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Das Laecheln der Chimaere

Das Laecheln der Chimaere

Titel: Das Laecheln der Chimaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stepanowa
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nicht alles war verstummt. Da war sie – die allerletzte Posaune.
    »Ja, ich hö. . .«
    »Gleb, komm bitte zu mir herauf.«
    Der Chef. Der Kapitän. Er war noch an Bord. Und er war nicht betrunken.
    Schwankend trat Kitajew ins Vestibül. Draußen herrschte graue, trübe Dämmerung. Es war schon Morgen. Er schaute auf seine Uhr – fast neun. Unbemerkt war die Nacht zu Ende gegangen.
    Im leeren, hallenden Vestibül saß eine Frau auf dem Rand des Springbrunnens, eine Frau in einem langen Pelzmantel aus Silberfuchs. Das Haar fiel ihr in schwarzen Wellen über die Schultern. Auf dem Marmorfußboden neben ihr lag ein zerbrochenes Mobiltelefon. Es war hingefallen oder vielleicht auch absichtlich auf die Steinplatten geworfen worden.
    »Sie sind noch hier, Gleb? Sagen Sie ihm, ich bin gekommen, ich will ihn sehen! Ich muss ihn sehen! Ich will ihm doch nur helfen.«
    Kitajew bückte sich schweigend, hob das zerbrochene Handy auf, wog es kurz auf der Hand und warf es dann in den Springbrunnen. Zum Teufel damit. . .
    Er fand Saljutow im Büro hinter seinem Schreibtisch sitzend. Der Vorhang vor dem Fenster mit der beschädigten Scheibe war fest zugezogen. Trotzdem herrschte im Raum klirrende Kälte. Aber Saljutow schien die eisigen Temperaturen gar nicht zu bemerken. Eine Flasche stand nicht auf dem Tisch. Insgeheim musste Kitajew grinsen: Bravo, Kapitän, du hältst dich tapfer.
    »Hat mein Sohn angerufen?«, fragte Saljutow.
    »Nein. Aber unten sitzt Marina. Warum haben Sie ihr nicht. . .«
    »Woher hat sie es erfahren?«, unterbrach ihn Saljutow.
    »Vermutlich hat jemand bei ihr angerufen und es ihr erzählt.«
    »Wer?«
    »Ich. Und es gibt noch etwas, was ich Ihnen nicht gesagt habe: Gestern Vormittag hat Egle mich hier im Kasino angerufen und gefragt, wann Sie kommen würden. Ich habe ihr gesagt, um drei. Sodass . . .«
    »Richte ihr aus – Marina meine ich – , sie soll wieder nach Hause fahren.«
    »Ja, aber. . .«
    »Ich will niemanden sehen.«
    »Ist das alles, was Sie mir sagen wollten?«
    »Ja. Du kannst auch nach Hause fahren. Du siehst schlecht aus. Ruh dich aus. Und danke für alles, Gleb.«
    Kitajew zuckte die Schultern und ging hinaus. Die Tür schlug hinter ihm zu, und der Schlüssel wurde im Schloss gedreht. Kitajew stieg nicht wieder hinunter ins Vestibül, sondern ging in den Wintergarten. Das trübe Licht der winterlichen Morgendämmerung sickerte durch die Panoramafenster. Kitajew seufzte, knöpfte sich die Hose auf und urinierte in den Philodendronkübel.
    Im Büro erhob sich Saljutow von seinem Schreibtisch, nahm den an der Wand hängenden Stich mit einer Ansicht Dresdens herunter, wählte den Code und öffnete die Stahltür des eingebauten Safes. Im Inneren lagen dicke Päckchen grüner Banknoten. Aber er nahm nicht das Geld heraus, sondern etwas anderes: eine Pistole vom Typ Makarow ohne Registriernummer. Als die Miliz alle lizenzierten Waffen des Sicherheitsdienstes überprüft hatte, lag diese Pistole unbehelligt im Safe hinter der Ansicht von Dresden. Im Ladestreifen steckten nur noch drei Patronen. Aber das würde reichen. Vollauf.
    Der dunkelblaue BMW war zum Revier in Skarabejewka gebracht worden, wo Kolossow, Bindjushny, Gennadi Obuchow und der Experte der Spurensicherung noch einmal genauestens das Wageninnere und die Spuren des Bruchs untersuchten. Geschosshülsen fanden sich im Wagen nicht. Dafür gab es etliche Fingerabdrücke. Sie abzunehmen und zu überprüfen würde einige Zeit in Anspruch nehmen. Obuchow wartete die Untersuchungsergebnisse nicht ab, nahm die Fingerabdruckkarten mit, bat darum, ihn anzurufen und fuhr zurück in seine Abteilung. Er war finster und wenig gesprächig.
    Die Untersuchung ergab, dass die Fingerabdrücke im Wageninneren von Shanna Basmanjuk und einer weiteren, vorläufig nicht identifizierten Person stammten. Auf der zerbrochenen Scheibe, den Türen und den Zündkabeln konnte man keine Abdrücke entdecken. Das war nach Meinung des Experten sehr seltsam. Die daktyloskopischen Daten zu allen Abdrücken, die man am Tag der Ermordung Teterins den Gästen und den Angestellten des Kasinos abgenommen hatte, lagen bereits vor. Man verglich sie mit den Abdrücken aus dem Inneren des BMW.
    »Diese Fingerabdrücke stammen von keiner der von uns am fünften Januar überprüften Personen«, teilte der Experte mit. »Und wir haben hier die Daten von fünfundsiebzig Personen. Es ist allerdings möglich, dass es jemandem gelungen ist, der Kontrolle zu entgehen. Oder diese

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