Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition)
gespannt, mit kraftvollen Schritten durchmaß sie die Räume und kannte nur ein Ziel. Sie würde die anderen verfolgen und Mary töten. Dann, und erst dann, würde sie sich auf den Weg zu den Toren machen. Wenn diese kleine Schlampe Mischa, Jeb, Jenna und León nicht mehr so um den Finger wickeln konnte, würden diese erkennen, was für eine großartige Kämpferin sie war. Dass sie Kathy brauchten, um zu überleben. Ja! Sie würden endlich verstehen, dass sie Tian nur für das Überleben der Gruppe getötet hatte.
Kathy lächelte. Alles würde gut werden. Vielleicht würde sie Jeb auch noch mal eine Chance geben. Im Gegensatz zu Jenna hatte sie einiges mehr zu bieten. Jeb hatte bewiesen, dass er auf ihre körperlichen Reize reagierte.
Kathy schlüpfte durch eine weitere unverschlossene Tür und hastete zu der großen Fensterfront an der rechten Seite des Raumes. Das Glas war zerbrochen und der Wind trieb Schneeflocken herein, aber sie konnte sich hinter dem breiten Rahmen verbergen und hinunter auf die Straße blicken.
Da! Da sind sie!
Aus dem Schneegestöber schälten sich fünf Gestalten heraus. Die Köpfe gegen den Wind gesenkt, stapften sie nebeneinander die Straße entlang.
Mary hing etwas zurück. Wie immer.
Ich kriege dich noch.
Der Gedanke ließ Kathy aufjauchzen.
Catch the little butterfly,
butterfly is flittering around,
catch it, put it on your hand
– butterfly is standing still–
til you set it free again.
Nein, Mary würde nie wieder fliegen. Mit bloßen Händen würde sie ihr die Flügel ausreißen.
Kathy hatte Durst. Sie schaufelte etwas Schnee von der Fensterbank und steckte ihn sich in den Mund. Er schmeckte bitter. Nach Asche.
Was ist das nur für eine beschissene Welt?
Noch einmal schaute sie auf die Gruppe hinab. Niemand hob den Kopf, niemand sah sie.
Ihr seid so ahnungslos! Wie Kinder.
Vielleicht sollte sie doch alle töten. Kathy wusste, dass sie dazu in der Lage war.
Mach dir nichts vor, Kat. Du kriegst Jeb nicht und León schneidet dir die Kehle durch, sobald er die Gelegenheit dazu bekommt. Okay, Mischa ist in Ordnung. Harmlos. Ein Schaf unter Wölfen. Und Jenna? Auch dieses Problem wird sich leicht lösen.
Kathy kicherte. Die Tore in den kommenden Welten würden allein ihr gehören. Sie würde den Preis erringen und überleben.
Sie würden ihre gerechte Strafe bekommen. Sie hatten kein Mitleid mit ihr gezeigt und sie verstoßen. Nein, wenn es so weit war, würde sie kein Bedauern empfinden.
Plötzlich riss ein Geräusch Kathy aus ihren Gedanken. Sie wirbelte herum. Nichts. Auf Zehenspitzen schlich sie zur Tür und spähte in den Büroraum. Auch da war niemand.
Trotzdem spürte Kathy es. Sie war nicht mehr allein.
»Bist du sicher, dass die Richtung stimmt?«, brach Mischa das Schweigen und Jeb sah auf.
Die Augenbrauen und die unter der Mütze herauslugenden Haare waren mit Schnee bedeckt. Ebenso die Jacke. Unablässig fielen die dicken Flocken herab, begruben alles unter sich.
Da ihnen der Wind entgegenwehte, kamen sie nur mühsam voran. Das Schneegestöber war so dicht, dass sie kaum etwas sehen konnten und die Augen zusammenkneifen mussten, damit sie nicht permanent tränten. Es war still in dieser Stadt. Unheimlich. Kein Geräusch drang an ihre Ohren. Nur das Knirschen des Schnees unter ihren Füßen.
Obwohl die Straße schnurstracks geradeaus lief, fiel der Weg immer wieder stark ab. Schon zweimal war Jeb an Stellen, an denen der Wind den Schnee aufgehäuft hatte, bis zu den Hüften eingesunken und es hatte ihn einige Mühe gekostet, sich wieder zu befreien. Nun war seine Hose nass und die Kälte kroch seine Beine hoch, er merkte, dass er das eine Bein leicht nachzog, aber er spürte keine Schmerzen. Eine frühere Verletzung? Auf jeden Fall nichts, woran er sich erinnerte. Es lag sicher an der Kälte. Er musste in Bewegung bleiben, denn sobald er anhielt, begann er zu frösteln.
»Wir haben den Stern letzte Nacht gesehen. Die Straße führt in seine Richtung. Solange wir nicht abbiegen, liegen wir richtig«, versicherte Jeb.
»Als würde man durch eine Schlucht laufen, rechts und links nichts als Häuser in Grau und Weiß. Ich kann es nicht mehr sehen, erst die endlose gelbe Steppe, jetzt der ewige Schnee«, haderte Mischa.
»Meinst du etwa, das ist Absicht? Ist das eine weitere Prüfung, ein Test, ob wir verrückt werden in dieser Eintönigkeit?« Jeb war ganz aufgeregt. Hatte Mischa gerade einen weiteren Hinweis entschlüsselt?
»Verfolgt, verrückt
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