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Das Laecheln der Chimaere

Das Laecheln der Chimaere

Titel: Das Laecheln der Chimaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stepanowa
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für die Ausgabe der Chips, die Eingänge zu den Bars und zum Restaurant befanden, sei weiterhin vollständig unter Kontrolle. Eine »dunkle Ecke« bilde nur der kleine Bereich des Vestibüls, in dem sich Garderobe, Toiletten und Haupteingang befänden.
    Verärgert ordnete Kitajew an, das System noch einmal zu überprüfen, und noch verärgerter legte er dem Garderobier Michejew ans Herz, ihn nicht mit jedem Unsinn zu belästigen. Dann fragte er bei der Geldwechselstelle nach, ob die bei der Bank noch vor den Feiertagen bestellte Summe schon eingetroffen sei. Zu Neujahr gab es nämlich regelmäßig Scherereien mit dem Bargeld.
    In diesem Moment trat Shanna Basmanjuk auf ihn zu, die die Aufsicht über den Großen Spielsaal hatte – in der Sprache des »Roten Mohn« der Pit-Boss.
    »Gleb, wir haben ein Problem.«
    »Ich war noch gar nicht im Saal. Sind viele Leute da?«
    »Es geht.« Shanna griff in die Tasche ihres gut sitzenden, wenn auch etwas maskulin wirkenden schwarzen Blazers (im Unterschied zu den roten Dienstjacken der Croupiers hatte ihr Kostüm Taschen), und holte Zigaretten und ein elegantes Feuerzeug heraus. Sie zündete sich eine Zigarette an und nahm einen tiefen Zug.
    »An Tisch Zwei sieht es ziemlich mau aus, Gleb.«
    Kitajew runzelte die Stirn – na bitte, ich hab’s ja gewusst. Die Pechsträhne geht weiter.
    »Nicht für uns«, beruhigte sie ihn sofort, als sie seine Reaktion sah. »Für einen der Kunden. Er klebt am Spieltisch und kann nicht aufhören. Zweimal hat er sich schon Geld geliehen.«
    »Wie viel hat er schon verloren?«
    »Siebentausend.«
    Kitajew grinste spöttisch.
    »Wissen die Wachleute denn nicht, was sie zu tun haben?«
    »Sie haben’s ja versucht. Genau wie ich. Die Sache ist die, es handelt sich um . . .«
    Shanna flüsterte Kitajew den Familiennamen des Pechvogels ins Ohr. Es war ein prominenter Name: der missratene Sohn eines allseits geschätzten Politikers und Parteivorsitzenden.
    »Wenn die Wachleute sich einmischen, zettelt er einen Skandal an. Er ist auch so schon wegen des Verlustes kurz vor einem hysterischen Anfall«, erläuterte Shanna die Situation. »Er ist ja noch ein halbes Kind. Außerdem hat er . . . Ganz sicher bin ich mir allerdings nicht. . .« Sie zögerte.
    »Na, was denn?«
    »Ich glaube, er hat, bevor er hierher kam, irgendwo Kokain geschnupft.«
    »Wo habt ihr denn eure Augen gehabt?«
    »Das kannst du mir nicht vorwerfen, Gleb. Ich bin für den Saal verantwortlich, nicht für den Einlass. Komm mit, dann siehst du selbst.«
    Kitajew folgte ihr in den Großen Saal. Hätte er gewusst, was eine halbe Stunde später im Spielkasino »Roter Mohn« geschehen würde – er hätte das um nichts in der Welt getan.
    Seit dem Mittagessen fühlte sich der Garderobier Michejew hundeelend. Ihm war ständig übel und schwindlig. Gegen Abend begann er auch noch zu frieren. Eine Grippe, womöglich noch mit Fieber, bedeutete eine oder sogar anderthalb Wochen Arbeitsunfähigkeit, und niemand garantierte ihm, dass in einer Woche die Stelle des Garderobiers im »Roten Mohn« noch frei sein würde. Außer dem Lohn und den jedes Quartal gezahlten Prämien brachte dieser Job auch noch ansehnliche Trinkgelder ein. Daher gab es mehr als genug Interessenten, die nur darauf lauerten, Michejew den Platz hinter der Mahagonitheke der Garderobe streitig zu machen.
    Gegen halb neun konnte er es nicht länger aushalten, so schlecht war ihm. Zweifel kamen ihm, ob das wirklich eine Grippe war, und er überlegte ernsthaft, ob es sich um eine Lebensmittelvergiftung handeln könne. Das hätte gerade noch gefehlt, dass er sich hier, vor den Augen der mäkeligen Kundschaft, übergeben musste, womöglich noch auf einen Tausend-Dollar-Pelzmantel oder eine Chinchilla-Stola.
    Die Gäste kamen jetzt zahlreicher. Obwohl es an diesem Abend doch weniger Leute als üblich waren, die sich die Zeit beim Spiel verkürzen wollten. Das liegt an den Feiertagen, dachte Michejew düster, die sind alle noch besoffen. Da merkte er plötzlich, dass sein Magen ihm jeden Augenblick den Dienst zu versagen drohte.
    Er trat hinter der Theke hervor. Sein erster Gedanke war, zur Toilette zu laufen, die sich gleich nebenan, nur zwei Schritte weiter, befand. Aber unerwartet ließ der Krampf wieder nach. Michejew beschloss, nach unten in die Wachstube zu gehen, wo es eine Hausapotheke gab.
    Er öffnete die Eingangstür und rief den Portier Peskow ins Vestibül. Die beiden Männer waren befreundet. Peskow war es gewesen,

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