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Das Laecheln der Chimaere

Das Laecheln der Chimaere

Titel: Das Laecheln der Chimaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stepanowa
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Saljutows ältestem Sohn Igor und seiner Frau Marina zur Taufe ihres zweiten Kindes gegeben wurde. Gasarow hatte damals noch seine eigene Firma und war mit Igor Saljutow geschäftlich verbunden, stand wegen seiner verhängnisvollen Leidenschaft für das Glücksspiel bereits an der Grenze zum Ruin und zu katastrophalen Schulden.
    Egle war bei dieser Party kein Gast gewesen. Sie musste arbeiten – tanzen und die eingeladenen Gäste unterhalten. Nach dem Abschluss der Ballettschule hatte sie dem klassischen Ballett Adieu gesagt und war Profi-Tänzerin geworden, die in Nachtklubs und bei privaten Feiern mit Ausdruckstanz, spanischen und lateinamerikanischen Tänzen auftrat.
    An jenem Abend hatte Gasarow sie angesprochen. Später schwor er, es sei Liebe auf den ersten Blick gewesen. Egle glaubte ihm nur zu gern. Von ihrer Seite war es sofort klar: Das war Liebe. Die Liebe, von der man so oft in Büchern liest und die man im Kino sieht, die aber an einem selbst immer vorüberzugehen scheint.
    In jener Nacht verließen sie gemeinsam die Party und trennten sich von da an nicht mehr. Als Gasarow später gezwungen war, seine Wohnung zu verkaufen, um seine Schulden zu bezahlen, nahm Egle ihn bei sich auf. Damals kannte Egle Waleri Saljutow noch nicht. Sie kannte nur seine Söhne, die häufig in den Klubs verkehrten, in denen sie auftrat – Igor, der später bei einem Autounfall ums Leben kam, und Philipp, der ihr nach dem Begräbnis seines Bruders sagte, dass sie mit Gasarow doch nur Schiffbruch erleiden werde. Es sei besser für sie, ihn zu verlassen, solange sie noch jung sei und »sich leicht einen akzeptablen Mann angeln« könne.
    So hatte Philipp sich ausgedrückt – »sich leicht einen Mann angeln«.
    Ihr Bruder Vitas, ihr ständig mit allem unzufriedener Bruder Vitas, hatte ein noch harscheres Urteil über ihre Beziehung zu Gasarow gefällt. Daran war sie zum Teil selbst schuld: Einmal hatte sie sich bei ihrem Bruder beklagt, als Gasarow sie wieder einmal nach Strich und Faden ausgeplündert hatte, das ganze Geld weg war, das sie für Miete und Telefon zurückgelegt hatte, für Essen, Benzin und den Friseur.
    Zuerst erkundigte Vitas sich einfach nur teilnahmsvoll. Er fragte sie freundlich aus, wie ein Bruder eben. Und sie erzählte ihm naiv die Wahrheit (es waren gerade wieder einmal Tage voller Streit, Vorwürfe und auswegloser Verzweiflung). Ihr Bruder geriet in Harnisch. So zornig hatte Egle ihn noch nie erlebt. Als Gasarow auftauchte, gab es eine heftige, abstoßende Szene zwischen ihnen. Egle kamen immer noch die Tränen, wenn sie daran zurückdachte.
    Damals erfuhr sie auch, dass ihr Bruder ständig eine Pistole bei sich trug und ohne zu zögern fähig war, sie einem anderen Menschen an die Schläfe zu setzen, ja, dass er sich kaum zurückhalten konnte abzudrücken.
    Seitdem waren ihr Bruder und Gasarow Feinde. Egle stand ganz auf der Seite des Mannes, den sie liebte und mit dem sie Tisch und Bett im Zimmer hinter der Eisentür teilte. Wieder berührte sie mit den Fingerspitzen die Wange des schlafenden Gasarow. Unrasiert, stachlig, braungebrannt, heißblütig, ungestüm, stark, zärtlich, verrückt. Mein Geliebter . . .
    Vitas hatte ihn ein Krebsgeschwür genannt, einen schmierigen Gigolo, einen Gauner und Nichtstuer. Einen Mühlstein am Hals seiner Schwester. Armer, kleiner, wütender Bruder, der den starken Mann markierte. Wie schlecht dachte er vom Liebsten seiner Schwester! Von dem Mann, der Tag und Nacht all ihr Sinnen und Trachten beherrschte, dem Mann, von dem sie Kinder wollte – einen Jungen, ein Mädchen und noch einen Jungen, dem sie immer eine ergebene und zärtliche Frau sein würde, dem geliebten Helden ihres Herzens, dem sie, Egle Taurage, ihre Gedichte widmete.
    Ja, ja – Gedichte! Zwei Hefte hatte sie schon vollgeschrieben, mit Gedichten auf Russisch und auf Litauisch. Niemand wusste davon. Nicht einmal er. Denn sicher würde er sie nur auslachen . . .
    Egle richtete sich halb auf, beugte sich über Gasarow und küsste ihn auf den Mund. Er wachte auf, umarmte sie, noch halb im Schlaf, und zog sie an sich.
    Das waren ihre Nächte des Friedens und der Liebe. Sie kamen regelmäßig nach den Tagen der Tränen, Kränkungen und Vorwürfe, nach den Tagen der Spielverluste, Rechnungen, Besäufnisse und der verzweifelten, stumpfen Einsamkeit.
    Auch das gehörte zum Leben. Und dagegen konnte sie nichts tun, höchstens aufhören zu atmen. Die anderen – ihr Bruder, Waleri Saljutow, sein Sohn Philipp,

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