Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen
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HISTORISCHE ANMERKUNGEN
M it dem vorliegenden Roman möchte ich den Blick des Lesers auf eine sehr spannende und wichtige Zeit des Mittelalters lenken: das 12. Jahrhundert. Es wird aufgrund vielfältiger, für die Zeit sehr fortschrittlicher Entwicklungen häufig als die Blüte des Hochmittelalters und die Wiege der Moderne angesehen.
Die Menschen dieser Epoche waren zwar gottesfürchtiger und schicksalsergebener als wir heute, aber sie waren weder prüde, noch hatten sie zu Sexualität und Nacktheit ein schlechtes Verhältnis. Sie wuschen sich und badeten gern, sie liebten und hassten von Herzen, sie feierten und reisten viel, kurzum, sie waren uns mit ihren Hoffnungen und Ängsten viel ähnlicher, als wir uns vielfach vorstellen. Gefürchtet hat man im Früh- und Hochmittelalter vor allem die Lepra, eine nicht sehr ansteckende Hautkrankheit, die als Aussatz bezeichnet wurde. Die Pest dagegen war noch gänzlich unbekannt. Sie wütete erst ab der Mitte des 14. Jahrhunderts in Europa und veränderte das tägliche Leben stark.
Das gute Klima des 12. Jahrhunderts und die neu eingeführte Dreifelderwirtschaft erhöhten die landwirtschaftlichen Erträge. Mit den so gewonnenen Überschüssen an Lebensmitteln wurde die Entwicklung der Städte ermöglicht. Der wachsende Fortschritt auf vielen, auch technischen Gebieten brachte Wohlstand. Juristische und verwaltungstechnische Neuerungen sorgten für politische Stabilität.
Was die Rolle der Frauen in dieser überaus jungen und dynamischenGesellschaft angeht, schließe ich mich dem Historiker Robert Fossier an. Er zeigt detailliert auf, dass Frauen in verschiedensten Bereichen und sozialen Strukturen Einfluss hatten oder gar Macht ausübten, und vertritt die Meinung, dass sie vermutlich sogar weit mehr Rechte besaßen als ihre Geschlechtsgenossinnen des 17. und 18. Jahrhunderts.
Die Quellen des Mittelalters, Sagen und Heldenlieder, historische Berichte sowie Dokumente und Urkunden sind die Basis der historischen Forschung. Fälschungen aber waren an der Tagesordnung, sodass eindeutige Aussagen oft nicht möglich sind. Häufig sind sich Historiker (und Archäologen) in ihren Auswertungen uneinig, weil gleiche Quellen je nach Betrachtungswinkel unterschiedlich interpretiert werden können. Auch wenn ihre Auslegungen auf logischen Schlussfolgerungen beruhen, sind sie nur selten ganz eindeutig belegbar.
So blieb auch mir trotz gewissenhafter Recherche von unzähligen historischen und soziokulturellen Details ein gewisser Spielraum, den ich nach meinen eigenen Vorstellungen gestaltet habe.
Das heidnisch-römische Kalenderjahr sah den ersten Januar als Tag des Jahreswechsels vor, und als solcher galt er auch, bis sich im frühen Mittelalter die Kirche dagegen aussprach und den Jahresanfang zu Christi Geburt, also zum 25. Dezember, festlegte. Im 12. Jahrhundert wurde in England der Jahreswechsel zum 25. März eingeführt, ausgehend davon, dass das Leben Christi mit der Verkündigung begonnen habe. Einheitlich wurde dieser Jahreswechsel aber nicht eingehalten, und die neue Datierung setzte sich erst im 13. Jahrhundert weitgehend durch. Der erste Januar wurde in Frankreich 1563 und in England sogar erst 1753 wieder offizieller Neujahrstag. Im Volk aber galt der erste Januar noch lange als Jahresanfang. Um den Leser nicht zu verwirren, habe ich deshalb, so wie heute üblich, auch im Roman das Jahr mit dem 1. Januar beginnen lassen.
Die Schmiede umgibt seit der Eisenzeit (800 v. Chr.) der Mythos der Zauberkunde: Wer in der Lage war, aus krümeligen, schwarzen Brocken hartes, schimmerndes Metall herzustellen, musste besondere Fähigkeiten haben. Dass Schmiede trotz fehlender chemischer Kenntnisse schon in früher Zeit harten und gleichzeitig biegsamen Stahl herstellen konnten, ist eine Tatsache. Den Begriff Stahl gab es allerdings noch nicht, weshalb ich ihn auch im Roman nicht verwendet habe. Neuere Erkenntnisse des Archäologen Dr. Stefan Mäder haben gezeigt, dass hochmittelalterliche Schwerter mit japanischen Samuraischwertern der gleichen Zeit durchaus konkurrieren konnten! Mit einer Länge von ca. 90 cm und einem Gewicht von 0,9 bis 1,3 kg war das zweischneidige Ritterschwert keine brachiale Waffe aus einfachem Eisen, sondern eine leichte, gut handhabbare und sehr effektive Hiebwaffe aus Stahl.
Die im Roman geschilderte Feuervergoldung wurde im 12. Jahrhundert wie beschrieben durchgeführt, die Qualität dieser Technik ist noch heute unübertroffen, sie wurde aber
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