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Das Laecheln der Chimaere

Das Laecheln der Chimaere

Titel: Das Laecheln der Chimaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stepanowa
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Gleb Kitajew – verstanden das nicht. Sie waren einfach nicht fähig, es zu verstehen, obgleich sie ihr, Egle, sicher wirklich nur Gutes wünschten. Jeder auf seine Art.
    In dem schönen, großen und komfortablen Haus in Iljinskoje, das mit Tiefgarage, Satellitenschüssel, Sauna, Billardsaal, überdachtem Swimmingpool, Sportsaal, Terrassen und Wintergärten ausgestattet war, herrschte in dieser Nacht ebenfalls ungewöhnliche Stille.
    Das Haus lag auf einem anderthalb Hektar großen Waldgrundstück, das Landschaftsarchitekten und Gärtner mit vereinten Mühen in einen gepflegten englischen Park verwandelt hatten. Eine hohe Steinmauer mit einem Stacheldraht darauf umgab es. Nachts ließ die Wache die Rottweiler von der Kette, damit kein ungebetener Gast in den Park eindringen und die Ruhe der Hausbewohner stören konnte.
    Das Haus war von Waleri Saljutow gebaut worden. Früher hatte die ganze Familie Saljutow darin gewohnt. Aber nun waren von der Familie nur Tante Polina, die kleinen Enkel und die Witwe Marina geblieben.
    Der Herr des Hauses war in den letzten anderthalb Monaten nur selten aufgetaucht. So selten, dass die Hunde ihn nicht mehr erkannten und ihn aus ihrem Zwinger am Tor verbellten wie einen Fremden.
    Marina war noch nicht zu Bett gegangen. Sie saß unten in der Halle in einem Sessel vorm Kamin und starrte in die rot glühenden Kohlen. Erst zum Abendessen war sie nach Iljinskoje zurückgekehrt. Sie hatte sich vom Chauffeur Ravil durch die Geschäfte fahren lassen, hatte in der Galerie »Aktjor« und bei Tiffany vorbeigeschaut.
    Bei ihrer Rückkehr erwarteten sie unerfreuliche Neuigkeiten: Pawlik, ihr älterer Sohn, hatte plötzlich Fieber bekommen. Grund dafür war natürlich wieder das Shetlandpony, das sein Großvater ihm zum Geburtstag geschenkt hatte. Das Pony hinkte, und man hatte einen Tierarzt aus Moskau geholt. Der empfindsame Pawlik durchlitt die Krankheit seines vierbeinigen Freundes mit der ganzen Ernsthaftigkeit seiner vier Jahre. Seit dem frühen Morgen saß er heulend im Kinderzimmer, ohne auf das gute Zureden seines Kindermädchens zu achten. Das Kindermädchen meinte, er hätte sich das Fieber »angeheult«.
    Der jüngere Sohn, der zweijährige Walerik, der seinem Großvater zu Ehren so hieß, zappelte beim Abendbrot ebenfalls nervös herum und wollte nicht essen. Das Kindermädchen erklärte: »Er ist aufgeregt, leidet mit seinem Brüderchen. So ein Knirps, aber schon so viel Herz und Gefühl.« Die Jungen hingen tatsächlich sehr aneinander. Sie spielten immer zusammen, trotz der zwei Jahre Altersunterschied.
    Marina dachte daran, dass die Kinder nach dem Tod ihres Vaters fast gar nicht geweint hatten. Sie alle – Waleri Wiktorowitsch, das Kindermädchen, Ravil, der Wachmann Fjodor, der mit im Haus wohnte, und sie selbst – hatten den Kindern vorgelogen, der Papa sei nur weggefahren und käme bald wieder.
    Marina hatte große Angst, Tante Polina, die schon ganz senil war, könnte sich eines Tages Pawlik gegenüber verplappern und der würde begreifen, dass es eine Lüge war und der Vater niemals mehr nach Hause kommen würde.
    Tante Polina ging Marina schon lange auf die Nerven. Zum Abendbrot war sie aus ihrem Zimmer gekrochen und, begleitet von einer Pflegerin, zum Tisch gehumpelt.
    »Nun, was sagst du?«, hatte sie sich mit knarzender Stimme erkundigt und Marina mit feindseligem Blick fixiert.
    »Was soll ich denn sagen, Polina Sacharowna?«
    »Tu nicht so scheinheilig! Du denkst doch nur an eins – wann ich endlich sterbe! Keine Angst, ihr werdet es noch erleben! Bald, bald werdet ihr mich los sein.«
    So ging das jeden Tag, jeden Morgen, jeden Abend. Beim Frühstück, beim Mittagessen, beim Abendbrot. Immer der gleiche Dialog. Marina spürte, dass ihre Nerven gespannt waren wie Drahtseile. Aber die Tante krächzte wie eine alte Grille immer weiter: »Keine Angst, ihr werdet es erleben. Dann seid ihr mich los. Ihr werdet alle anderen überleben. Und sie alle vergessen. Keiner von euch besucht das Grab meines geliebten Igor. Mich werdet ihr auch bald unter die Erde bringen. Und wenn ich dann tot bin, werdet ihr alles, was ich besitze, wegwerfen . . . So sind sie, die Reichen! Meinen Teppich, meine Kleider, mein gutes Kostüm. Alles, alles wird auf dem Müll landen.«
    Es waren nicht viele Besitztümer, die Polina in ihrem Zimmer, in das nicht einmal die neugierige Dienerschaft hineindurfte, eifersüchtig bewachte: zwei Koffer unter dem Bett und ein alter, zusammengerollter,

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