Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition)
Rücken und gegen die Beine. Er wusste, sie verlangsamten ihn nur unnötig, und während er noch darüber nachdachte, eine der Taschen fallen zu lassen, kamen die Schritte neben ihm näher und eine Hand streckte sich nach ihm aus.
42.
Mary hatte zu lange gezögert und einen letzten Blick zu viel auf León geworfen. Als sie die Tür hinter sich so leise wie möglich geschlossen hatte und sich im Flur umblickte, waren die anderen bereits um eine Ecke verschwunden. Durch ein Fenster im Dach fiel etwas Licht hinab, aber es reichte kaum aus, um sich in den Schatten zurechtzufinden. Hastig begann Mary, den Gang entlangzulaufen. Sie hörte die Schritte der anderen, doch dann wurde es abrupt still. Panisch vor Angst, sie könne sie verlieren, holte Mary das Letzte aus sich heraus. Sie schlitterte um die nächste Ecke und sah am Ende des Gangs eine offen stehende schwere Tür, die nach draußen führte. Schneeflocken wehten herein. Der Ausgang. Gleich war sie bei den anderen und gerettet!
Das Licht von draußen blendete Mary. Sie wusste nur eines: Raus hier! Mary flitzte den Gang entlang und auf den Ausgang zu, den Blick fest auf die offene Tür gerichtet, als ihr Fuß kurz vor der Türschwelle plötzlich ins Leere trat. Vor Schreck stockte ihr der Atem, und noch bevor sie wusste, wie ihr geschah, fiel sie ins Leere.
Den Aufprall spürte Mary nicht mehr.
Kathy handelte instinktiv. Mit Schwung warf sie ihren Kopf nach hinten in den Nacken und krachte mit dem Schädel gegen die Nase des Angreifers. Sie hörte ein Knirschen und fühlte einen dumpfen Schmerz, sie hatte den Mann voll erwischt. Er schrie auf. Sein Griff lockerte sich ein wenig. Kathy hob das zugespitzte Rohr, ließ sich nach vorn fallen und rammte es dem Fremden tief in den Oberschenkel. Ein Brüllen erfüllte den Raum, dann war sie frei.
Kathy wirbelte herum, bereit nachzusetzen, als die Faust des Mannes auch schon in ihr Gesicht donnerte. Mit ungebremster Wucht flog sie gegen die Wand. Kathy versuchte, sich gleich wieder aufzurichten, aber ihre Beine sackten unter ihr weg.
Dann war er über ihr. Er warf sich mit seinem gesamten Gewicht auf Kathy und mit einem Mal wurde ihr die komplette Luft aus den Lungen gepresst. Seine Hände suchten und fanden ihren Hals, begannen, sie zu würgen.
Vor Kathys Augen tanzten goldene Sterne. Sie hatte Mühe, den Blick zu fokussieren, aber schließlich wurde aus dem geisterhaften Schemen ein Mann, der sie hasserfüllt anstarrte.
Kathy schlug mit den Fäusten nach ihm, aber sie hatte keine Chance. Sie bekam kaum noch Luft. In ihrem Körper tobten Schmerzen, wie Kathy sie nie zuvor gekannt hatte – als würde sie bei lebendigem Leib von innen verbrennen. Kraftlos ließ sie die Arme sinken. Dabei streifte ihre Hand das Metall des Rohres, das noch immer im Bein des Mannes steckte. In einem letzten Aufbäumen fasste sie danach und drehte es mit einem Ruck in der Wunde. Ihr Angreifer jaulte auf und ließ sich zurückfallen, um sich aus ihrer Reichweite zu bringen. Kathy wälzte sich unter ihm hervor, aber dieses Mal versuchte sie nicht, sich von ihm zu befreien. Im Gegenteil. Sie riss das Rohr aus der Wunde und stieß erneut zu. Sie sah nur noch aus den Augenwinkeln, dass sie den Hals des Mannes getroffen hatte.
Kathy stürzte sich auf ihren Kontrahenten. Rasend vor Angst, Schmerz und Zorn verwandelte sie sich in ein wildes Tier und hörte auch dann nicht auf, als er sich nicht mehr rührte.
León spürte die Bewegung mehr, als dass er sie sah. Ohne die Geschwindigkeit zu verringern, schwang er den Rucksack und schlug ihn seinem Verfolger ins Gesicht. Auf das klatschende Geräusch ertönte ein mattes Stöhnen. León wusste, dass er getroffen hatte.
Mit weiten Sätzen erreichte er die Tür, durch die die anderen bereits entkommen waren. Er stürmte hindurch, warf sie ins Schloss und rannte den Gang entlang.
Als er den Ausgang sah und es heller wurde, erhöhte er sein Tempo. Erst kurz vor der Tür, unmittelbar bevor er seinen Fuß nach draußen setzte, entdeckte er das klaffende schwarze Loch vor sich im Boden. Mit einem kleinen Stolperer sprang er darüber. Noch wenige Meter und er war im Freien.
Der Wind war stärker geworden, Schneeflocken, hart wie kleine Kieselsteine, schlugen León ins Gesicht. Die Sicht war so schlecht, dass er keine zwei Meter weit sehen konnte. Er brauchte einen Moment, um die Fußspuren der anderen zu entdecken. Er musste ihnen rasch folgen, bevor der Wind und der Schnee den Pfad
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