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Das Labyrinth des Maal Dweb

Das Labyrinth des Maal Dweb

Titel: Das Labyrinth des Maal Dweb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Asthon Smith
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zu meinem Zimmer am anderen Ende des Flures nahe am Treppenabgang lag in tiefem Schatten. Als ich nach dem Knauf tastete, hörte ich hinter mir ein Geräusch, drehte mich um und entdeckte im düsteren Dämmerlicht eine kleine undeutliche Gestalt, die vom Flur auf die oberste Stufe sprang und außer Sicht geriet.
    Ein furchtbarer Schrecken erfasste mich. Selbst mit meinem nur flüchtigen Blick hatte ich erkannt, dass das Wesen für eine Ratte viel zu bleich gewesen war und seine Gestalt nichts von einem Tier an sich trug. Ich hätte nicht beschwören können, um was es sich eigentlich handelte, aber den Umrissen haftete etwas unsagbar Schreckliches an. Mit bebenden Gliedern stand ich da und hörte auf der Treppe eine Serie dumpfer Laute, als ob Stufe um Stufe ein Gegenstand hinabrollte. Das Geräusch wiederholte sich in regelmäßigen Abständen und verstummte schließlich.
    Ich hätte die Treppenbeleuchtung nicht einschalten können, selbst wenn es um Leib und Leben gegangen wäre, auch hätte ich keinen Schritt zum Treppenabsatz gewagt, um die Ursache der unnatürlichen Geräusche herauszufinden. Vielleicht hätte es jeder andere getan – ich vermochte es nicht. Stattdessen betrat ich nach einem kurzen Augenblick regelrechter Versteinerung mein Zimmer, schloss die Tür ab und begab mich in einem Aufruhr ungelöster Zweifel und einhelligen Entsetzens zu Bett. Ich ließ das Licht brennen; und stundenlang lag ich wach und erwartete in jedem Moment eine Wiederholung jenes abscheulichen Geräusches. Aber das Haus lag so still da wie ein Grab, und ich hörte nichts. Schließlich fand ich trotz meiner gegenteiligen Befürchtungen doch noch Schlaf und erwachte erst nach vielen traumlosen Stunden des Schlummers.
    Laut meiner Uhr war es zehn Uhr morgens. Ich fragte mich, ob mein Arbeitgeber mich aus Rücksichtnahme hatte schlafen lassen oder ob er selbst noch nicht aufgestanden war. Ich zog mich an und ging nach unten, wo ich ihn am Frühstückstisch vorfand, auf mich wartend. Er wirkte noch bleicher und zitteriger denn zuvor, als habe er schlecht geschlafen.
    »Ich hoffe, die Ratten haben Sie nicht allzu sehr belästigt«, bemerkte er nach der ersten Begrüßung. »Ich muss wirklich etwas gegen sie unternehmen.«
    »Ich habe sie überhaupt nicht bemerkt«, gab ich zur Antwort. Irgendwie war es mir vollkommen unmöglich, das sonderbare unbeschreibliche Etwas zu erwähnen, das ich beim Zubettgehen in der vorigen Nacht gesehen und gehört hatte. Zweifellos hatte ich mich geirrt; zweifellos war es doch nur eine Ratte gewesen, die etwas die Treppe hinuntergeschleift hatte. Ich versuchte, den abscheulichen wiederholten Laut und den erhaschten Blick auf undenkbare Umrisse im Dämmerlicht zu vergessen.
    Mein Arbeitgeber musterte mich mit einem scharfen Blick, als ob er in meine innersten Gedanken einzudringen suchte. Das Frühstück geriet zu einer tristen Angelegenheit, der daran anschließende Tag wurde nicht weniger beklemmend. Carnby zog sich bis zum Spätnachmittag zurück, und ich blieb in der wohlbestückten, jedoch konventionellen Bibliothek im Erdgeschoss mir selbst überlassen. Was Carnby in seinem Zimmer anstellte, konnte ich nicht einmal vermuten; aber mehrmals dachte ich, dass ich eine ernste Stimme etwas schwach und monoton vortragen hörte. Schreckliche Vorzeichen und beunruhigende Ahnungen suchten meinen Verstand heim. Mehr und mehr umschlang und erstickte mich die Atmosphäre dieses Hauses mit seinem giftigen, kränklichen Mysterium; und überall verspürte ich das unsichtbare Lauern bösartiger Geister.
    Als mich mein Arbeitgeber in sein Arbeitszimmer rief, war es fast eine Erleichterung. Beim Eintreten bemerkte ich, dass ein durchdringender aromatischer Geruch in der Luft hing, von sich auflösenden Schlingen eines bläulichen Dunstes durchsetzt, als seien in den Weihrauchgefäßen orientalische Kräuter und Gewürze verbrannt worden. Von seiner ursprünglichen Lage an der Zimmerwand war ein Isfahan-Teppich in die Mitte des Raumes verschoben worden. Allerdings vermochte er ein violettes geschwungenes Zeichen nicht ganz zu verbergen, das auf die Zeichnung eines magischen Kreises auf dem Boden hindeutete. Zweifellos hatte Carnby eine Art Beschwörung vollzogen, und ich musste an die furchterregende Formel denken, die ich auf sein Geheiß übersetzt hatte.
    Allerdings bot er mir keine Erklärungen für das, was er getan hatte. Sein Verhalten hatte sich auf bemerkenswerte Weise gewandelt und wirkte beherrschter und

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