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Das Labyrinth von Ragusa: Roman (German Edition)

Das Labyrinth von Ragusa: Roman (German Edition)

Titel: Das Labyrinth von Ragusa: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Becher. »Was ist schon gewöhnlich in diesen Tagen? Da wir – Venedig, meine ich – Schiffe rüsten, gegen die Türken, um sie dem Kaiser zu unterstellen, dessen Admiral Andrea Doria aus Genua kommt, der Stadt unserer guten alten Feinde ... Soll ich mich da über merkwürdige Reisegefährten wundern?«
    »Ich weiß nicht, ob du es sollst, aber du tust es.«
    »Ach, tue ich das?«
    Ich klopfte ihm auf die Schulter. »Wenn es dich nicht bekümmerte, wüßtest du es nicht.«
    »Ich könnte es auch zufällig gehört haben.«
    »Dann hättest du es dir nicht gemerkt.«

    In den nächsten Monaten herrschte in der Stadt und der Umgebung eine gewisse Unruhe. Man rüstete zu einem nicht erklärten Krieg, der vielleicht in der Ferne, vielleicht in der Nähe stattfinden würde – wahrscheinlich zu Wasser, vielleicht auch auf dem Land. Wenn man mehr gewußt hätte, wäre die Unruhe vielleicht geringer gewesen.
    Venedig, hieß es, würde etwa fünfzig Galeeren stellen, ein gewaltiges Aufgebot; dazu kämen Versorgungsboote, Frachter, Verbindungsschiffe. Die Spanier, der Papst, die Johanniter, die eine oder andere Stadt ... wahrscheinlich würden es an die hundertfünfzig Galeeren und noch einmal so viele kleinere Schiffe werden. Und Kanonen und Pulver und Kugeln. Und Soldaten – mehr Soldaten, schien es, als für die Schiffskämpfe benötigt wurden.
    Ich nahm an – nehme noch heute an –, daß die Zuständigen mehr wußten, aber ausnahmsweise gelang es ihnen, die Rinnen zu verstopfen, aus denen gewöhnlich solches Wissen, durch Mutmaßungen verdünnt und mit den Abwässern der Gerüchte vermischt, zu uns Sterblichen hinabrieselt. Wir haben zu bezahlen und zu kämpfen, wenn nötig zu sterben; angeblich kann man dies besser, wenn man nicht von nutzlosem Wissen belastet ist.
    Der Mangel an Kenntnissen führt jedoch unweigerlich zu wüsten Phantasien; und wie sich im Umgang mit den Herrschenden gezeigt hat, sind die wildesten und dümmsten Annahmen meistens entweder zutreffend oder gar noch zu harmlos. Im Sommer 1538 hörte ich (und dies wurde von den Klügsten mit Nachdruck verworfen), der Kaiser als Haupt der Heiligen Liga beziehungsweise Teil des Doppelhaupts, diesmal verwachsen mit dem Papst, habe keineswegs die Absicht, die Bedrohung der Küsten Italiens und Siziliens zu beenden oder gar Venedig zu helfen – o nein, er wolle mit einem gewaltigen Sieg die Osmanen ganz ins östliche Mittelmeer zurückdrängen und überdies Landtruppen auf den Balkan schicken, um all jene Lande, die früher einmal zum Imperium Romanum gehört hatten und nun türkisch waren, wieder dem Reich einzugliedern. Ein Kriegszug bis nach Konstantinopel.
    Inzwischen wissen wir, daß dies tatsächlich seine Absicht war. Selbst wenn der Volkskopf betrunken ist, kann der Volksmund nicht so irrsinnig plappern, daß es die mit angeblich kühler Vernunft ausgeheckten Pläne der Herrscher an Wahn überträfe.
    Aber, wie gesagt, das wußten wir nicht. Wir sahen, wie Schiffe gebaut, wie alte Schiffe überholt und neu ausgerüstet wurden; wir hörten überall im Hinterland die Trommeln der Werber; wir betrachteten die erstaunlichen Mengen spanischer, lombardischer und burgundischer Soldaten, die zu venezianischen und anderen nahen Häfen marschierten, um dort an Bord von Lastschiffen zu gehen – und so oft es möglich war, verließen wir Venedig und sogar Mestre, um Zuflucht in den ruhigeren Bergen zu suchen.
    Das war jedoch nicht immer möglich; manchmal muß man sich um die Geschäfte kümmern. Anfang Juli waren wir wieder in Venedig, konnten aber nach ein paar Tagen die Druckerei und alle Aufträge dem neuen Meister Angelo überlassen und uns nach Mestre begeben. Auch mit Hilfe hochgestellter Freunde und Rechtsgelehrter war es uns nicht gelungen, von den zuständigen Magistraten die Erlaubnis zum Druck der neuesten Stücke von Angelo Beolco zu erhalten. Schon wegen des gleichen Vornamens hatte Angelo sich ebenso darum bemüht wie Laura und ich. Aber sie seien, hieß es, nicht zur Veröffentlichung auf Papier geeignet.
    »Haben die das irgendwie begründet?«
    Laura rührte in ihrem Kräuteraufguß. »Derb und obszön«, sagte sie. »Einem gebildeten Publikum nicht zuzumuten, nur für das derbe, obszöne Volk. Also für Leute, von denen die meisten nicht lesen können. Wenn es aber nur für Leute ist, die nicht lesen, wozu dann drucken? So ähnlich.«
    Es war ein frischer, windiger Tag; der Sommer schien eine gründliche Pause machen zu wollen. Immerhin

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