Das Laecheln Deines Moerders
war, hatte Nora Lutz leider auch kein bisschen Stil. Ganz im Gegenteil zu Rudys Lehrerin. Nicht, dass
Miss
Marshall Stil bewiesen hätte – das Kostüm war entsetzlich prüde gewesen –, aber bei diesem Körper würde man glatt ein Auge zudrücken.
Dummerweise hatte sie nicht nur eine erstklassige Figur, sondern auch Mumm in den Knochen.
Victor verabscheute Frauen mit Mumm in den Knochen. Zivilcourage, Köpfchen – zwei Eigenschaften, die Frauen nur von ihrem wahren Daseinszweck auf dieser Erde abhielten: Sex und Dienstbarkeit. Und zwar in dieser Reihenfolge. Er musterte Nora verächtlich. Sie war auf beiden Gebieten eine Niete.
»Natürlich haben sie verloren.«
Dumme Kuh.
»Rudy hat das ganze Spiel über auf der Bank gesessen.« Er trank den Rest Wodka aus dem Glas und ging über den Aubusson-Teppich, um sich nachzuschenken.
Nora schürzte die Lippen, wodurch die Falten um den Mund noch tiefer wurden. »Ich dachte, du wolltest dich vor dem Spiel um die Sache kümmern. Hattest du nicht vor, mit dem Direktor zu reden? Daddy wird nicht besonders erfreut sein. Er hat an einigen Fäden ziehen müssen, damit der Talentsucher kommt.«
Er hasste diesen Herrin-des-Hauses-Tonfall. Den hatte sie natürlich von
Daddy,
diesem stinkreichen Bastard, gelernt.
Mit einem Zug leerte er das Glas zur Hälfte. Dieser stinkreiche Bastard, von dessen Geld der Aubusson-Teppich unter seinen Füßen, das Dach über seinem Kopf und die Firma, mit der er seinen Lebensunterhalt verdiente, gekauft worden war. Von dessen Geld Victor den Hundert-Dollar-Wodka bezahlte, mit dem er sich die Ehe mit der verbrauchten, weinerlichen, hässlichen Tochter dieses stinkreichen Bastards erträglich trank.
Gelobt war Gott für all die Huren und Mätressen, konnte er da nur sagen. Natürlich nicht laut.
Daddy
hätte das gar nicht gefallen. Zum Glück bekam
Daddy
so gut wie gar nichts mit.
Nora verschränkte die Arme über ihrer dürren Brust und lehnte sich an die Wand. Ihre ganze Haltung drückte Überlegenheit aus, die, wie sie ihm nur allzu gerne in Erinnerung rief, angeboren und nicht gekauft war. Früher war ihr dichtes schwarzes Haar, das damals ihr einziges erwähnenswertes Qualitätsmerkmal gewesen war, beinahe mit der dunklen Walnussholz-Täfelung seines Arbeitszimmers verschmolzen. Aber ihre Haare wurden grau, und sie dachte nicht daran, etwas dagegen zu unternehmen. Wie
Daddy
zog sie es vor, in Hässlichkeit zu altern und zu verschrumpeln. »Das dachte ich mir«, bemerkte sie nun sarkastisch. »Der mächtige Geschäftsmann zeigt dem dummen, dummen Schuldirektor, wo es langgeht.« Sie schüttelte den Kopf. »Du bestehst nur aus heißer Luft, Victor. Du machst mich krank.«
»Dann sind wir uns ja einig«, murmelte er in sein Glas.
»Was war das?«
Victor schaute auf und starrte ihr schweigend in die Augen, bis sie erbleichte. Es gab verschiedene Möglichkeiten, mit Nora umzugehen, wenn sie aufmüpfiger wurde, als gut für sie war. Er musste selten eine seiner Drohungen wahr machen. Normalerweise machte sie einen Rückzieher, bevor er wütend genug war, um die Hand gegen sie zu erheben. Auch wenn die Befriedigung, sie eingeschüchtert und kleinlaut zu erleben, die Mühe jedes Mal wert war. Nach dem ersten Mal vor vielen Jahren hatte er darauf gewartet, dass
Daddy
irgendwelche Typen auf ihn hetzen würde, die ihn in die ewigen Jagdgründe beförderten, aber diese Typen kamen nicht. Damals nicht und danach auch nicht. Victor konnte nur annehmen, dass es Dinge gab, die nicht einmal Nora ihrem Vater erzählte. Er räusperte sich.
»Ich sagte, dann sind wir uns ja einig. Im Übrigen war ich heute bei diesem Direktor. Und wenn dein Sohn nicht so ein gottverdammter Idiot gewesen wäre, dann hätte er heute Nachmittag auch wieder spielen können.«
»Was soll das heißen?« Noras Stimme klang längst nicht mehr so angriffslustig wie zuvor.
»Das soll heißen, dass dein dämlicher Sohn sich mit der falschen Lehrerin angelegt hat. Er hat eine Arbeit abgegeben, auf der nur sein Name stand – nichts weiter. Diese Tatsache und sein selbstgefälliges Grinsen hat die Frau auf die Barrikaden gehen lassen. Ich habe dem Direktor eine Frist von einer Woche gesetzt.«
»Und wenn er nichts unternimmt?«
»Dann entziehen wir Blackmans Stadionprojekt
Daddys
Un
terstützung.«
Nora strich sich das Haar aus dem Gesicht, eine ihrer vielen nervösen Gesten. Er kannte sie alle. Und jede einzelne machte ihn wahnsinnig. »Nicht jeder lässt sich durch Geld
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