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Das Laecheln der Chimaere

Das Laecheln der Chimaere

Titel: Das Laecheln der Chimaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stepanowa
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gestolpert. Im Grunde liebte der Legionär nämlich das Melodrama. Und trotz all seiner ungestümen Proteste – »nein, nein, niemals« – inszenierte er es in seinem Leben wieder und wieder.
    Es gibt Männer, dachte Philipp, die sind von Geburt an für ein melodramatisches Leben bestimmt. Es gibt auch Frauen, die ohne Melodramen nicht leben können. Wenn sich solche Menschen begegnen, sagt die Umwelt: Das ist Schicksal.
    Es tat ein bisschen weh, sich einzugestehen, dass der Legionär offenbar nicht ganz der Mensch war, der er auf den ersten Blick zu sein schien. Dass er so leicht seine scheinbar ein für allemal gefassten Beschlüsse und gegebenen Worte zurücknahm, sich so kampflos, so ohne Widerstand ergab und in ihren Händen, unter ihren erfahrenen, zärtlichen Berührungen, ihren Küssen wie Wachs dahinschmolz . . .
    Philipp fiel ein, wie Tante Polina ihm einmal vor langer Zeit, als er noch Student war und zum ersten Mal nicht zu Hause übernachtete, gesagt hatte, er müsse Frauen gegenüber etwas vorsichtiger sein. Denn eine verliebte Frau sei zu allem fähig. Eine verliebte Frau sei wie ein Panzer (genau dieses sonderbare Bild hatte die Tante benutzt), dem ein Mann, auch der selbstbewussteste, nichts entgegensetzen könne.
    »Ich will dich . . . Lieber . . . ich will dich so wahnsinnig . . . ich liebe dich . . .«
    Der Legionär nahm sie direkt im Stehen, noch halb bekleidet. Shanna umklammerte mit ihren Beinen seinen Körper, legte sich eng um ihn wie Efeu. Mit jedem Stoß seiner Hüften bog sie sich weiter zurück und umfasste dabei mit den Armen seinen Hals. Es sah aus, als würden sie gleich auf den Teppich fallen und als wolle sie unbedingt unter ihn zu liegen kommen, damit der Legionär sie mit dem ganzen Gewicht seines durchtrainierten, starken jungen Körpers bedeckte.
    Aber er hielt stand. Gemeinsam kamen sie zum Höhepunkt. Dann, ohne einander loszulassen, mit ineinander verschlungenen Armen, Beinen, Fingern und Lippen, fielen sie auf das Sofa.
    Philipp verließ seinen Posten hinter der Tür. Langsam schlenderte er in die Küche und setzte sich auf die schmale Eckbank, schaute zum dunklen Fenster hinaus auf die winterlichen Sterne über dem grünen, zeltförmigen Glockenturm der Kirche.
    Hinter der Wand hörte man Flüstern, das rhythmische Quietschen von Sprungfedern, einen leisen Aufschrei, Stöhnen . . .
    Philipp wühlte in den Tasche seiner Jeans und fand dort statt der gesuchten Zigaretten, die dort sowieso nie gesteckt hatten, eine zerknitterte Stange Erfrischungsbonbons.
    Er wollte noch einmal in Ruhe über alles, was er gesehen hatte, nachdenken. Auch darüber, wieso Shanna heute so spät abends bei ihnen aufgetaucht war. Offenbar hatte sie sich ein paar Tage freigenommen. Im Haus in der Mytnaja-Straße, in dem Zimmer mit der Eisentür, betrachtete niemand die Sterne am Himmel. Die Fenstervorhänge waren fest zugezogen. Nur eine kleine Stehlampe brannte.
    Egle Taurage – dieselbe, die Nikita Kolossow nur flüchtig hinter dem Rücken ihres erzürnten Bruders gesehen hatte und mit der er bislang noch kein Wort hatte wechseln können – war in dieser Nacht ebenfalls wach.
    Neben ihr auf dem Sofa schlief Gasarow. Er war erst nach Mitternacht aufgetaucht. Mit einem großen Strauß weißer Chrysanthemen, einer Tüte voller Lebensmittel und zwei Flaschen spanischem Wein.
    Blumen und Wein gab es immer dann, wenn Gasarow beim Kartenspiel etwas Geld gewonnen hatte oder wenn er sich mit Egle nach einem ihrer regelmäßig wiederkehrenden Zerwürfnisse versöhnen wollte.
    Diesmal war es eine Geste der Versöhnung. Sie hatten sich nicht gesehen und auch nicht miteinander telefoniert, seitdem im »Roten Mohn« der Mord geschehen war.
    Gasarow war damals sehr eifersüchtig gewesen . . .
    Egle stützte sich auf den Ellbogen, streckte den Arm aus und berührte seine Wange. Er schlief auf dem Rücken, nackt, vom Bettlaken nur notdürftig bedeckt. Sie hatten sich geliebt, und Egle spürte ihn noch in sich.
    Wie immer an solchen Tagen der Versöhnung, nach langen Tagen voller Kummer, Tränen, Kränkungen und Vorwürfe, nach Tagen beiderseitiger Unnachgiebigkeit und Stummheit, Einsamkeit und Leere, zog es sie mit einer so wilden, unbezwingbaren Macht zueinander, dass Egle in nüchterneren, ruhigeren Minuten darüber erschrak. Das Verlangen war so unüberwindlich und ungestüm wie in den ersten Tagen ihrer Beziehung vor zwei Jahren.
    Kennen gelernt hatten sie sich bei einer Party in einem Nachtklub, die von

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