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Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition)

Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition)

Titel: Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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Stunde hatte er sie getragen, nie über die Strapazen und Schmerzen geklagt. Selbst als sie beide kaum noch Hoffnung hatten, hatte er ihr Mut gemacht. So stark war Jeb, aber nun saß er vor ihr und weinte. Tränen liefen über sein verschmutztes Gesicht, aber er schien es nicht zu merken. Seine Hände hatten aufgehört zu zeichnen.
    »Jeb, tu es für uns… für mich. Bitte nimm mir nicht diese letzte freie Entscheidung.«
    Er schluchzte leise. Sein Kopf sank auf ihre Schulter.
    Nachdem sie eine Zeit lang so dagesessen hatten, hob Jeb entschlossen den Kopf. »Wir brauchen darüber jetzt nicht reden, denn noch sind wir nicht bei den Toren. Wir müssen erst über diese Ebene. Dort sind wir wieder Freiwild für unsere Verfolger, die wir schon verdächtig lange nicht mehr gehört haben. Wenn wir es überhaupt zu den Portalen schaffen, werden wir sehen, wie viele noch da sind.« Jeb stand auf. »Lass uns weitergehen.«
    Jenna wusste, dass sie ihn nicht umstimmen konnte. Nicht hier und jetzt, aber sie war nicht bereit, sein Opfer anzunehmen. Es gab nur eine letzte Hoffnung für sie beide: Wenn jemand aus der anderen Gruppe es nicht bis zu den Portalen geschafft hatte, gab es für sie beide einen Ausweg.
    Und selbst wenn es nicht genug Portale gab, wusste Jenna, dass sie keinesfalls Jeb zurücklassen würde.

27.
    Sie saßen auf dem trockenen Boden und starrten ins Nichts, zur Untätigkeit verdammt. Und da war es plötzlich wieder
    Mischa erstarrte. Aus weiter Ferne immerhin, aber es waren eindeutig die gefürchteten Schreie. Er schaute sich um, aber die anderen zeigten keinerlei Reaktion. Und dann wurde das heisere Jaulen von dem donnernden Geräusch einer Explosion überlagert, zwar fern, irgendwo am Horizont, aber doch unverkennbar: Die, die ihn am ersten Tag überfallen hatten, waren wieder hinter ihnen her. Das Geräusch ging ihm durch Mark und Bein. Seelentrinker hatte Mary sie genannt und er fand den Ausdruck sehr passend. Genau so fühlte es sich an. Mischa krallte die Finger in den nackten Erdboden, er spürte die leichte Lähmung in seinem Arm. Bei jedem Geräusch, das so fern und doch nur verzerrt zu ihnen durchklang, zuckte er zusammen und fragte sich, warum es die anderen nicht bemerkten.
    Warum höre nur ich die Schreie und die Explosion? Bilde ich mir das alles nur ein? Nein, das konnte nicht sein. Vielleicht war sein Gehör einfach empfindlicher als das der anderen. Außerdem war jetzt nicht der Zeitpunkt, sich derartige Fragen zu stellen. Sie mussten handeln, denn Weglaufen war zu diesem Zeitpunkt sinnlos. Und wie viel Zeit ihnen noch blieb, um die Portale zu durchschreiten, wusste keiner von ihnen.
    Mischa war aber immerhin froh, dass Tian sich wieder beruhigt hatte. Doch sein Vorschlag, ihre Kleidung zu zerreißen und an das Seil anzubinden, war nicht gerade Erfolg versprechend. Auch dann würde es nicht reichen. Es gab nur den einen Weg. Sie mussten in die Schlucht hinabklettern.
    Mischa zog seinen Rucksack heran. Er fummelte hektisch an den Tragegurten herum. Ein sinnloses Unterfangen, stellte er schnell fest, denn auch wenn sie die Tragegurte dazurechneten, war das Seil immer noch viel zu kurz, vor allem weil es ja nicht nur in die Tiefe reichen musste, sondern auch noch über die Schlucht gespannt werden sollte.
    Sie brauchten das zweite Seil und die Zeit verrann ungenutzt. Jenna und Jeb waren nicht hier. Niemand sprach es aus, aber wer wusste schon, ob sie nicht sogar schon tot waren? Dann lag das Seilstück irgendwo nutzlos im Gras oder im Wald, während ihr Leben davon abhing.
    Mischa trank seinen letzten Schluck Wasser. Wenn sie die Schlucht nicht überwinden konnten, war alles egal, früher oder später würden sie sterben. Wenn es ihnen gelang, würden sie vielleicht eine neue Quelle finden.
    Mischa versuchte, sich abzulenken, und beobachtete Kathy. Sie saß am Felsrand, ließ die Füße über dem Abgrund baumeln und starrte zu den Toren hinüber. Sie wirkte ruhig, aber Mischa wusste, dass es in ihr tobte, und er fürchtete, dass sie etwas Unüberlegtes tun würde. León hatte sich von Tian das Seil geben lassen und befestigte es an einem Felsen. So waren sie wenigstens für den ersten Teil des Abstiegs in die Schlucht gesichert. Man konnte León ansehen, dass er sich am liebsten allein seinen Weg durch die Schlucht gebahnt hätte. Aber irgendetwas hielt ihn zurück.
    Tian stand mit dem Rücken zum Abgrund und starrte in die Ferne. Er wirkte konzentriert. Die Augen waren zusammengekniffen und er

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