Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition)
machen, ohne dass uns der Lichtschein verrät. Einer von uns bleibt hier oben im Erdgeschoss und bewacht die Tür. Die Wache wird mehrfach abgelöst, sodass jeder ausreichend Schlaf bekommt.«
Jeb reichte Mischa seinen Rucksack. »Während ihr nach Brennmaterial sucht, gehe ich hinaus, um unsere Spuren zu verwischen.«
37.
Etwas später saßen alle, bis auf León, der die erste Wache übernommen hatte, um ein kleines Feuer herum, das sie aus den Resten von alten Holzmöbeln, herumliegendem Karton und Papier entzündet hatten. Der flackernde Schein der Flammen warf geisterhafte Schatten auf ihre Gesichter. Jeb sah den anderen an, dass sie sich unwohl fühlten.
»Na, wenigstens ist es einigermaßen warm«, meinte Mischa. Keiner antwortete ihm und so kaute er stumm auf seinem Trockenfleisch herum. Jenna teilte ihr Essen mit Mary, die in ihrer Not alles an den Hund verfüttert hatte. Es war wenig, aber es füllte die knurrenden Mägen. Die Rucksäcke hatten keine neuen Waffen, Materialien oder Hinweise enthalten.
Jeb war in düstere Gedanken verfallen. Aus einer trostlosen Welt in die nächste geworfen, waren sie erneut dazu verdammt, um ihr Leben zu kämpfen. Jennas Fuß schmerzte noch immer und Mischa zuckte bei jeder Bewegung kaum merklich zusammen.
Wahrscheinlich hat er sich doch eine Rippe gebrochen.
Er zollte Mischa tiefen Respekt vor dem, was er in der Schlucht für alle geleistet hatte. Für alle bis auf Tian. Jeb ahnte, dass die anderen nicht über Tians Tod sprechen wollten oder konnten. Sein Tod war die Bestätigung, dass das hier kein Traum war. Dass sie nicht einfach aufwachen würden.
Wir waren sieben, jetzt sind wir nur noch sechs. Wer wird der Nächste sein?
Aber diese Gedanken waren sinnlos, Energieverschwendung. So vieles konnte geschehen, bis sie die Tore erreichten. Aber dass es in dieser Welt Menschen gab, die feindselig waren, steigerte ihre Überlebenschancen nicht gerade.
Plötzlich spürte er, wie Jenna dichter an ihn heranrutschte. Die Berührung jagte ein Kribbeln durch seinen Körper.
»Wie geht es dir und deinem Fuß?«, fragte er leise.
»Ganz gut. Ich bin nur so unendlich müde.«
»Kann ich gut verstehen.« Er schaute über das Feuer hinweg in die erschöpften Gesichter und sagte dann lauter: »Lasst uns schlafen gehen.« Das Rascheln der Schlafsäcke war Antwort genug. »Mischa, du löst León später ab. Und nach deiner Wache weckst du mich, damit ich übernehmen kann.«
»Alles klar.«
Jeb wollte sich gerade einen Schlafplatz suchen, als er Jennas Blick auffing.
»Kann ich bei dir schlafen?«, fragte sie leise.
Jeb musste unwillkürlich lächeln, dann nickte er.
In einer Ecke hatte sie bereits Kartons ausgelegt. Darauf rollten sie jetzt ihre Schlafsäcke aus. Sie kroch sofort hinein, Jeb legte sich daneben, drehte ihr aber den Rücken zu. Trotzdem, sie waren sich nahe. So nahe. Er konnte Jennas Atem spüren, der sanft über seinen Nacken strich.
Wenn ich mich jetzt umdrehe, meine Hand nach ihr ausstrecke…
Er wagte nicht, den Gedanken zu verfolgen. Seit der Rast im Wald, als sie sich beinahe geküsst hätten, war viel geschehen. Jeb verfluchte sich stumm für seine Mutlosigkeit, aber er brachte es einfach nicht fertig, den ersten Schritt zu tun. Zu groß war seine Angst vor Zurückweisung, vor der Hoffnungslosigkeit gegenüber dem, was er für Jenna empfand. Und so lag er in der Dunkelheit, dicht neben dem Mädchen, für das er bereit war zu sterben und sich doch eine Zukunft für sie beide wünschte, und wagte kaum zu atmen.
Jenna sah den schwachen Lichtschein über Jebs Rücken tanzen. Hatte sie sich ihm zu sehr aufgedrängt, wich er deshalb jetzt vor ihr zurück? Es schien, als würde er für jeden Schritt, den sie aufeinander zukamen, zwei Schritte zurückmachen.
Im Wald hatte sie sich an ihn gekuschelt, aber nichts war geschehen. Damals hatte sie es auf seine Erschöpfung geschoben, aber nun fragte sich Jenna, ob er überhaupt etwas für sie empfand. Und dabei war sie sich so sicher gewesen, dass da etwas war. Die Verzweiflung darüber, sie nicht zurücklassen zu wollen, hatte sie glauben lassen, dass Jeb ihre Gefühle für ihn erwiderte. Und sie war sich nun schon seit Längerem im Klaren darüber, was ihr Jeb bedeutete. Nun musste sie sich eingestehen, dass sie vielleicht vorschnelle Schlüsse gezogen hatte, vor lauter Hoffnung, dass er tatsächlich etwas für sie empfinden könnte. Sicher, Jeb war ihr hier ein Freund und er würde sie beschützen, aber sie
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