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Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition)

Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition)

Titel: Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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sie im Sterben. Mein Vater flennt. Wahrscheinlich weil es jetzt kein Geld mehr für Schnaps gibt. Ich verachte ihn.«
    Plötzlich spürte er Jennas Hand, die nach seiner tastete. Jeb holte tief Luft, bevor er weitersprach. »Ein Arzt betritt den Raum, er sagt uns, dass die Zeit des Abschieds gekommen ist. Ich will das nicht wahrhaben, schlage seine tröstende Hand weg und brülle ihn an, dass er etwas tun soll, aber er blickt mich nur traurig an. Mein Vater will mich umarmen, aber ich stoße ihn weg, dann stürme ich aus dem Zimmer, renne den Flur hinunter, zu feige, um den Tod meiner Mutter zu ertragen, zu feige, um für sie da zu sein, als es zu Ende geht… Ich habe sie im Stich gelassen, das werde ich mir nie verzeihen.«
    Jenna drückte leicht seine Hand. Er war überrascht, als sie ihm sanft über die Wange strich. Ihre Finger waren zart. Sein Herz klopfte so heftig, dass er glaubte, sie müsse es hören.
    »Jeb, du bist kein Feigling. Was du für mich getan hast, das war mutig. Und ich danke dir dafür. Nicht viele würden tun, was du getan hast.«
    »Das ist nichts Besonderes«, versuchte er abzuwiegeln, aber es klang selbst in seinen Ohren schwach.
    »Oh doch, es ist so außergewöhnlich, dass es dafür keine Worte gibt.«
    Jeb wusste nicht, was er darauf sagen sollte.
    Mit der Hand erfühlte sie nun sein Gesicht, fuhr das Kinn entlang und strich über seine andere Wange. Er schloss die Augen.
    »Magst du das?«
    Er spürte sein eigenes Lächeln. »Ja.«
    Ihre Finger strichen über seine Lippen, fuhren den Hals hinab und streichelten seinen Nacken.
    Mit geschlossenen Augen drehte sich Jeb ihr entgegen. Er spürte, wie ihr Atem seine Nase kitzelte. Sein Herz pochte wie verrückt in seiner Brust. Hinter seinen Lidern flackerte es.
    Jenna kam näher. Er spürte ihre Wärme, noch immer lag ihre Hand in seinem Nacken. Seine Lippen öffneten sich leicht, da ließ ein lautes Knacken beide herumfahren. Jeb sprang auf.
    »Was war das?«, fragte Jenna.
    »Keine Ahnung. Wahrscheinlich ein Tier«, versuchte Jeb, sie beide zu beruhigen. Noch einen Moment lang lauschte er, aber alles blieb still. Er sah Jenna an, die ihn verlegen anlächelte. Da er nicht wusste, was er tun oder sagen sollte, ging er zum Rucksack und zog die beiden leeren Flaschen heraus.
    »Ich geh mal Wasser suchen.«
    »In Ordnung.«
    »Kann ich…«
    »Ja, du kannst mich allein lassen. Kein Problem, ich werde mich ein wenig ausruhen.«
    Er zögerte, raffte seinen ganzen Mut zusammen. »Das gerade eben… es war sehr schön.«
    »Ja, das war es«, sagte Jenna leise.
    Jeb trat von einem Fuß auf den anderen. »Bin gleich wieder da.« Mit diesen Worten verschwand er zwischen den Bäumen. Er war froh, dass er einen Moment für sich sein konnte. Er wollte nicht länger aufgewühlt vor Jenna stehen, während er auf ein Zeichen von ihr wartete. Der Zauber war verflogen.
    Tian, Kathy und Mischa gingen mit schweren Schritten voran, ihnen folgte León, der darauf achtete, dass Mary nicht zu weit zurückblieb. Die Sonne war noch immer unter der dichten Wolkendecke verborgen, die ihnen auch die Luft zum Atmen zu nehmen schien. Es war den ganzen Tag nicht richtig hell geworden, dafür umso stickiger und heißer. Immer wieder hörten sie das grausige Kreischen. Mittlerweile meinte Tian, einzelne Stimmen ausmachen zu können. Die Schreie ihrer Verfolger klangen wie Klagerufe oder Schmerzensschreie – und schienen zwischendurch so nah, dass sie in seinem Kopf widerzuhallen schienen. »Töten, wir werden dich töten!«
    Mischa vor ihm zuckte zusammen und drehte sich um. Auch León fuhr herum. Doch dort war niemand zu sehen. Niemand, der ihn bedrohte, nur Mary, die erschöpfter wirkte denn je. Instinktiv tastete León nach dem Klappmesser, das schwer und griffbereit in seiner Tasche lag. Er wusste, er würde es, ohne zu zögern, benutzen, um sich zu verteidigen.
    Nein, nicht die Gruppe. Denn wenn es darauf ankam, würde er allein weiterziehen. Er hatte das einzige Messer – die anderen hatten keine Chance. Was machte er sich da eigentlich vor, er war nicht wie Jeb. Nicht im Geringsten.
    León schaute wieder nach vorn und sah, dass Tian und Kathy nicht haltgemacht hatten. Auch Mischa ging nun weiter, nachdem ihre Jäger sich noch immer nicht zeigten.
    Wie komisch, dass Mischa der Einzige war, der bisher in Kontakt mit diesen Viechern gekommen ist. Und selbst das sagt uns nichts drüber, wie wir gegen sie kämpfen sollen. Wir können uns nicht einmal darauf vorbereiten.

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