Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Labyrinth der Zeit

Das Labyrinth der Zeit

Titel: Das Labyrinth der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Patrick
Vom Netzwerk:
dann hörte er es wieder rascheln. Ward versuchte offenbar noch immer, sich vom Boden aufzurappeln.
    War das für ihn wirklich so schwierig? Schwer zu glauben, in Anbetracht der Behändigkeit, die er bislang unter Beweis gestellt hatte.
    Tüten glitten über den Asphalt. Etwas aus Plastik wurde herumgedreht und schlitterte davon.
    Auf einmal begriff Travis.
    Was er da hörte, waren gar nicht die Geräusche eines Mannes, der vom Boden aufzustehen versuchte.
    Sondern die Geräusche eines Mannes, der im Dunkeln nach etwas suchte.
    Ward hatte bei seinem Sturz das Notizbuch verloren.
    Travis setzte sich wieder in Bewegung. Zwar weiterhin um Lautlosigkeit bemüht, aber nicht mehr ganz so sehr wie zuvor. Er schob die rechte Hand in die Jackentasche und umfasste den Revolver.
    Zwölf Meter mochte er noch von den unverändert zu hörenden Geräuschen entfernt sein, ohne sie im Dunkeln genauer lokalisieren zu können. Zu trügerisch war die Akustik zwischen den Backsteinmauern links und rechts von ihm.
    Wie brenzlig die Lage war, war Travis vollauf bewusst: Ward wusste nun, dass jemand hinter ihm her war und ihm unaufhaltsam auf die Fersen rückte. Sobald er das Notizbuch gefunden hatte, hätte er wieder alle Vorteile auf seiner Seite. Könnte lautlos in irgendeinen der schmalen Durchgänge huschen und wäre auf Nimmerwiedersehen verschwunden.
    Travis ging weiter. Vielleicht noch neun Meter.
    Das Rascheln verstummte.
    Travis hielt inne.
    Blieb stocksteif stehen und hielt den Atem an, während er lauschte. Um keine noch so leise Bewegung zu verpassen.
    Stattdessen drang erneut die heisere Stimme herüber. «Lass mich in Ruhe!»
    Der Schrei hallte lautstark zwischen den Häusern links und rechts wider, in einem klar abgestuften Echo.
    Daneben jedoch nahm Travis noch ein anderes Geräusch wahr. Ganz leise nur, fast vollständig überlagert von der panischen Stimme. Er meinte es auch eindeutig zu identifizieren, obwohl es keinen Sinn ergab: das Surren eines Reißverschlusses, der gerade geöffnet wurde.
    Wobei es sich eigentlich nur um den Reißverschluss an Wards Jeans handeln konnte. Hatte sich seine Hose bei seinem Sturz irgendwo verfangen, hing er damit irgendwie fest? Streifte er sie gerade ab, um seine Flucht fortsetzen zu können?
    Das Echo des Schreis verstummte, und in dem Durchgang senkte sich völlige Stille herab.
    Fünf Sekunden.
    Zehn.
    Travis merkte, wie Panik in ihm aufstieg. Ward war soeben im Begriff, ihm zu entwischen, und er konnte ihn in keiner Weise daran hindern.
    Fünfzehn Sekunden.
    Kein einziger Laut war zu vernehmen.
    Travis ließ den Revolver in seiner Tasche los und legte beide Hände als Schalltrichter um seinen Mund.
    «Ruben!», schrie er. «Ich weiß über den SGIS Bescheid! Und auch über die Anweisungen!»
    Ein Schuh scharrte über Asphalt, irgendwo weit weg im Dunkeln, als würde Ward gerade unvermittelt innehalten und sich umdrehen. Fünfzehn Meter oder noch weiter entfernt.
    Stille.
    «Ich soll Ihnen helfen!», rief Travis.
    Kurz blieb es still. Dann rief Ward herüber: «Wer zum Teufel bist du?»
    Travis dachte kurz nach und entschied, dass er die Frage ruhig wahrheitsgemäß beantworten konnte.
    «Travis Chase! Lassen Sie sich von mir helfen!»
    Er hörte ein rasches Ausatmen. Das womöglich – schwer zu sagen – auf so etwas wie Verwirrung hindeutete. Oder es war bloß eine körperliche Reaktion auf den Stress der letzten Minuten.
    «Du bist doch nur ein Kind!», schrie Ward.
    Travis setzte sich wieder in Bewegung. Auf die Stimme zu, die er annähernd lokalisiert zu haben meinte, nicht nur weit entfernt, sondern eindeutig auf der linken Seite des Durchgangs.
    «Ich bin groß genug, um mich nützlich zu machen», sagte Travis mit merklich ruhigerer Stimme.
    «Davon haben die Anweisungen nichts erwähnt», sagte Ward. Noch immer hörbar verstört. Noch immer drauf und dran, die Flucht zu ergreifen.
    «Wie, ist Ihnen etwa ausdrücklich untersagt worden, von irgendwem Hilfe anzunehmen?»
    Der Inhalt des Gesprächs war eigentlich nebensächlich. Es ging nur darum, dass Ward weiter mit ihm redete. Um ihn anhand seiner Stimme im Dunkel zu finden.
    Aber die Sekunden verstrichen, ohne dass dieser ihm eine Antwort gab.
    Travis blieb nicht stehen. Setzte beharrlich einen Fuß vor den anderen, ganz behutsam, lautlos.
    Dann sagte der Mann: «Hat es schon angefangen?»
    Travis hätte beinahe gefragt, was er damit meinte, biss sich aber noch rechtzeitig auf die Zunge. Weil diese Frage im Widerspruch

Weitere Kostenlose Bücher