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Das Labyrinth des Maal Dweb

Das Labyrinth des Maal Dweb

Titel: Das Labyrinth des Maal Dweb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Asthon Smith
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Tempels versammelt, Mybaloë jedoch war noch nicht eingetroffen.
    Als wir dort saßen und auf sie warteten, trat ein Mann ein, der eine große Kalebasse voll Palmwein trug. Dieser Mann war ein Fremder für mich, obschon er offenbar einigen der Anwesenden bekannt war, die ihn mit Namen begrüßten und Marvasi nannten.
    Dieser Marvasi sprach mich an und erklärte, er sei von den Leuten einer weit entlegenen Gemeinde mit Palmwein als Geschenk entsandt worden, von welchem sie hofften, dass ich, als der Gemahl der Mybaloë, geruhen würde, ihn anzunehmen. Ich dankte ihm und bat, den Spendern des Weines meinen Dank zu übermitteln.
    »Willst du den Trunk jetzt nicht kosten?«, fragte er mich. »Ich muss sogleich zurückkehren, aber bevor ich aufbreche, will ich gerne erfahren, ob das Geschenk deine Billigung findet, auf dass ich es meinen Leuten sagen kann.«
    Ich schenkte also etwas von dem Weine in einen Becher und trank ihn sehr langsam, wie man es beim Prüfen des Geschmacks und der Qualität eines solchen Getränkes tut. Es war ganz süß und schwer, mit einem eigenartigen Nachgeschmack würgender Bitterkeit, welchen ich nicht völlig angenehm fand. Jedoch lobte ich den Wein, da ich Marvasis Gefühle nicht zu verletzen wünschte. Er lächelte in offensichtlicher Freude über meine Worte und wollte gerade von dannen gehen, als Mybaloë hereinkam. Sie keuchte vor Hast, ihr Gesichtsausdruck wirkte zugleich wild und streng, und ihre Augen brannten von einem unnatürlichen Feuer. Indem sie zu mir herstürzte, entriss sie den leeren Weinbecher meinen Fingern.
    »Du hast ihn getrunken?«, schrie sie, mehr in einem Tonfall der Feststellung denn in einem der Frage.
    »Ja«, erwiderte ich mit großem Staunen und Verblüffung.
    Der Blick, den sie auf mich richtete, war unbeschreiblich und voll widerstreitender Elemente. Entsetzen, Qual, Verehrung, Liebe und Zorn mischten sich darin, aber ich begriff irgendwie, dass sich dieser Zorn nicht auf mich richtete. Einen sehnlichen Moment lang hielt ihr Blick den meinen, dann zeigte sie, indem sie ihr Gesicht von mir wandte, auf Marvasi und gebot den Wanaôs-Priestern, ihn zu ergreifen und zu binden. Augenblicklich wurde diesem Befehl gehorcht. Bevor sie jedoch eine Erklärung gab und ohne ein Wort an mich oder irgendjemanden sonst zu richten, goss Mybaloë einen weiteren Becher von dem nämlichen Palmwein voll und leerte ihn mit einem einzigen Zug. Da ich die Wahrheit zu ahnen begann, hätte ich ihn ihr gern aus der Hand entrungen, aber sie war zu schnell für mich.
    »Jetzt werden wir beide sterben«, hauchte sie, nachdem sie den Becher geleert hatte. Einen Moment lang nahm ihr Gesicht ein ruhiges Lächeln an, sodann wurde es zur Miene einer rächenden Göttin, als sie ihre Aufmerksamkeit dem erbärmlichen Marvasi zuwandte. Jeder Anwesende hatte nun die Wahrheit vermutet, und Gemurmel der Wut und des Entsetzens ertönte auf allen Seiten. Marvasi wäre mit den bloßen Händen – Gliedmaße um Gliedmaße, Gelenk um Gelenk, Muskel um Muskel – zerrissen worden, wäre da nicht Mybaloë gewesen, die ihnen sagte, sie sollten noch warten. Von äußerster Furcht befallen, kauerte der Mann zwischen jenen, die ihn gefangen hielten, da er nur zu gut die Art des Verderbens kannte, welches ihm trotz der vorübergehenden Rettung zugemessen würde.
    Mybaloë begann ihn mit kurzen, strengen Sätzen zu verhören, und Marvasi, dessen heilige Scheu vor ihr noch offenkundiger schien als seine Furcht vor den Priestern, gab Antwort mit reichlich Gestammel, während er sich kriecherisch vor ihr wand. Er gestand, dass der Wein vergiftet sei, und ebenso, dass er selbst vom Zauberer und Hohepriester Mergawe gedungen ward, diesen mir anzubieten und dafür Sorge zu tragen, dass ich, wenn möglich, sogleich etwas davon trank. Mergawe, so berichtete er, halte sich seit Wochen im Wald an den Grenzen von Azombeii versteckt, wo er in einer geheimen Höhle lebe, die nur ihm und einigen Anhängern bekannt war. Dort werde er von jenen auch mit allen Lebensmitteln und Nachrichten versorgt, die er zu bekommen wünschte. Marvasi, welcher bei Mergawe in gewissen persönlichen Verpflichtungen stand und von ihm schon bei anderen Gelegenheiten als Werkzeug benutzt worden war, dieser Marvasi wirkte als einer von des Hexers Getreuen.
    »Wo ist Mergawe jetzt?«, wollte Mybaloë wissen. Gern hätte Marvasi gezögert, jedoch die Augen der Königin, flammend vor Zorn und übermenschlichem Mesmerismus, saugten die ganze Wahrheit aus

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