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Das Labor der Esper

Das Labor der Esper

Titel: Das Labor der Esper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Morgan
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Gehirn anfüllte. Sie versuchte wieder, geistigen Kontakt mit ihm aufzunehmen, aber seine ganze Kraft war nach außen gerichtet und machte ihn undurchdringlich.
    »… das wird Ihnen für den Anfang reichen. Sie müssen ihm Löffel für Löffel in den Mund stopfen«, knurrte Rosa. Ihr Clowngesicht war boshaft und haßerfüllt. Jetzt, da sie damit begonnen hatte, fand sie ein perverses Vergnügen daran, über Viktor herzufallen. »Und dann müssen Sie …« Das Geschimpfe brach jäh ab. Rosa faßte sich an die Brust und schwankte zur Tür. »Nein! Um Himmels willen, hör auf, du Teufel!«
    Sie trat zurück, ihre Augen quollen hervor, während sie Viktor anstarrte. Dann stieß sie gegen den Tisch und fiel stöhnend zu Boden. Viktor saß unbewegt in seinem engen Bett und starrte auf die sich windende Gestalt. So hilflos er war, er hatte irgendeine Möglichkeit entdeckt, durch Abänderung der telepathischen Fähigkeiten Schmerzen bei Rosa hervorzurufen.
    Eine telepathische Verbindung war im Moment nicht möglich, und so packte Barbara ihn an den hängenden Schultern und rüttelte ihn. »Viktor! Du mußt aufhören! Du wirst sie umbringen!«
    Die vernichtende Haßausstrahlung erstarb abrupt, und seine Blicke wandten sich ihr zu. Nein, Barbara, noch nicht! erwiderte er. Seine Gedanken waren klar und ruhig in ihrem Gehirn.
    Barbara erhob sich vom Bett und ging auf die reglos daliegende Rosa zu.
    Laß sie – sie kommt in etwa einer Stunde zu sich.
    Nein, Viktor. Ich muß es ihr zumindest bequemer machen.
    Die schwerfällige Gestalt war überraschend leicht, fast, als sei sie innen hohl. Barbara hatte kaum Schwierigkeiten, die Frau auf eine der roten Polsterbänke zu heben. Obwohl Viktor sicher guten Grund für sein Handeln hatte, konnte Barbara ihr Mitleid nicht unterdrücken, als sie auf das leichenblasse Clowngesicht herabblickte.
    Was hast du ihr angetan, Viktor? fragte sie.
    Es ist eine Berührung gewisser Nervenfasern des Herzens – schmerzhaft, aber nicht tödlich, wenn man die Methode nicht zu lange anwendet.
    Ein künstlich herbeigeführter Herzanfall?
    So könnte man es nennen. Wenn jemand so hilflos ist wie ich, muß er besondere Waffen erfinden.
    Sie wandte sich von der bewußtlosen Rosa ab und ging zurück in Viktors Zimmer. Mußt du wirklich solche Waffen gegen sie anwenden? Sie ist deine Mutter, nicht wahr? Sie sah auf ihn herab.
    Mutter! Viktors Gesicht verzerrte sich, und Barbara spürte seinen Abscheu. Sie war schon meine Feindin, als ich in ihrem Schoß lag. Von dem ersten Moment an, in dem ich Wahrnehmungen machen konnte, merkte ich auch, daß sie versuchte, mich auszustoßen, mich abzutreiben, mich loszuwerden. Ich mußte um mein Leben kämpfen, noch bevor es begonnen hatte. Komm, Barbara, komm – sieh dir mein Leben an!
    Viktor war bereits das Zentrum ihrer Aufmerksamkeit und Liebe. Sie nahm die Aufforderung, ihn ganz kennenzulernen, gern an, weil sie darin eine Bestätigung seines Vertrauens sah. Anfangs plump, doch dann immer geschickter, sandte sie ihre suchenden Gedanken tief in seine Erinnerungen. Was sie dort fand, war nicht einfach eine Erzählung von Viktors Leben. Sie war Viktor und durchlebte jedes Ereignis, das seine Existenz geformt hatte. Jede Freude, jeder Schmerz gehörte ihr wie ihm. Sie kannte die Verzweiflung, wenn man begabt und intelligent ist und doch in einem armseligen, nutzlosen Körper steckt. Sie verstand den Kampf seines Geistes, zuerst gegen den Untergang und dann bei seinem Versuch, die feindliche Umgebung zu beherrschen. Und dann, darüber hinaus, den Kampf zur Verwirklichung seines Traumes. Er wollte seiner beengenden Hülle entfliehen. Sie, ganz allein sie, war dazu auserwählt, ihm dabei zu helfen. Durch sie konnte er das Ziel erreichen, das er wie ein Besessener verfolgte.

 
15
     
    Viktor war vor fünfundzwanzig Jahren in einer stinkenden Einzimmerwohnung im East End von London geboren worden. Mitten während eines Luftangriffs hatte Rosa ihn verloren – lebend, trotz ihrer wiederholten Versuche, sich von der Last zu befreien, die sie durch die lieblose Verbindung mit einem längst vergessenen Partner erhalten hatte. Ein Hurenbastard ohne Zukunft. Mutter und Kind lagen in Blut und Schmutz, während die Stadt bombardiert wurde.
    Selbst wenn Viktor ein hübsches Kind gewesen wäre, ein Botticelli-Engel, wäre es zweifelhaft geblieben, ob er in Rosa einen Funken Mutterliebe hätte entzünden können. Sie kam aus der Welt der Prostituierten, war die Tochter einer

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