Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition)
nicht richtig, aber ich glaube, ja.«
»Irgendetwas… ist… passiert«, stöhnte León.
»Sollen wir ihn hochziehen?«, ächzte Jeb.
»Nein. Er muss runter… das ist unsere einzige Chance.« Er umfasste das Seil, so fest es ging. »Immer drei lassen nach, zwei sichern das Seil. Los!«
Endlich ging es weiter. Nachdem er minutenlang in der Luft gehangen hatte, ließen ihn die anderen nun stetig hinab, mit bloßen Händen versuchte er, das Abseilen zu unterstützen, indem er immer wieder Abstand zwischen sich und den Fels brachte.
Bitte, León, seid vorsichtig, damit mein Fuß nicht herausrutscht. Bitte, bitte.
Düstere Felswände glitten vorüber. Er sah tiefe Spalten, lose Gesteinsbrocken. Es roch nach Staub, aber auch der Geruch von Moder und Feuchtigkeit lag darin, je tiefer er kam. Während er sich nach unten bewegte, waren seine Sinne bis aufs Äußerste geschärft. Er nahm jedes Knarzen des Seils war, fühlte, wie der Strick zu den Zehen seines Fußes wanderte. Er atmete flach, aus Angst, jede kleinste Bewegung könnte dafür sorgen, dass er endgültig aus der Schlaufe rutschte.
Schließlich wagte er es, den Kopf in den Nacken zu legen und nach unten zu schauen.
Ja. Der Boden kam näher. Vielleicht noch zehn Meter, dann hatte er es geschafft. Schon konnte er die Felsen sehen, die den Grund der Schlucht bedeckten. Überall Geröll, kein Zeichen von dem Fluss, der sich hier einmal den Weg gebahnt haben musste. Nur zerklüftete Felsen so weit das Auge reichte. Viele hatten merkwürdige Formen, wirkten unnatürlich verdreht oder seltsam glatt geschliffen. Mischa wunderte sich darüber, aber dafür war jetzt keine Zeit.
Immer näher kam der Boden.
Mischa erkannte mit Schrecken, dass es immer schneller abwärtsging. Die staubigen Felsen bewegten sich zu rasch auf ihn zu. Wenn León, Jeb und Tian nicht langsamer machten, würde er sich nicht abfangen können und mit dem Kopf voraus auf dem harten Felsboden landen.
Wieder begann er zu rufen, aber niemand schien ihn zu hören.
Noch sieben Meter.
Sechs.
Fünf.
Vier.
Drei Meter. Mischa begann, wie wild mit den Füßen zu zappeln, um aus der Schlinge zu kommen. Die ganze Zeit drohte er, herauszurutschen und zu Tode zu stürzen, und nun wollte der Fuß nicht aus der Schlinge kommen. Wenn er sich daraus befreien könnte, dann könnte er den Aufprall abfedern und sich abrollen.
Zwei.
Ein Meter. Mischa zog die Schultern hoch und versuchte, seinen Kopf mit den Händen zu schützen.
Er schlug mit großer Wucht auf den Felsen auf. Eine spitze Kante bohrte sich in seinen Rücken. Die Wucht des Aufpralls verschlug ihm für einen Moment den Atem. Auch sein Kopf prallte hart auf einen Stein. Neben ihm fiel noch mehr Seil zu Boden. Seine Hände waren verschrammt, und als er sie von seinem Hinterkopf nahm, sah er Blut. Doch nicht nur sein Kopf schmerzte, es fühlte sich vielmehr so an, als ob er sich jeden Knochen im Leib gebrochen hatte. Jeder Atemzug tat ihm weh und er konnte nur noch keuchen.
Mühsam richtete er den Oberkörper auf und begann, sich abzutasten. Seine Hände schmerzten, als hätte sie jemand durch einen Fleischwolf gedreht, aber immerhin glaubte er, sich keine Knochen gebrochen zu haben. Die Rippen auf seiner linken Seite waren scheinbar geprellt, aber damit konnte er leben. So wie es aussah, hatte er noch einmal Glück gehabt. Als er versuchte, auf die Füße zu kommen, durchzuckte ein rasender Schmerz seinen Körper. Er probierte es erneut. Schließlich stand er schwankend auf den Beinen und konnte zum ersten Mal richtig durchatmen. Zuerst tat es höllisch weh, aber dann wurde es erträglich.
Mischa blickte zu der gegenüberliegenden Felswand, die er erklimmen musste. Geradezu einschüchternd ragte der steile Fels vor ihm auf, der Himmel war kaum zu erkennen, was aber wahrscheinlich an den dunklen Wolken lag, die direkt darüber hingen. Er wusste, er hatte keine Zeit, über seine Blessuren zu jammern. Er würde nicht aufgeben.
Niemals.
Kathy hatte sich von den anderen zurückgezogen. In ihrem Kopf hämmerte es und die Augen begannen zu tränen. Sie wusste, dass nicht nur die verdammte Hitze daran schuld war. Sie war wütend. Wilde Gefühle tobten in ihr. Mal war es Hoffnung, mal war es Verzweiflung, aber immer war alles untermalt von Zorn. Blutroter Zorn, der vor ihren Augen tanzte.
Dort drüben waren die Tore. Und sie schienen zu ihr zu sprechen.
Schau, Kathy, wie wir leuchten. Hör, wie wir nach dir rufen. Du wirst durch uns
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