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Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition)

Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition)

Titel: Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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hindurchgehen. Du wirst überleben.
    Aber was, wenn sie kein Glück beim Losen hatte? Wenn die anderen die freien Tore gewannen?
    Vorausgesetzt, sie würde überhaupt die andere Seite erreichen. Kathy versuchte, ihre verkrampften und verbrannten Finger zu lockern, ohne Erfolg. Natürlich hatte keiner daran gedacht, wie sie gleich über die Schlucht kommen sollten, wenn sie noch nicht mal mehr ihre Wasserflaschen aufschrauben konnten. Was für ein Scheißplan.
    Sie blickte zu Tian hinüber. Gestern hatte sie ihm geholfen, ihn getröstet, aber nun war jedes Mitleid für ihn verflogen. Kathy sah nur noch seine Schwäche und es widerte sie an, dass jemand wie er Anspruch auf ein Tor erhob.
    Kurz zuckte ein Gedanke durch ihren Kopf, dann musste sie plötzlich loskichern und alle Zweifel verflogen. Ich werde überleben. Ja, so wird es sein.
    Mary hatte ihr Lachen gehört, schaute sich unsicher zu ihr um, wich ihrem Blick aber aus und wandte sich dann wieder der Schlucht zu. Offenbar hatten sie gerade von Mischa gehört, dass er unten angekommen war. Endlich geht es weiter. Kathys Blick folgte Mary. Erst Tian, dann du.
    Sie lächelte. Dann begann sie zu summen.
    Humpty Dumpty sat on a wall.
Humpty Dumpty had a great fall.
All the King’s horses,
And all the King’s men
Couldn’t put Humpty together again.

29.
    Mischa ließ die Hand sinken. Er hoffte, dass die anderen seine Geste gesehen hatten, aber mehr als das brachte er im Augenblick nicht zustande. Allein das Winken kostete ihn einige Sekunden, um sich vom Schmerz zu erholen. Er zog sein Hemd aus und knotete es sich wie einen Pressverband um den Brustkorb. Sofort fiel ihm das Atmen leichter. Für einen Moment überlegte er, den anderen zu sagen, dass sie das Seil wieder hochziehen und jemand anderes herablassen sollten, aber… nein, er musste es schaffen.
    Wer weiß, ob die anderen von unseren Verfolgern schon erreicht wurden?
    Er machte einen zögernden Schritt auf die Wand zu. Noch einen.
    Mischa suchte den vor ihm aufragenden Fels nach Haltemöglichkeiten ab. Vorsprünge, Steine, die aus der Wand herausragten, Risse im Fels, alles, wo er seine Finger hineinschieben oder sich festhalten konnte. Minutenlang starrte er auf den Felsen, dann sah er den Pfad, den er nehmen würde. Klar und deutlich trat er aus dem grauen Stein heraus. Mischa fasste wieder etwas Mut.
    Er presste seinen Körper gegen die Wand, griff mit einer Hand nach oben zu einem kleinen Vorsprung und zog sich hoch. In seiner Brust pochte der Schmerz, aber er ignorierte ihn. Seine ganze Konzentration galt dem nächsten Schritt.
    Während die anderen beobachteten, wie Mischa unerträglich langsam die Felswand erkletterte, waren Tian und Jeb einen Hügel hinaufgestiegen, um nach ihren Verfolgern Ausschau zu halten.
    »Was meinst du, wie weit sind sie noch weg?«, fragte Tian.
    Jeb legte die Stirn in Falten. »Schwer zu sagen, aber wenn sie nicht irgendetwas aufhält, dann sind sie womöglich schneller hier, als wir gedacht haben. Wir müssen es einfach vor ihnen auf die andere Seite geschafft haben.«
    Tian nickte. Er würde sich als Letzter über das Seil hangeln, so hatte er es sich gewünscht. Er hatte Höhenangst, und wenn er die anderen nicht aufhalten wollte, musste er dieses Opfer bringen. Als er das erste Mal in die Schlucht hinabgeblickt hatte, hatte ihm die Panik alle Luft aus den Lungen gepresst, und im nächsten Moment hatte er sich bereits in die bodenlose Tiefe stürzen sehen. Und seitdem war er sich sicher: Er konnte nicht an einem Seil über diesen tiefen Abgrund klettern.
    Und doch musste er es tun.
    Glücklicherweise hatte niemand seine Schwäche bemerkt. Sonst hätten ihm die anderen vielleicht ein freies Tor verweigert. Das konnte er nicht riskieren, denn jetzt, so kurz vor den Toren, war wieder alles möglich und Tians Misstrauen gegenüber den anderen war knurrend erwacht. Wahrscheinlich hielten sie ihn für einen Schwächling, der es nicht verdient hatte zu überleben. Wenn er jetzt um Hilfe bat, würde er sich als erstes Opfer präsentieren. Nein, er musste die Zähne zusammenbeißen und irgendwie über diese verdammte Schlucht kommen. Jeb und León hatten versprochen, dass niemand durch die Tore ging, bevor nicht alle auf der anderen Seite waren. Er hatte eine Chance! An diesem kläglichen Gedanken klammerte er sich fest.
    Tian betrachtete Jeb aus dem Augenwinkel. Er bewunderte ihn dafür, Jenna bis hierher gebracht zu haben. Jeb selber hatte kein Wort darüber verloren, als

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