Das Lächeln der Kriegerin
Worte und bewahre ihn gut.«
Ostwen schaute ihr in die Augen. Dann drückte sie Lothiel an ihr Herz. »Diesen Dolch habe ich von meiner Mutter. Ich möchte, dass er dich an mich erinnert. Durch ihn will ich bei dir sein und dir beistehen.«
Lothiel betrachtete die wertvolle Klinge, die in einer kunstvollen Scheide steckte und deren Griff mit einem großen blauen Stein besetzt war.
»Ein Lhun«, erklärte die Tochter des Grafen.
»Es wird Eurer Mutter nicht recht sein.«
»Das lass meine Sorge sein. Ich bitte dich, nimm es an.«
Magor trat an sie heran. »Es wird Zeit. Wir sollten aufbrechen.«
»Sprach die Königin nicht von einem Knecht?«, fragte Ostwen.
»Er wartet am Stadttor auf uns.«
Bis zum Tor sagte Magor kein weiteres Wort. Lothiel war das ganz recht. Ihr Beschützer saß auf einem Rappen und führte die Packpferde mit sich, von denen eines an das andere gebunden war. Sie ritt mit etwas Abstand hinter ihm her.
Die Leute in der Stadt verhielten sich seltsam. Einige winkten ihnen zu. Vor allem die Kinder liefen ihnen oft ein Stück weit nach. Doch den meisten wurde das bald langweilig, denn weder Magor noch Lothiel reagierten auf ihre Zurufe. Andere Bürger beobachteten sie nur scheu, tuschelten oder unterbrachen ihre Gespräche für einen Moment. Wieder andere schienen sie gar nicht zu beachten. Eine Frau, die aus einem Fenster schaute, machte plötzlich eine Drohgebärde in Lothiels Richtung, als wäre sie es gewesen, die das Unglück bis in die Königsstadt gebracht hatte. Lothiel war das gleichgültig. In wenigen Tagen war sie zu Hause unter Menschen, die sie verstand. Schlimm genug, dass sie sich nicht sicher sein konnte, wie man sie dort empfangen würde.
Am Tor wartete ein junger Mann, vielleicht zwei oder drei Jahre älter als Lothiel. Er trug die einfache Kleidung eines Bauern und stand neben einem alten, mageren Schimmel. Als sie näher kamen, fuhr er sich aufgeregt mit den Händen durch die strubbeligen schwarzen Haare und verbeugte sich zunächst vor Magor, dann vor Lothiel. »Selldur, Euch zu Diensten.«
»Schon gut«, antwortete Magor. »Steig auf und nimm die Packpferde! Wir wollen keine Zeit verlieren.«
»Entschuldigt, Herr.« Selldur verbeugte sich ein weiteres Mal. »Ich wusste nicht, dass wir es so eilig haben.«
Da Magor nicht antwortete und dem Knecht nur die Zügel des Packpferds entgegenhielt, beeilte sich Selldur aufzusteigen. Er stellte sich dabei nicht gerade geschickt an und saß endlich ziemlich ungelenk auf dem Rücken seines Pferdes. Als er ihnen folgte, hörte Lothiel, wie er vor sich hin grummelte.
Vor allem bei den Außenmauern spürte Lothiel die Hektik der Vorbereitungen auf den bevorstehenden Angriff. Männer und Frauen waren dabei, die Mauern auszubessern und zu verstärken. Fuhrwerke brachten Steine und Werkzeuge, Hämmer klopften vielzählige Rhythmen auf die Meißel, mit kehligen Stimmen riefen sich die Arbeitenden Befehle und Unterstützung zu.
Es war vor allem diese Stadt gewesen, die zu warnen das Ziel ihres Auftrags und Grund all ihrer Mühen gewesen war. Lothiel konnte nur hoffen, dass Arminas sich des Feindes zu wehren wusste.
Sie schaute sich um. Ein Heer, das von dieser Seite die Stadt der Königin einnehmen wollte, musste zunächst den Fluss überwinden, der direkt vor ihren Mauern floss. War man vorbereitet, konnten Bogenschützen den Feind sicher eine ganze Weile am anderen Ufer halten, denn nur eine Brücke führte hier herüber. Lothiel seufzte.
Gleich nachdem sie den Pann überquert hatten, verließen sie die Oststraße und ritten nach Süden. Sie blieben nahezu die Einzigen, die in diese Richtung unterwegs waren. Hin und wieder überholte sie ein berittener Bote. Die meisten Menschen kamen ihnen jedoch entgegen. Vermutlich suchten viele von ihnen Zuflucht hinter den Mauern der Königsstadt. Fuhrwerke, beladen mit Fässern, Säcken und Kisten, kamen die Straße herauf, die ersten Söldner eilten der Königsstadt zu Hilfe.
Den ganzen Tag folgten sie der Südstraße. Am Abend erreichten sie ein Gasthaus in einem kleinen Dorf. Magor erklärte, sie würden die Nacht hier verbringen. Ein Knecht führte die Pferde in den Stall. Lothiel folgte Magors Beispiel und nahm die Satteltasche Rochons mit sich.
Sie hätte vermutet, dass die Menschen in diesen Tagen Wichtigeres zu tun hatten, als sich in Wirtshäusern herumzutreiben, doch die Gaststube war fast bis auf den letzten Tisch besetzt. Ein schwerer Geruch von Bier und
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