Das Labyrinth der Zeit
sie doch selbst ausführen können, das wäre für sie so kinderleicht gewesen wie für euch oder mich, jetzt ein Glas Wasser zu holen. Sie hätten nicht diesen Umweg nehmen und die Strippen aus dem Hintergrund ziehen müssen.» Sie verstummte kurz. «Warum also haben sie das getan?»
Eine berechtigte Frage, der Travis aber nicht seine ungeteilte Aufmerksamkeit zu widmen vermochte, weil ihm unentwegt durch den Kopf ging, was Ruben Ward in der finsteren Gasse zu ihm gesagt hatte – seine rätselhaften Äußerungen über den Filter , was auch immer das sein mochte. Etwas, das erst in vielen Jahren aktuell werden sollte – vom Jahr 1978 aus gesehen, wohlgemerkt. Travis hatte den Filter noch nicht erwähnt, seit er aus der Erinnerung erwacht war. Obwohl die Vermutung nahelag, dass es eine Verbindung zu den gerade ablaufenden Geschehnissen gab – die vielleicht sogar mit diesem ominösen Filter oder seiner Aktivierung identisch waren –, gab es ebenso offenkundig einen Zusammenhang mit Travis’ eigener Zukunft und was immer ihn dort erwarten mochte. Diese Sache.
Über die er in Bethanys Beisein noch nie gesprochen hatte. So sehr er ihr auch sonst vertraute, darüber hatte er bislang nur Paige eingeweiht, niemanden sonst.
«Es ist widersinnig», bekräftigte Paige erneut.
Travis konnte nur wortlos den Kopf schütteln. Er starrte auf die beiden kurzen, kümmerlichen Zeilen auf dem ansonsten leeren Bildschirm des Laptops. Dachte darüber nach, wie knapp es ihm misslungen war, das Notizbuch vollständig in seinen Besitz zu bringen – wie er dadurch alle Antworten verloren hatte, sodass die einzige Ausbeute bei seiner Rückkehr aus diesen unlösbaren Fragen bestand.
«Enthält die erste Zeile irgendetwas Verwertbares?», fragte Paige. «Irgendeinen Fingerzeig, den wir bisher bloß nicht erkennen?»
Sie neigte sich näher zum Bildschirm vor.
«‹Ein Gang unter der dritten Kerbe›», las sie betont langsam. «‹Suchen Sie dort …›»
Eine ganze Weile blieb es still. Dann zuckte Bethany mit den Schultern. «Daraus geht hervor, dass Ruben Ward sich zu irgendeinem Ort begeben hat, an dem es Kerben und einen Gang gab. Es wäre sicher eine Art Hauptgewinn, wenn wir diesen Gang jetzt finden könnten. Aber wie soll das gehen, anhand dieser paar dürren Angaben? Ausgeschlossen.»
Paige richtete sich auf und wandte sich vom Tisch ab, um ein paar Schritte umherzugehen, wobei sie beide Hände an den Kopf gelegt hatte.
Draußen auf dem Korridor waren erneut Schritte zu hören. Wieder Stimmen, die sich lebhaft, wenn nicht sogar freudig-erregt unterhielten. Als würde irgendetwas vor sich gehen. In dem Augenblick erinnerte Travis sich an etwas – das für Paige und Bethany erst wenige Minuten her war, für ihn aber über zwei Tage.
«Wer hat da gerade angerufen?», fragte er. «Dein Telefon hat doch geklingelt, genau in dem Moment, als ich bewusstlos wurde.»
Paige blickte ihn an. «Ein Mitarbeiter aus dem Stab von Präsident Holt. Air Force One wird hier in der nächsten Viertelstunde landen.»
19
«Offiziell kommt er nur, um sich hier alles zeigen zu lassen», sagte Paige. «Wie bisher jeder neue Präsident, kurz nach Amtsantritt.»
«Kaufst du ihm das ab?», fragte Travis.
«Keine Sekunde lang. Und du?»
Travis schüttelte den Kopf. Er warf einen Blick auf die Uhr an der Mikrowelle. 8.52 Uhr.
«Was denkst du?», fragte Paige.
«Es ist drei Stunden her, dass die Sache mit der Falle in Ouray fehlgeschlagen ist», sagte Travis. «Und etwa drei Stunden beträgt auch die Flugzeit einer 747 von Washington hierher. Das Timing haut ungefähr hin – Holt erfährt, dass die Aktion dort katastrophal gescheitert ist und steigt sofort ins Flugzeug, um uns einen Besuch abzustatten. Fast wie bei einem Plan B.»
Paige dachte kurz darüber nach. «Plausibel wäre es schon. Aber egal, was er geplant hat, mit irgendwelchen bewaffneten Begleitern kommt er hier nicht herein. Nicht mal mit Leuten vom Secret Service; diese Regelung gilt hier schon immer. Falls er das nicht akzeptiert, wird ihm nicht mal der Aufzug geöffnet.»
«Dann wird das Vorgehen bei Plan B vermutlich subtiler sein als bei Plan A», entgegnete Travis. «Vielleicht will er uns irgendwie drohen, indirekt oder auch ganz unverhohlen. Oder irgendeine Lüge auftischen, um uns völlig in die Irre zu führen. Vergiss nicht, Holt weiß nicht, dass wir ihn im Verdacht haben, in die Sache verwickelt zu sein.»
«Und so soll es auch bleiben», ergänzte
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