Das Labyrinth der Ratten
Lilo Toptschews, als könne allein die Zeit der Verschwommenheit ein klares Bild entlocken.
»Was ist es«, fragte Pete, »das Ihre Besessenheit ausmacht?«
Lars zuckte die Achseln.
»Nichts. Vielleicht göttliche Unzufriedenheit.« Er neigte zum Ausweichen; der Ingenieur von Lanferman & Co. war ein zu scharfer Beobachter, zu tüchtig.
»Nein, ich meine – aber zuerst ...« Pete fuhr mit den sensiblen, langen, beklecksten Fingern an der Unterseite von Lars' Schreibtischplatte entlang, auf der Suche nach einem Abhörgerät. Als er auf Anhieb keines entdeckte, fuhr er fort: »Sie sind ein Mensch voller Angst. Nehmen Sie immer noch Pillen?«
»Nein.«
»Sie lügen.«
Lars nickte.
»Ich lüge.«
»Schlafen Sie schlecht?«
»Mittelmäßig.«
»Wenn dieser Volltrottel Nitz Sie so durcheinanderbringt...«
»Es ist nicht Nitz. Eher bringen Sie mich durcheinander. Zufrieden? Sir?«
»Man kann fünfzig Jahre lang Ersatzleute für Sie heranziehen und trotzdem niemanden finden wie Sie«, sagte Pete. »Ich kannte Wade. Er war in Ordnung, aber nicht in derselben Spielklasse wie Sie. Niemand ist es. Vor allem dieses Frauenzimmer in Breschnewgrad nicht.«
»Nett von Ihnen«, begann Lars, aber Pete schnitt ihm barsch das Wort ab.
»Nett – Quatsch! Außerdem ist es das nicht.«
»Nein«, nickte Lars bestätigend. »Das ist es nicht, und beleidigen Sie Lilo Toptschew nicht.«
Pete kramte in seiner Brusttasche und zog eine billige Drugstore-Zigarre heraus. Er zündete sie an und blies den stinkenden Rauch in die Luft, bis Schwaden das Büro verpesteten. Blind dafür, unbekümmert, atmete Pete den Rauch aus und ein, stumm nachdenkend.
Er hatte diese Tugend/Schwäche: Alles Rätselhafte konnte, so glaubte er, wenn man sich lange genug damit beschäftigte, aufgehellt werden. Auf jedem Gebiet. Selbst auf dem der menschlichen Psyche. Die Maschine sei, ihm zufolge, nicht komplizierter oder einfacher als biologische Organe, die zwei Milliarden Jahre Evolution geschaffen hatten.
Eine beinahe kindlich optimistische Anschauung, wie Lars fand; sie stammte aus dem achtzehnten Jahrhundert. Pete Freid war trotz seiner manuellen Geschicklichkeit, seiner genialen Begabung als Ingenieur, ein Anachronismus. Er besaß die Weltanschauung eines begabten Abiturienten.
»Ich habe Kinder«, sagte Pete, an seiner Zigarre kauend, etwas Unerfreuliches noch verschlimmernd. »Sie brauchen eine Familie.«
»Klar«, erwiderte Lars.
»Nein, ich meine das nicht ernst.«
»Doch. Aber damit haben Sie noch nicht recht. Ich weiß, was mich stört. Schauen Sie.« Lars berührte die Kodesperre seiner verschlossenen Schreibtisch-Schublade, die wie eine Registrierkasse prompt herausschoß. Er zog seine eigenen neuen Entwürfe heraus, jene Skizzen, die zu sehen Pete dreitausend Meilen weit gereist war. Er reichte sie hinüber und spürte das durchdringende Schuldbewußtsein, das diesen Augenblick stets begleitete. Seine Ohren glühten. Er konnte Pete nicht in die Augen sehen. Statt dessen beschäftigte er sich mit seinen Terminvereinbarungsgeräten, mit allem möglichem, nur um in diesem Augenblick nicht nachdenken zu müssen.
»Die sind sehr gut«, sagte Pete nach einer Weile. Er zeichnete sorgfältig jede Skizze ab, unter der amtlichen Nummer, die der Bürokrat von UN-W Natsek abgestempelt, gesiegelt und gegengezeichnet hatte.
»Sie fliegen zurück nach San Francisco«, sagte Lars, »und bauen ein Poly-Soundso-Modell, dann beginnen Sie mit einem Arbeits-Prototyp ...«
»Meine Leute tun das«, verbesserte ihn Pete. »Ich erkläre ihnen nur, was sie zu tun haben. Glauben Sie, ich mache mir die Hände schmutzig? Mit Poly-Soundso?«
»Pete, wie lange kann das so weitergehen, Teufel noch mal?« fragte Lars.
»Ewig«, antwortete Pete sofort. Die Kombination des Oberschülers von naivem Optimismus und einer beinahe wilden, verbitterten Resignation.
»Heute morgen, bevor ich ins Haus gelangen konnte, trieb mich einer dieser automatischen TV-Interviewer von Lucky Bagmans Programm in die Enge. Sie glauben es«, sagte Lars. »Sie glauben es wirklich.«
»Das glauben sie. Genau das meine ich.« Pete gestikulierte heftig mit seiner billigen Zigarre. »Begreifen Sie denn nicht? Selbst wenn Sie dem Fernsehobjektiv sozusagen direkt ins Auge geblickt und ruhig und deutlich etwa folgendes gesagt hätten: ›Ihr glaubt, ich erfinde Waffen? Ihr glaubt, das sei es, was ich aus dem Hyperraum mitbringe, aus diesem ungreifbaren Reich des
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