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Das Laecheln Deines Moerders

Das Laecheln Deines Moerders

Titel: Das Laecheln Deines Moerders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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beeinflussen, Victor.«
    Victor leerte sein Glas. Nicht jeder lässt sich durch Geld beeinflussen – ha! Nur eine Person, der von Geburt an alles in den Hintern geschoben worden war, konnte einen solchen Satz von sich geben. »Oh, und ob. Aber nicht jeder kennt sich selbst so gut, um es sich einzugestehen.«

Freitag, 30. September, 23.55 Uhr
    Die alte Türklinke der Kirchentür fühlte sich an Stevens verschwitzter Hand kühl an. Solche Türgriffe stellte man heutzutage nicht mehr her und solche Türen auch nicht, dachte Steven. Die Nachtluft kühlte sein erhitztes Gesicht. Tür und Kirche waren Baujahr 1923. Er war nicht sicher, wie lange er schon hier stand und eine Entscheidung zu treffen versuchte; sollte er hineingehen oder endlich nach Hause fahren?
    Die Stunden, die er im Büro mit dem Papierkram verbracht hatte, hatten seinen Kopf nicht freigemacht, sondern nur seine nagenden Sorgen für einige Zeit verdrängt. Schließlich war er ins Auto gestiegen und ziellos durch die Gegend gefahren, bis er sich plötzlich vor der alten Kirche wiedergefunden hatte. Wirklich überrascht war er allerdings nicht.
    Die alte Kirche. In ihrer Gemeinde war er aufgewachsen, Messdiener gewesen, gefirmt worden. Hatte seine erste Kommunion erhalten und eine Weile mit dem Gedanken gespielt, selbst Priester zu werden. Seine Hand packte den Türgriff fester. Doch dann war alles anders gekommen. Sein Leben hatte eine scharfe Wendung genommen, und das nach nur einer einzigen Nacht der … Ja, wie sollte er es im Rückblick nennen? Leidenschaft wohl kaum. Sie waren siebzehn gewesen, als es auf dem Rücksitz eines Autos passiert war. Was war es gewesen? Ein Experiment? Ganz sicher. Dummheit? In vieler Hinsicht auch das. Melissa war, wie sich im Nachhinein herausgestellt hatte, die größte Dummheit seines Lebens gewesen. Brad dagegen … Er würde niemals die Zeugung seines ersten Sohnes bereuen, egal wie unverständlich sich der Junge im Moment verhielt.
    Durch jene Nacht auf dem Autositz hatte sich die Richtung, die er im Leben hatte einschlagen wollen, radikal verändert. Eine Karriere als Geistlicher kam nun nicht mehr in Frage, was seiner Mutter das Herz gebrochen hatte. Ihr Kummer war jedoch verschwunden, als sie ihren ersten Enkel im Arm gehalten hatte. Steven war aufs College gegangen und Polizist geworden. Er und Melissa hatten zwei weitere wunderschöne Jungen bekommen. Sie waren eine gewisse Weile eine glückliche Familie gewesen. Vielleicht war Melissa sogar persönlich glücklich gewesen … eine gewisse Weile zumindest.
    Und sieh dich jetzt nur an,
dachte er. Steile Karriere. Katastrophale Ehe. Unglückliche Kinder. Ein einsamer Witwer. Einsam und … verängstigt.
    Nein. »Verängstigt« war als Ausdruck zu schwach. Er war entsetzt und voller Furcht. Er hatte die Familie zusammengehalten, seit Melissa gestorben war, aber nun fiel sie auseinander, und er hatte keine Ahnung, was er dagegen unternehmen sollte. Der alberne Schwur, die Lüge, die er Tante Helen am Abend erzählt hatte, zu beichten, hatte ihm zugesetzt und eine Welle an Erinnerungen freigesetzt. In dieser Kirche hatte er immer Frieden gefunden, schon als er noch Kind gewesen war.
    Wann hatte er sie das letzte Mal besucht?
    Es war keine bewusste Entscheidung gewesen, kein besonderer Moment. Der Abstand zwischen ihm und seinem Glauben hatte sich einfach immer weiter vergrößert. Zunächst hatte er noch Woche für Woche in der Bank gesessen und den strafenden Blick des Priesters ertragen, der ihn dafür verdammte, was er getan hatte. Und Woche für Woche hatte ihn das Schuldgefühl geplagt, obwohl er wusste, dass er sich nicht ändern konnte. Steven war Steven, und es würde noch mehr Sünden geben. Und so war er immer seltener in die Kirche gegangen, hatte sich immer seltener bei der Messe sehen lassen. Irgendwann hatte er ganz damit aufgehört.
    Und nun stand er hier und konnte sich nicht entscheiden. »Geh rein, Thatcher«, befahl er sich heiser. »Oder fahr endlich nach Hause.«
    Gott allein wusste, dass er nicht eintreten wollte. Das Dumme war nur, dass er auch nicht nach Hause fahren wollte.
    Schließlich zog er die schwere Tür auf und schlüpfte hinein. Er hatte gewusst, dass sie offen sein würde. So war es immer gewesen. Er zögerte einen Moment, bevor er zum Altar ging. Und er zögerte noch länger, bevor er sich auf die Knie herabließ. Und sich bekreuzigte.
    Und sein Herz öffnete.
    Er wusste nicht, wie lange er, in sich selbst versunken, dort

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