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Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition)

Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition)

Titel: Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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ab.
    Währenddessen hatte Tian unbemerkt das Seil aus seinem Rucksack geholt und ein Ende in die Schlucht hinabgeworfen. Nun baumelte es in seiner Hand. »Ich will euch ja nicht den Spaß verderben, aber…« Mit düsterem Blick wandte er sich an León und Mischa.
    »Was?«, fragten Mischa und León wie aus einem Mund.
    »Wir haben ein Problem.« Er zögerte, dann verzog sich sein Gesicht sorgenvoll. »Das Seil ist zu kurz!«
    Es dauerte eine Weile, bis alle den Schock verdaut hatten. Auch Kathy und Mary waren an die Schlucht getreten und blickten ausdruckslos in den Abgrund. Ja, das Seil war zu kurz. Sein Ende baumelte weit über dem finsteren Boden der Schlucht. Das bedeutete, Mischa konnte zwar von dieser Stelle aus weiter nach unten klettern, aber er müsste dafür das Seil zurücklassen und hätte dann keine Chance, es an der anderen Seite zu befestigen. Natürlich könnten sie alle durch die Schlucht steigen, aber ohne Sicherung durch das Seil bedeutete selbst der kleinste Fehltritt den Tod. Ihr Vorhaben war mit einem Mal unmöglich geworden.
    »Wenn ich mich richtig erinnere«, sagte Mary in die Stille hinein, »hatten wir doch zwei Seile.«
    »Ja, richtig! Los, wer hat das zweite Seil?« Als sich eisernes Schweigen über die Runde legte, beantwortete Tian seine Frage selbst. »Jeb und Jenna. Niemand hat daran gedacht, dass wir es vielleicht brauchen könnten.«
    Mary blickte nachdenklich in die Runde und sagte dann leise: »Findet ihr es nicht auch merkwürdig, wie jedes Teil in unserer Ausrüstung seinen Sinn hat? Feuerzeug, Seil, Messer, Verbandszeug. Und immer bei dem, der damit umgehen kann, lag es im Rucksack. Es war von Anfang an geplant, dass wir zusammenarbeiten, um zu den Toren zu gelangen.«
    »Und wenn wir es zu den Toren geschafft haben?«, fragte Tian bitter, obwohl er die Antwort kannte.
    »Sollen wir um die Tore kämpfen«, sagte León. »Die Schwachen bleiben zurück. Die Starken ziehen weiter.«
    »In die nächste Welt. Zu weiteren Toren«, ergänzte Mischa.
    »Verdammt, wer plant denn so einen Wahnsinn?« Tian warf den Kopf in den Nacken und schrie seine Verzweiflung laut heraus. »Hast du Spaß, ja? Wer immer du bist, du Arsch, kommst du jetzt auf deine Kosten? Gefällt es dir zu sehen, wie wir uns quälen? Ach, fahr zur Hölle!« Dann sank er in sich zusammen. Mischa seufzte innerlich, Tians Attacken und Anfälle waren auf die Dauer nur schwer zu ertragen.
    Eine Weile lang waren alle in ihren eigenen Gedanken gefangen.
    »Was machen wir jetzt?« Mary sah alle nacheinander an.
    »Jeder von uns muss entscheiden, ob er in die Schlucht hinuntersteigen will oder nicht«, sagte León.
    »Was gibt es da zu überlegen. Haben wir denn eine andere Wahl?«
    Keiner antwortete. Sie alle kannten die harte Wahrheit.
    »Wir könnten versuchen, hier zu überleben«, meinte Mary.
    »Wir werden verfolgt, weißt du nicht mehr? Auch wenn ich mich schon die ganze Zeit frage, wo unsere Jäger geblieben sind.« León griff nach seinem Messer, das er in der Hosentasche verstaut hatte. »Sicher ist nur: Wenn sie kommen, haben wir ohne Waffen keine Chance.«
    Mischas Blick wanderte unruhig durch die Landschaft. Er suchte nach einem Ausweg, nach einer Lösung, einem Weg, den sie vielleicht übersehen hatten.
    »Wir ruhen uns ein wenig aus, dann beratschlagen wir, wie wir den Abstieg angehen«, sagte León.
    Niemand widersprach ihm.
    Tian begann still zu weinen.
    Kathy ging am Rand des Abgrunds auf und ab. Unruhig wie ein Tiger im Käfig wanderte sie von rechts nach links und wieder zurück. Die Machtlosigkeit angesichts ihrer Situation hatte sie aus der Bahn geworfen. Irgendwo tief in ihr drin war ein Schalter umgelegt worden und durch ihre Adern floss reines Adrenalin.
    Immer wieder wanderte ihr Blick zu den anderen. Wie sie da rumstanden, die Köpfe zusammensteckten und jammerten. Es war zum Kotzen. Und da wallte auch schon der inzwischen vertraute Hass in ihr auf.
    Ihr seid schwach. So schwach.
    Sie sah Tian weinen.
    Schon wieder.
    Warum flennte der Typ dauernd? Warum war er so ein Schwächling und tat nichts dagegen?
    Reiß dich zusammen!
    Kathy beobachtete, wie Mary tröstend einen Arm um Tians Schultern legte.
    Ja, so ist es richtig. Haltet zusammen. Schwächlinge, vereinigt euch. Ihr habt es nicht verdient, die Tore zu erreichen. Steht dumm rum und glotzt auf die andere Seite. Ich werde da hinüberkommen, egal, was mit euch passiert.
    Kathy spuckte in den Staub.
    Ihr werdet sterben. Etwas anderes habt ihr

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