Das Laecheln der Chimaere
warteten, auf welche Nummer die Kugel fallen würde.
Alle diese Geräusche waren so vertraut und gleichzeitig so erstaunlich, so bekannt und doch so neu. Schmeichelnd, irritierend und erregend . . .
»Waleri Wiktorowitsch, haben Sie einen Moment Zeit? Gerade kam ein Anruf! Für morgen sind Plätze bestellt worden, alles wie üblich. Wie sieht es mit dem Geld aus?«
Das war Gleb Kitajew, der das Büro betreten hatte, nicht ohne, wie immer, vorher höflich angeklopft zu haben.
»Ich habe mich mit der Bank verständigt. Morgen früh wird das Geld gebracht. Ruf wegen eines Wagens und zusätzlicher Sicherheitskräfte an«, antwortete Saljutow. »Also werden wir morgen wieder › full house ‹ haben?«
»Ja, nicht übel, wie?« Kitajew lächelte. »Ich habe unsere Abende schon vermisst, Waleri Wiktorowitsch.« Er rieb sich wie im Vorgefühl von etwas Angenehmem die Hände. »Und es gibt noch ein paar andere Neuigkeiten für Sie.«
»Welche?« Saljutow setzte sich in das Ledersofa in der Ecke seines Büros und bot Kitajew den Sessel gegenüber an.
»Ich habe gestern und heute früh zusammen mit Technikern unser Überwachungssystem kontrolliert«, sagte Kitajew. »Das Versagen der Kamera im Vestibül war ein Zufall. Hinter einem Wandpaneel hatte sich ein Kabel gelöst. Auch in Bezug auf den Garderobier habe ich alles überprüft. Zurzeit ist er krank geschrieben, der Arzt hat mir die Diagnose bestätigt: ein Magen-Darm-Virus. Er war schon an jenem Abend krank.«
»Und welchen Schluss ziehst du aus deinen Nachforschungen?«, fragte Saljutow.
»Es sind alles Zufälle. Niemand hat die Kamera absichtlich beschädigt. Da hatte der Täter einfach Glück. Vielleicht hat er auch vom Garderobier oder einem der Sicherheitsleute gehört, dass ein Teil des Vestibüls eine Zeit lang nicht überwacht wurde.«
»Deine Schlussfolgerung, Gleb.«
»Die ist einfach, Waleri Wiktorowitsch: Es ging überhaupt nicht um Teterin. Das Opfer hätte jeder beliebige andere sein können. Es war einfach der Ort, der sich gut für einen Schuss aus einer Pistole mit Schalldämpfer eignete.«
»Hast du jemanden in Verdacht?«, fragte Saljutow.
Kitajew schwieg einen Augenblick. Dann sagte er: »Ich habe eine ganz frische Information: Milowadse ist zur Generalstaatsanwaltschaft bestellt worden. Für morgen.«
»Gut«, sagte Saljutow. »Danke, Gleb.«
Kitajew wartete auf einen Kommentar zu seiner »frischen« Information, aber vergeblich.
»Also, ich gehe dann, ich bin unten in der Wachstube.« Er erhob sich.
»Sei so nett, rufe Philipp an. Sag ihm, ich bitte ihn, morgen Abend hierher zu kommen. Wenn es ihm passt.«
»Natürlich. Wissen Sie, ich habe selbst seit langem den Eindruck, dass Ihr Sohn sich mit Ihnen aussprechen will. Und dass es ihm Leid tut, aber . . . Schuld ist sein Charakter, der so stolz und widerspenstig ist. Da schlägt er übrigens ganz Ihnen nach, Waleri Wiktorowitsch.«
»Danke für das Kompliment, Gleb.«
»Übrigens hat Marina wieder angerufen. Sie wollte wissen, ob es Ihnen gut geht«, teilte Kitajew mit, als er schon die Türklinke in der Hand hielt. »Sie sagte, Pawlik hätte heute etwas erhöhte Temperatur gehabt.«
»Und wie geht es Walerik?«
»Der Kleine ist putzmunter. Um den Älteren muss man sich auch keine übertriebenen Sorgen machen: siebenunddreißig sieben. Marina sagte, sein Shetlandpony sei krank geworden und man hätte den Tierarzt rufen müssen. Der Junge ist einfach aufgeregt, hat Angst um seinen Liebling.«
»Hat Marina sonst noch etwas gesagt?«
»Sie fragte, wann Sie kommen. Ich habe geantwortet, dass . . . dass ich es nicht weiß.« Kitajew sah Saljutow an. Der betrachtete das Muster des Perserteppichs auf dem Boden. Dann blickte er auf.
»Egle hat sich nicht gemeldet«, sagte Kitajew rasch. »Weder gestern noch heute. Vitas ist fuchsteufelswild. Er meint, Gasarow sei wieder bei ihr.«
»Ruf meinen Sohn an«, sagte Saljutow leise. »Jetzt sofort.«
»Ich habe Vitas’ Telefonnummer diesem Major Kolossow gegeben, er hat einfach nicht locker gelassen. Und vielleicht ist es gar nicht mal schlecht, wenn er sich Vitas vorknöpft. Zumindest begreift er dann endlich, wo sein Platz ist. Der Bursche schlägt allmählich über die Stränge. Er nutzt es aus, dass seine Schwester . . . Sie lassen ihm viel zu viel durchgehen, Waleri Wiktorowitsch.«
»Du selber hast mir doch zugeredet, er könne uns hier nützlich sein.«
»Ja, das habe ich, und seine Aufgabe erfüllt er ja auch. Aber er ist
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