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Das Labyrinth des Maal Dweb

Das Labyrinth des Maal Dweb

Titel: Das Labyrinth des Maal Dweb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Asthon Smith
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Wein aus Sauternes getrunken hatten, entwickelte er sogar eine gewisse professorale Lebhaftigkeit. Dennoch wurde ich von unheilvollen Vorahnungen und Missbehagen heimgesucht, die ich weder ergründen noch auf eine einleuchtende Ursache zurückführen konnte.
    Wir begaben uns wieder in das Arbeitszimmer, und aus einer verschließbaren Schublade nahm Carnby den Band heraus, von dem er gesprochen hatte. Er wirkte unglaublich alt, in Ebenholz eingebunden, mit Silber verziert und mit dunkel leuchtenden Granatsteinen besetzt. Als ich die vergilbten Seiten aufschlug, fuhr ich in unwillkürlichem Widerwillen vor dem aufsteigenden Geruch zurück – einem Geruch, der an körperlichen Zerfall nicht nur erinnerte, als ob das Buch auf einem vergessenen Friedhof zwischen Leichen gelegen und die Befleckung der bevorstehenden Auflösung angenommen hatte.
    Carnbys Augen brannten in einem fiebrigen Schimmer, als er mir das alte Manuskript aus der Hand nahm und ungefähr in der Mitte aufschlug. Mit einem dürren Zeigefinger deutete er auf einen bestimmten Abschnitt. »Sagen Sie mir, wie Sie dies hier lesen«, forderte er mit einem angespannten und erregten Flüstern.
    Langsam und mit viel Mühe entzifferte ich den Absatz und schrieb eine grobe englische Version auf den Notizblock, den Carnby mir reichte. Auf sein Geheiß las ich ihn dann laut vor.
    »Nun wissen es wahrlich nur wenige, dennoch ist es bestätigte Tatsache, dass der Wille eines toten Zauberers Macht über seinen Leichnam übet und ihn aus dem Grabe erheben und zu solchem Zwecke bringen kann, welcher im Leben unvollendet geblieben. Und solcherlei Wiederbelebung ist stets zur Vollführung übler Taten und zum Missgeschicke anderer getan. Der Leichnam ist aufs Trefflichste belebt, so er denn ganz an allen Gliedern verblieben; aber beizeiten hat der überragende Wille des Magiers die getrennten Stücke eines Leichnams erhoben, welcher in vielerlei Teile zerhauen, auf dass er seinen Willen erfülle, sei es zu Teilen oder in befristeter Vereinigung. Ist aber die befohlene Handlung vollendet, so zerfällt der Leib wieder in den vorherigen Stand.«
    Das war natürlich irrwitziger Unsinn. Wahrscheinlich lag es eher an dem seltsamen ungesunden Gesichtsausdruck meines Arbeitgebers, der von faszinierter Aufmerksamkeit zeugte, als an dem verdammenswerten Abschnitt des Necronomicon selbst, dass ich nervös wurde und heftig zusammenfuhr, als ich kurz vor Ende meiner Lesung ein unbeschreibbares rutschendes Geräusch aus dem Flur vernahm. Als ich den Abschnitt jedoch beendete und zu Carnby aufsah, versetzte mich der Ausdruck nackter starrer Furcht auf seinem Gesicht in noch größeren Schrecken – es war die Miene eines Menschen, der von einem höllischen Schreckgespenst heimgesucht wird. Irgendwie beschlich mich das Gefühl, dass er eher auf das seltsame Geräusch im Flur als auf meine Übersetzung des Abdul Alhazred lauschte.
    »Das Haus ist voller Ratten«, erklärte er, als er meinen fragenden Blick bemerkte. »Trotz all meiner Bemühungen habe ich sie nie vollständig loswerden können.«
    Das Geräusch hielt immer noch an und klang wahrhaftig nach einer Ratte, die etwas über den Boden schleift. Es schien näher zu kommen, näher zur Tür zu Carnbys Arbeitszimmer. Nach einer kurzen Pause rührte es sich erneut und zog sich dann zurück. Die Erregung meines Arbeitgebers war unverkennbar; er lauschte in ängstlicher Gebanntheit und schien der Bewegung des Geräuschs mit einem Schrecken zu folgen, der anwuchs, als es näher kam, und ein wenig abnahm, als es sich wieder entfernte.
    »Ich bin ziemlich nervös«, gestand er. »Ich habe in letzter Zeit zu viel gearbeitet, und das ist nun das Ergebnis. Selbst ein kleines Rascheln bringt mich schon aus der Fassung.«
    Das Geräusch schien nun irgendwo im Haus erstorben zu sein. Carnby wirkte wieder etwas gefasster.
    »Würden Sie mir Ihre Übersetzung bitte noch einmal vortragen?«, bat er. »Ich möchte sie gerne Wort für Wort nachvollziehen.«
    Ich tat, wie mir geheißen. Er lauschte mit dem gleichen Blick einer unheimlichen Faszination, und diesmal wurden wir nicht von irgendwelchen Geräuschen auf dem Flur unterbrochen. Als ich die letzten Sätze vorlas, war Carnbys Gesicht noch bleicher geworden, als wäre der letzte Blutstropfen aus seinen Zügen gewichen. Das Feuer in seinen Augen glich nun einem phosphoreszierenden Schimmer aus einem tiefen Schacht.
    »Dieser Absatz ist äußerst bemerkenswert«, meinte er. »Ich war mir seiner

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