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Das Labyrinth des Maal Dweb

Das Labyrinth des Maal Dweb

Titel: Das Labyrinth des Maal Dweb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Asthon Smith
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Steinrinnen troff … sie hoben sie in die Höhe … und die Kelche wurden von der fernen Göttin mitten aus der leeren Luft in einem Zug ausgetrunken, falls das Opfer sie denn gnädig fand.«
    »Aber woher wissen Sie das alles?« Thorway klang gehörig verblüfft, und zwar ebenso sehr über Morleys Anblick wie über seine Worte. Morley, so schien es ihm, ähnelte dem modernen Durchschnittsamerikaner weniger denn je zuvor. Scheinbar zusammenhanglos entsann er sich, wie sämtliche Eingeborenen der verschiedenen Inselgruppen auf eigentümlich freundschaftlichem Fuß mit Morley gestanden hatten, ohne eine Spur der Zurückhaltung und des Misstrauens, die sie gegenüber anderen Weißen so oft an den Tag legten. Ja, sie hatten Morley sogar Vorsicht vor den Schutzgeistern der Ruinen angeraten – obwohl sie sich keineswegs immer die Mühe machten, Fremde zu warnen. Fast hatte es den Anschein, als würden sie Morley als einen der ihren betrachten. Thorway staunte, rätselte … obwohl Fantasie nicht unbedingt zu seinen Stärken zählte.
    »Glauben Sie mir – ich weiß es einfach«, versetzte Morley, während er neben dem Altar auf und ab tigerte. »Mit eigenen Augen habe ich …« Seine Stimme erstarb zu einem tonlosen Flüstern, sein ganzer Körper verfiel in Erstarrung und er stand reglos da, als habe ihn eine akute Lähmung befallen. Sein Antlitz färbte sich leichenblass, sein Blick wurde starr und gebannt. Dann presste er zwischen verkrampften Lippen die folgenden sonderbaren Worte hervor: »Rhalu muvasa than« – und zwar in einer monotonen priesterlichen Sprechweise, wie bei einer Anrufung.
    Morley hätte nicht zu sagen vermocht, was es überhaupt war, das er da fühlte und sah. Er war nicht mehr er selbst, nicht mehr die Person, die er ein Leben lang gekannt hatte. Bei dem Mann, der neben ihm stand, schien es sich um einen namenlosen Fremden zu handeln. Doch hinterher konnte er sich an nichts mehr erinnern – sogar die seltsamen Silben, die sein Mund artikuliert hatte, waren aus seiner Erinnerung getilgt. Was auch immer er eben im Geiste erlebt haben mochte, es schien ihm wie ein Traum, der sofort nach dem Erwachen verblasst. Alles war im Nu vorüber; die lähmungsartige Erstarrung fiel von seinen Gliedmaßen ab, seine Gesichtszüge entspannten sich und er setzte das unterbrochene Auf- und Abtigern fort.
    Sein Gefährte starrte ihn entgeistert an. Doch lag auch Besorgnis in seinem Blick.
    »Sind Sie wohlauf? Es ist sehr heiß heute. Und man sollte nicht leichtfertig sein. Vielleicht ist es besser, wir kehren an Bord zurück.«
    Morley pflichtete mechanisch bei und ließ sich von Thorway aus den Ruinen heraus zum Strand hinabführen, wo der Schoner, mit dem sie ihre Forschungsfahrten unternommen hatten, etwa anderthalb Kilometer entfernt in einer kleinen Bucht vor Anker lag. Sein Geist war verwirrt und von Dunkelheit erfüllt. Die eigenartigen Empfindungen, die ihn neben dem Altar übermannt hatten, hatten ihn verlassen, und es gelang ihm kaum mehr, sich ihrer zu entsinnen. Andauernd versuchte er, sich etwas ins Gedächtnis zu rufen, das nur knapp außerhalb der Reichweite seiner Erinnerung lag – etwas sehr Wichtiges, das er vor langer, langer Zeit vergessen hatte.
    II
    Morley ruhte an Deck des Schoners im Schatten eines Sonnensegels auf einer Liege aus Bambusrohr und tauchte allmählich wieder zu seiner normalen Bewusstseinsebene empor. Er war beinahe geneigt, sich mit Thorways Erklärung zufriedenzugeben, dass er in den Ruinen zu viel Sonne abbekommen hatte. Jene gespenstischen Empfindungen und sein fieberwahnartiger Beinahe-Übertritt in einen Wahrnehmungszustand, der in keiner Beziehung zu seinem Alltagsdasein stand, kamen ihm mittlerweile unwahrscheinlich und unwirklich vor. Im Bestreben, all dies aus seinem Denken zu verbannen, ließ er im Geiste noch einmal ihre gesamte zurückliegende Forschungsreise an sich vorüberziehen, ebenso die Jahre, die dieser Reise vorausgegangen waren.
    Er rief sich den Kampf seiner Jugendjahre gegen die Armut und sein Streben nach Wohlstand und Muße in Erinnerung, die allein es gestatten, sich jeder ausgefallenen Marotte hinzugeben. Er entsann sich seines zunächst zähen, bald jedoch zügigen Vorankommens, sobald er ein wenig Kapital erworben und sich mit der Einfuhr von Orientteppichen selbstständig gemacht hatte. Dann dachte er daran zurück, wie seine Begeisterung für Archäologie geweckt worden war – durch die zufällige Lektüre eines illustrierten

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