten sich auf seinem Hals warm und fremd an. Inclate verließ das Bett, schlich zur Tür und schloss sie. Dann kehrte sie zu dem Mann und der Frau zurück und ließ das Ölfilm-Kleid in einem glitzernden Teich auf den Spiegelboden fallen.
     
    Shohobohaum Za erschien eine Minute später, trat die Tür ein, marschierte flott in die Mitte des Spiegelzimmers – sodass unendlich viele Zas ihren Weg über diesen trügerischen Raum immerfort wiederholten – und sah sich finster um. Die drei Personen auf dem Bett ignorierte er.
    Inclate und At-sen erstarrten, die Hände an den Schnüren und Knöpfen von Gurgehs Kleidung. Gurgeh bekam zunächst einmal einen Schreck, dann versuchte er, eine weltmännische Miene aufzusetzen. Za sah auf die Wand hinter

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