Das Laecheln der Chimaere
Duplikat der Schlüssel? Vielleicht sind Sie ja deshalb sofort ins Kasino gefahren, um sich zu überzeugen . . .«
Er kam nicht dazu, den Satz zu beenden. An die Bürotür wurde mit kräftigen Faustschlägen getrommelt, und Bindjushny erschien. Er sah aus, als habe er gerade einen Marathonlauf hinter sich. Die Nachricht, die er Kolossow ins Ohr flüsterte, war eine weitere Überraschung.
»Der Wagen ist gefunden worden«, teilte er mit. »Er steht an der Abfahrt von der Rubljowskoje-Chaussee zur Moskwa an Kilometerstein 15 und weist die typischen Merkmale eines Autodiebstahls auf: Die Alarmanlage ist abgeklemmt, die Beifahrertür aufgebrochen. Die Scheibe wurde eingeschlagen und die Zündkabel sind herausgerissen. Du siehst, Schlüssel oder Schlüsselduplikate wurden gar nicht benötigt. Vorausgesetzt natürlich, es handelt sich nicht um eine absichtlich gelegte falsche Fährte . . . Wir haben ja von ihr«, er wies mit einer raschen Kopfbewegung auf Shanna, die verstummt war und sich vergeblich bemühte zu verstehen, was sie an der Tür miteinander zu flüstern hatten, »die Fingerabdrücke. Ich will jetzt dorthin. Fährst du mit?«
› Ja, ich führe nur noch das Verhör zu Ende.« Kolossow öffnete die Tür und erblickte Katja im Flur. Sie stand in der Tür zum Wartezimmer und unterhielt sich mit. . . Gasarow. Verdammt, diesen Spieler hätte er um ein Haar vergessen!
»Wart hier mal einen Moment auf mich.« Kolossow schob Bindjushny ins Büro, trat in den Flur hinaus und schloss die Tür fest hinter sich.
Als Katja ihn sah, eilte sie ihm entgegen.
»Nikita, ich weiß schon alles. Gestern hab ich dich nicht erreichen können. Aber ich muss unbedingt mit dir sprechen.«
»Entschuldige, gleich.« Kolossow trat ganz dicht an Gasarow heran. »Warum ist Egle ins Kasino gefahren?«
Gasarow schwieg verwirrt.
»Hast du etwa schon vergessen, wer dich aus dem Knast geholt hat?«, fragte Kolossow.
Gasarow schaute ihn an, brachte aber immer noch kein Wort heraus.
»Also, nun hör mir mal zu.« Nikita mäßigte seinen schärfen Ton. »Ich bitte dich um eine wichtige Auskunft. Jemand ist ihr gefolgt, direkt von ihrer Wohnung aus . . . Warum ist sie ins Kasino gefahren? Wozu?«
»Sie wollte Geld holen«, sagte Gasarow leise.
»Was für Geld?«
»Für uns beide. Ich war ja völlig blank, als ich aus dem Knast kam. Und zu Hause war auch alles wie leergefegt. Ich hab versucht, mir Geld zu leihen«, Gasarow blickte Kolossow an, »hab einen Bekannten angerufen und ihn gebeten, mir zu helfen – aber er hat mich eiskalt abblitzen lassen.«
»Wen hast du angerufen?«
»Den Legionär.«
»Letztes Mal hast du doch gesagt, du kennst ihn kaum.«
»Tja, ich . . . ich kenne ihn wirklich nicht gut. . . Aber ein paarmal hat er mir finanziell aus der Klemme geholfen. Na, und da dachte ich . . . Aber er sagt, tut mir Leid, ich hab kein Geld. Ich hab gesagt, vielleicht kannst du Lipa mal fragen. Philipp. Da sagt er mir nur grinsend: Was hat der denn schon? Da fragst du besser gleich den Herzkönig persönlich – er meinte damit Saljutow. Schick ihm doch mal deine Freundin. Der wird er jetzt bestimmt nichts abschlagen – im Gegenteil, er wird froh sein, sich von Vitas’ Tod loskaufen zu können.«
»Wann genau haben Sie ihn angerufen? Und wo, unter welcher Telefonnummer?«
»Gestern Vormittag, ungefähr um zehn. Ich habe Philipps Handynummer angerufen.«
»Wie meinen Sie? Das verstehe ich nicht.«
»Philipps Handy ist immer beim Legionär. Philipp selbst beantwortet keine Telefonanrufe. Der Legionär ist sozusagen sein Anrufbeantworter.«
»Weshalb geht er denn nicht ans Telefon? Wie seltsam!« Katja, die kein Wort dieses improvisierten Verhörs verpasst hatte, zuckte erstaunt die Achseln.
»Was weiß ich? Er geht eben nicht ran, hat keine Lust. Der Legionär sagt ihm, wer dran ist, und wenn Philipp dann möchte, übernimmt er das Gespräch. Unser kleiner Boss Lipa, so ist er eben . . .«
»Und dann haben Sie Egle gebeten, zu Saljutow ins Kasino zu fahren und ihn um Geld zu bitten?«, fragte Katja.
»Ich habe sie nicht gebeten! So tief ich bin ich noch nicht gesunken! Sie selber hat alles mitgehört, unser ganzes Gespräch, und dann im Kasino angerufen und gefragt, wann ungefähr man dort Saljutow erwartet.«
»Wen hat sie angerufen? Mit wem hat sie gesprochen?«, unterbrach Kolossow ihn rasch.
»Ich weiß nicht, ich glaube, mit einem von der Security. Mit diesem Uhu vermutlich . . .«
»Mit wem?«
»Kitajew.«
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