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Das Labor der Esper

Das Labor der Esper

Titel: Das Labor der Esper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Morgan
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als das Wesen, das er so gern sein wollte – und sein würde.
    Ich werde dir helfen, Viktor. Wir werden es gemeinsam schaffen. Sie sprach mit ihm ebenfalls auf telepathischem Wege. Es kam ihr ganz natürlich vor, obwohl sie keine Ahnung hatte, wie oder weshalb sie solche Kräfte entwickelt hatte. Der Ursprung war in eine Art Gedankennebel gehüllt, der mit jeder Minute dichter wurde. Wie kam ich aus dem Krankenhaus hierher? fragte sie.
    Ich habe dich gerufen, erwiderte Viktor. Und du bist zu mir gekommen.
    Barbara sah flüchtig ein Bild von sich selbst, wie sie, nur mit einem dünnen Nachthemd und Hausschuhen bekleidet, durch die Dunkelheit stolperte. Sie rutschte über gefrorenen Schnee, vorwärtsgerissen von einem unwiderstehlichen Zwang.
    Ja, es war grausam, Barbara, aber ich hatte keine andere Wahl. Wenn du noch einen Tag im Krankenhaus geblieben wärst, hätte man deine telepathischen Fähigkeiten durch plumpe Methoden zerstört. Ich konnte dir in ein paar Sekunden mehr helfen, als es ihnen je gelungen wäre. Überprüfe deine Erinnerungen an die Zeit vor dem Eintritt ins Krankenhaus.
    Sie versuchte zu gehorchen, aber es war, als berührte sie Schatten, die verschmolzen. Es war eine böse Zeit gewesen, mit Kummer und Angst. Aber das war jetzt vorbei, verblaßt und unwichtig. Es schmerzte nicht mehr.
    Du hast das für mich getan, Viktor?
    Ich habe nur die natürlichen Vorgänge beschleunigt. Selbst die stärksten, schlimmsten Erinnerungen verblassen mit der Zeit. Ich war ganz in dir, meine liebe Barbara. Ich verstehe dich so gut wie mich selbst – vielleicht noch besser.
    Früher hätte sie der Gedanke, daß ein anderes Wesen ihr Inneres lesen konnte, abgestoßen. Aber sie wußte, daß Viktor nur ihr Glück am Herzen lag. Was er getan hatte, war aus Liebe und Mitleid geschehen. Zwischen ihr und Viktor sollte es keine Schranken geben, und es gab keine.
    Du bist klug, Viktor, so klug. Ich danke dir, Liebling.
    Ich muß es sein, wenn ich überleben will. In dem Gedanken war ein Hauch von Schmerz – Schmerz, der nun schon seit Jahren andauerte. Tränen des Mitleids traten Barbara in die Augen.
    Jetzt, da ich dir helfen kann, wird es anders, versicherte sie ihm. In der Nähe wurde eine Tür geöffnet und wieder geschlossen. Sie drehte sich um und sah, daß Rosa wieder in der Küche war. Den schwarzen Kopf nach unten gebeugt, kämpfte sie sich aus den Gummistiefeln. Schließlich hatte sie es geschafft und richtete sich wieder auf.
    »Dann haben Sie also was zum Anziehen gefunden?«
    Die dunkle, brüchige Stimme der Frau und der Anblick ihres Clowngesichtes mit den knallroten Lippen erweckte in Barbara einen ganz unlogischen Widerwillen. Sie konnte es sich selbst nicht erklären, aber irgendwie wußte sie, daß sie Rosa haßte.
    »Ja, danke«, sagte sie, als die Frau näherkam.
    »Ah, ich sehe, Sie haben ihn entdeckt.« Rosa blieb in der engen Tür stehen und nickte in Viktors Richtung.
    »Ja.« Barbara drehte sich zu Viktor um und sah, daß er ganz still dasaß, die Kinderfäustchen geballt, die Lippen von den farblosen Babyzähnen zurückgezogen. Er schien wie ein Raubtier zu fauchen. Seine vorher so sanften braunen Augen starrten Rosa dunkel und furchterregend an. Barbara verstand jetzt, daß ihr Haß Rosa gegenüber ein Echo seiner Gefühle war.
    »Du brauchst mich nicht so anzugucken, bloß weil ich dein verdammtes Frühstück zu spät bringe«, sagte Rosa mürrisch. Sie wandte sich Barbara zu. »Fünfundzwanzig Jahre hab’ ich das nun am Hals – mitten in der Nacht, zu jeder Tageszeit – egal, was Seine Majestät wünscht, ich muß springen. Kann selbst nichts tun, müssen Sie wissen – und versucht es auch nicht, verdammt noch mal.«
    Barbara fand es einfach unglaublich, daß die Frau so vor Viktor reden konnte. Sie hatte wohl nicht die geringste Ahnung, welche Intelligenz hinter dieser armseligen Erscheinung steckte. Er mußte jedes Wort verstehen, das sie sagte … Oder wußte sie es und beleidigte sie ihn absichtlich?
    »Ich werde Ihnen die Last abnehmen.« Sie bemühte sich, ruhig zu sprechen. Sie wollte ihren Haß hinausschreien, der in großen, zermalmenden Wellen auf die Frau zuströmte. Es war schwer zu verstehen, wie sich Rosa und Viktor all die Jahre unterhalten hatten, wenn sie so unempfindlich telepathischen Gedanken gegenüber war.
    »Herzlich willkommen«, sagte Rosa. »Sie können ihm gleich sein Frühstück geben.«
    Die Haß-Ausstrahlung Viktors war wie ein wortloses Dröhnen, das Barbaras

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