Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition)
kehrtgemacht. Jeb sah ihm sorgenvoll nach.
»Los weiter«, raunte er Jenna, Mary und Mischa zu.
»Sollten wir nicht auf ihn warten?«, fragte Mary, die als Einzige ihren Rucksack nicht abgelegt hatte, sondern immer noch auf dem Rücken trug.
Jeb lächelte gequält. »Wir sollten jetzt verschwinden. León holt uns wieder ein. Ihr kennt ihn doch. Den bringt so schnell nichts um.«
Kathy sah ihn jetzt. Sie hatte sich mit einem spitzen Stahlrohr bewaffnet und sich hinter einem umgestürzten Regal versteckt.
Vorsichtig betrat er den Raum. Zögerte am Eingang. Blickte auf den Boden, auf der Suche nach Fußabdrücken. Er war nicht größer als sie, dünn, geradezu ausgemergelt, aber er wirkte durch den wilden Bart gefährlich genug, um ihn als Gegner ernst zu nehmen. Kathy rührte sich nicht, spähte durch einen Schlitz hinüber und beobachtete, wie er einen weiteren Schritt machte.
Du spürst also, dass ich da bin, aber du weißt nicht, ob du deinem Instinkt trauen kannst.
Sie grinste, umklammerte das Rohr noch fester.
Komm. Komm nur näher. Ja, so ist es gut.
Noch ein Schritt.
Noch einer.
Nein, warum bleibst du stehen?
Geh weiter. Komm zu mir.
Dann sah sie das Messer in seiner Hand und wie er sich suchend um die eigene Achse drehte. Seine Augen durchstreiften unablässig den Raum. Er zögerte. Schließlich machte er den ersten Schritt zurück.
Nein, kreischte es in Kathy auf.
Sie saß in der Falle. Wenn er den Raum verließ, wusste sie nicht, wohin er ging. Er konnte ihr auf einem der Stockwerke auflauern, so wie sie es selbst gerade getan hatte. Das konnte sie nicht riskieren.
Kathy überlegte, ob sie aus ihrem Versteck springen und sich auf ihn stürzen sollte. Doch da hatte er den Raum bereits wieder verlassen.
Sie hätte heulen können vor Wut und Enttäuschung.
Ich muss wissen, wo er hin ist. Nach oben aufs Dach oder nach unten. Er darf mich nicht kriegen. Nein. Nein. Nein. Das werde ich nicht zulassen.
Kathy erhob sich wie eine Raubkatze aus ihrem Versteck. Vorsichtig schlich sie zur Tür hinüber. Sie legte das Ohr daran und lauschte hinaus.
Nichts.
Mit der linken Hand griff sie nach der Türklinke, drückte sie langsam herunter. In der rechten Faust hielt sie das Rohr bereit.
Langsam öffnete sie Tür. Nur einen Spalt, nur so weit, dass sie hindurchschlüpfen konnte. Und in diesem Moment wusste sie, dass sie einen Fehler begangen hatte.
Die kalte Klinge eines Messers legte sich an ihre Kehle.
»Rühr dich nicht«, sagte eine leise Stimme, die ihr Schauer über den Rücken jagte.
Der Mann packte sie an den Haaren und zog sie ganz dicht an sich heran.
León erreichte die Rucksäcke in dem Moment, als die Tür des Geschäfts aufflog. Glas splitterte. Der Wind fegte herein, wirbelte Ascheflocken auf. Acht Gestalten drängten in den Raum. Ihre Waffen glänzten im blassen Licht.
León kniff die Augen zusammen. Die in der Luft tanzenden Ascheflocken trübten seinen Blick. Seine Augen tränten. Für einen kurzen Moment hatte er das Gefühl, seine Verfolger aus der Ebene wären zurückgekehrt. Er glaubte, die gleichen verschwitzten Gesichter und gezeichneten Körper auszumachen. Aber dann erkannte er, dass diese Männer hager waren und bleiche, ausgemergelte Gesichter besaßen, die von struppigen Bärten und langen Haaren fast verdeckt wurden. Die Fremden stellten sich im Raum auf und orientierten sich. Einer entdeckte ihn, grunzte eine Warnung und alle wandten sich ihm zu.
Die Tätowierungen in Leóns Gesicht schienen sie zum Glück für einen Moment zu verwirren, denn sie zögerten. Er nutzte diese Sekunden, packte drei der Rucksäcke, drehte sich um und stürmte zur Tür, durch die Mary gerade als Letzte verschwunden war. Hinter ihm lösten sich die Männer aus ihrer Erstarrung und jagten ihm nach.
León flitzte zwischen hohen Metallregalen hindurch. Im Laufen packte er immer wieder eines der Regale und warf es um. Laut polternd fielen sie zu Boden, zwangen seine Verfolger auszuweichen.
Einer von ihnen stürmte in einen Parallelgang zu seiner Rechten, während die anderen weiterhin León direkt auf den Fersen waren.
Als er sich nach ihm umschaute, rutschte León plötzlich mit dem linken Fuß aus. Um ein Haar wäre er gestürzt, aber im letzten Augenblick konnte er sich abfangen und lief weiter, so schnell er konnte. Er riss noch ein weiteres Regal um, mit dem gewünschten Effekt: Für die sieben Verfolger hinter ihm war der Weg zu Ende. Die drei schweren Rucksäcke schlugen León auf den
Weitere Kostenlose Bücher