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Das Labyrinth der Zeit

Das Labyrinth der Zeit

Titel: Das Labyrinth der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Patrick
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zu der Behauptung gestanden hätte, die er Ward gegenüber gerade aufgestellt hatte: dass er über alles, was gerade vorging, Bescheid wusste. Dass Ward misstrauisch wurde und vor ihm die Flucht ergriff, musste er um jeden Preis vermeiden.
    «Der Filter», präzisierte Ward. «Fängt das jetzt schon an?»
    Der Filter?
    Travis zögerte einige Schritte lang und entschied sich dann fürs Improvisieren. «Das ist möglich», sagte er, ohne stehen zu bleiben.
    Ward stieß erneut hörbar die Luft aus. Noch immer vom selben Standort aus, nur ein Stück entfernt, eindeutig auf der linken Seite.
    «Das verstehe ich nicht», sagte Ward. «Damit soll es doch noch lange nicht losgehen. Erst in vielen Jahren.»
    Travis blieb nicht stehen. Noch zwölf Meter vielleicht. Er müsste seine Stimme jetzt etwas dämpfen, um Ward darüber hinwegzutäuschen, dass er stetig näher kam.
    «Wer von der Wirkung betroffen ist», fuhr Ward fort, «trägt keine Schuld. Nicht direkt zumindest. Weil sich unter den falschen Umständen jeder am Ende zum schlimmsten Menschen auf Erden entwickeln könnte.»
    Travis, der gerade dabei war, den nächsten Schritt zu machen, hielt wie vom Donner gerührt inne.
    Überlegst du, ob da irgendein Zusammenhang besteht?, hatte Paige gefragt. Zwischen dem, was jetzt gerade vor sich geht, und … dieser Sache, die mit dir zu tun hat?
    Travis starrte in die undurchdringliche Finsternis, aus der gerade Wards Stimme zu ihm gedrungen war, und merkte, wie sich eine Art Leere in seinem Kopf ausbreitete. Dann platzte es spontan aus ihm heraus: «Wovon reden Sie?»
    Zu spät fiel ihm auf, dass er ganz versäumt hatte, seine Stimme zu dämpfen.
    Wieder scharrten Schuhsohlen gut hörbar über Asphalt – als würde Ward heftig zurückzucken –, und dann war eindeutig zu hören, dass der Mann Reißaus nahm. Blindlings im Dunkeln davonstürzte, ungeachtet der Hindernisse, die ihm unterwegs in die Quere kamen. Taumelnd und schlingernd, aber mit einigem Tempo.
    Travis löste sich eilig aus seiner Verwirrung und spurtete los. Immer den Geräuschen nach, rasch aufholend.
    Einmal erhaschte er einen Blick auf Ward, schwach erhellt von dem Lichtschein, der von oberhalb aus einem gardinenverhängten Fenster drang. Rasierter Schädel, T-Shirt und Jeans – er hatte sich seiner Hose gar nicht entledigt.
    Ward war schon fast an dem Fenster vorbei, als er über irgendetwas stolperte und der Länge nach hinschlug. Und wieder flog ihm dabei das Notizbuch aus der Hand.
    Travis verdoppelte sein Tempo und zog den Revolver aus der Jackentasche – um dieses Katz- und Mausspiel endlich zu beenden.
    Er zielte auf Ward, der sich eben wieder aufrappelte.
    Aber er drückte nicht ab.
    Weil das nicht nötig war.
    In kauernder Haltung streckte Ward verzweifelt die Hand nach dem Notizbuch aus, wobei er um ein Haar wieder zu Boden gegangen wäre, hörte dann Travis’ heranspurtende Schritte und hechtete aus dem Lichtschein seitlich ins Dunkel. Das Buch lag unverändert dort, wo es hingefallen war.
    Unter dem Fenster bremste Travis scharf ab. Blieb stehen, heftig um Atem ringend, und lauschte. Er hörte deutlich Wards davontaumelnde Schritte, vielleicht fünf, sechs Meter von ihm entfernt, und dann plötzlich Stille. War er stehen geblieben? Überlegte er womöglich gerade, ob er um das Notizbuch kämpfen sollte?
    Travis ging kein Risiko ein. Er zielte mit der Pistole ins Dunkel, dorthin, von wo aus er zuletzt etwas vernommen hatte. Selbst als er rasch niederkniete, um das Buch aufzuheben, wandte er den Blick nicht von dort ab.
    Noch fünf Sekunden lang starrte er in die Finsternis und merkte, wie sehr ihm dabei der Revolver in der kleinen Hand zitterte.
    Dann drückte er das Notizbuch an sich wie einen Football, wandte sich um und rannte los, so schnell er nur konnte. Zurück in Richtung Hauptstraße.

    Dort, auf dem hell erleuchteten Broadway, wurde Travis von Sirenengeheul empfangen. Aus mehreren Richtungen der nächtlichen Stadt kam es rasch näher. Ihm fiel der Schuss wieder ein, den er in Garrets Wohnung abgefeuert hatte. In wenigen Minuten würde es hier in der Gegend von Einsatzwagen der Polizei nur so wimmeln.
    Er spurtete quer über den vierspurigen Broadway und wandte sich dann nach Norden, in Richtung Ashland Street, die erste Straße ohne baustellenbedingte Absperrungen.
    Nachdem er zwei Blocks nach Osten und Norden zurückgelegt hatte, bog er nach Westen ab, umrundete so in einem weiten Bogen das Krankenhaus und den Tatort und gelangte

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