Das Lächeln der Kriegerin
nicht in den Kampf, selbst in Iden. Mein Schwert hat gefressen noch nichts, bis auf ein paar Bauern, dumme Bauern.«
Lothiel ballte die Fäuste.
»Wart ab«, entgegnete Drugon dem jungen Krieger. »Du wirst früh genug in einer echten Schlacht stehen schon noch. Ich habe gekämpft schon, da warst du gar nicht geboren noch. Du wirst froh sein, wenn du es überstehst heil.«
»Glaubst du etwa nicht an den Sieg?«
»Doch, es wird einen Sieg geben. Aber Blut wird auf beiden Seiten fließen bis dahin.«
Drugon klang nachdenklich, fast ein bisschen traurig. Mit Schrecken stellte Lothiel fest, dass er ihr noch immer sympathisch war. Sie wehrte sich dagegen, schließlich war der Mann mit seinen Kameraden mordend und brandschatzend in ihr Land eingedrungen, doch ganz konnte sie das Gefühl nicht verdrängen.
Quaer war wieder aufgestanden und lief vor Drugon auf und ab. Lothiel sah seine weichen Gesichtszüge. Der Junge konnte trotz seines kräftigen Körperbaus kaum älter sein als sie.
»Ach, davor fürchte ich mich nicht«, sagte er jetzt. »Blut soll fließen ruhig viel. Es ist Krieg, Drugon. Ein Krieg, aus dem ich werde zurückkehren dann als Held.«
Drugon antwortete nicht, schüttelte nur den Kopf.
»Ein Krieg, den wir gewinnen werden sicher«, sprach der Junge weiter. »Nur eins verstehe ich noch immer nicht. Warum haben geteilt wir unsere Kraft? Warum nicht angreifen erst mit voller Stärke die Grenzburg und dann gemeinsam marschieren gegen die Königsstadt?«
»Weil unser Herr ein kluger Kopf ist. Er lässt dem Feind keine Zeit nämlich. Die große Streitmacht nimmt die Grenzburg ein und wir machen als Vorhut schon den Weg zur Hauptstadt frei. Wenn es uns gelingt, sind wir dort, be vor sie von uns wissen. Wir sollen die Königsstadt belagern und schwächen schon, bis Gashbaas kommt …«
Lothiel hatte genug gehört. Sie durfte keine Zeit mehr verlieren. Kriechend entfernte sie sich rückwärts. Sie war noch nicht weit gekommen, da brach ein am Boden liegender Ast unter ihrem Knie. Sie erstarrte. Quaer drehte sich um und suchte angespannt nach dem Verursacher des Geräuschs. In ihrer geduckten Haltung hinter einem Gebüsch konnte er sie wohl nicht sehen.
Drugon beruhigte ihn: »Sei nicht hitzig so, Quaer! Es wird ein Tier gewesen sein nur. Im Wald soll es das geben.«
Lothiel kauerte sich noch tiefer hinter die Sträucher. Hoffentlich hörte Quaer auf seinen älteren Kameraden.
»Sicher ist sicher. Sonst kann besorgen ich uns vielleicht einen leckeren Braten.«
Lothiel war verzweifelt. Sie musste fliehen. Doch die Furcht hielt sie am Boden. Der Krieger schien sich nicht schlüssig zu sein, wo genau das Geräusch hergekommen war. Er ging einige Schritte in den Wald hinein und blieb dann stehen, um erneut zu lauschen und zu spähen. Er war nun weiter von Lothiel entfernt als zuvor.
Vielleicht sieht er mich nicht und geht zurück.
Zitternd beobachtete sie den Mann. Dann erschrak sie.
Drugons Stimme erklang in ihrem Rücken.
»Es war ein Tier bestimmt.«
Er musste seinen Platz verlassen und hinter ihr in den Wald geschlichen sein.
»Hier ist nichts jedenfalls.«
Jetzt war es zur Flucht zu spät. Drugon ging auf Quaer zu. Dabei musste er unweigerlich an Lothiels Versteck vorbeikommen. Sie griff nach ihrem Bogen. Die Angst schnürte ihr die Kehle zu. Es gelang ihr nicht, einen Pfeil auf die Sehne zu legen. Ihre Finger wollten sich nicht beruhigen lassen. Drugon war nur noch wenige Schritte entfernt. Gleich musste er sie sehen.
Konzentrier dich!
Endlich! Sie hob den Bogen. Das Zittern übertrug sich auf die Pfeilspitze. Noch einmal befahl sie sich Ruhe. Durch das dicke Lederwams würde sie mit ihrer kleinen Jagdwaffe nicht dringen können. Sie zielte auf sein Auge, wurde ganz ruhig, als ziele sie auf ein Eichhörnchen in den Bäumen hinter ihrem Hof.
Er sieht Meister Cennan wirklich sehr ähnlich.
Sie sah den überraschten Blick, den er ihr zuwarf. Ein Augenblick der Verwirrung. Dann ließ sie die bis zum Zerreißen gespannte Sehne los. Wie aus weiter Ferne hörte sie den Schmerzensschrei, als sich das schlanke Geschoss durch den Augapfel bohrte. Schon hatte sie einen zweiten Pfeil eingelegt und sich zu Quaer umgedreht.
Jetzt erst fand sie sein Blick. Erschrecken sprach aus seinen Augen, als die Sehne sirrte. Auch er schrie. Konnte sie jetzt fliehen? Nein, die Schreie blieben nicht ungehört. Da kam Wraca gelaufen. Er brüllte den Schlafenden an, er solle aufwachen, doch er wartete nicht auf ihn.
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