Das Lächeln der Kriegerin
Essen hing in der Luft. Man hatte sich in Gruppen zusammengefunden, in denen lautstark debattiert wurde. Jeder wollte den anderen übertönen, doch als die drei Neuankömmlinge eintraten, wurde es still im Raum. Lothiel spürte, dass die Menschen hier der kleinsten Neuigkeit entgegenfieberten.
Sofort kam der Wirt auf sie zu und verbeugte sich vor Magor.
»Geron, Euch zu Diensten, Herr«, sagte er freundlich, wobei er sich den Schweiß von der Stirn wischte.
»Warme Mahlzeit und Bett für die Nacht«, antwortete der Freiherr nur.
»Ich werde sogleich ein Zimmer für den Herrn und die Dame herrichten lassen. Euer Knecht kann in der Gaststube schlafen, Herr. Oder im Stall, wenn Euch das zu kostspielig ist.«
Lothiel wurde bewusst, dass die Reitkleidung, die man ihr im Palast gereicht hatte, aus ihr eine edle Dame machte. Es war für sie ohne Bedeutung gewesen, sie hatte nur das abgelehnt, was ihr zu unbequem schien. Nun hielt man sie vielleicht für eine Verwandte Magors oder gar für seine Frau, obwohl der Mann weit älter war als sie.
Sie schüttelte den Kopf: Als ob die Kleider eine andere aus mir machten.
»Das Mädchen bekommt ein eigenes Zimmer, der Knecht kann in dem meinen nächtigen.« Magor schien die Angelegenheit schnell hinter sich bringen zu wollen. Wahrscheinlich war ihm das Gespräch mit dem Wirt lästig und er wollte so bald wie möglich irgendeine Tür hinter sich schließen. Da ging es ihr nicht anders. Nur Selldur blickte sich neugierig nach den Anwesenden um.
»Sehr wohl, Herr«, sagte Geron. »Ich kann Euch einen Tisch freiräumen. Oder wollt Ihr auf den Zimmern essen?«
»Bring uns Bier und Speisen auf die Zimmer«, befahl Ma gor und Selldur war die Enttäuschung deutlich anzusehen.
»Sehr wohl, Herr. Wenn Ihr einen Moment auf mich warten wollt? Ich geleite Euch dann persönlich hinauf.«
Der Wirt verschwand in der Küche. Sie blieben am Eingang stehen und warteten. Viele der Anwesenden wandten sich wieder ihren Gesprächen zu. Doch einige schienen nicht zufrieden.
»Entschuldigt, Herr, kommt Ihr von Norden?«, fragte schließlich ein junger Mann, der am nächsten Tisch saß. »Wisst Ihr etwas über die Königsstadt und den Krieg?«
»Arminas rüstet sich«, war die karge Antwort Magors.
»Glaubt Ihr, der Krieg könnte auch uns bedrohen?«
Magors Gesicht nahm einen verächtlichen Ausdruck an. »Glaubst du, du könntest dich hier, nur einen Tagesritt entfernt, in Sicherheit wiegen? Wollt ihr zusehen, wie Arminas fällt, und warten, was der Feind für euch bereit hält? Aufrechte Männer sollten Seite an Seite mit ihrer Königin kämpfen.«
»Wir sind nur einfache Bauern, Herr. Doch warum zieht Ihr nach Süden?«
»Willst du mich provozieren, du Hundesohn?«, brauste Magor auf. »Ich bin im Auftrag der Königin unterwegs. Und was denkst du, wohin mich die Ehre ruft, wenn ich den ausgeführt habe?«
Der Bauer duckte sich angesichts der drohenden Haltung des Ritters. Lothiel sah die geballten Fäuste Magors und befürchtete, die Wut des Mannes könne vollends zum Ausbruch kommen. Doch in diesem Moment kam Geron herangeeilt.
»So, Herr, die Zimmer sind bereit, das Essen ist auch gleich fertig.«
Sie folgten dem Wirt die Treppe hinauf zu zwei nebeneinander liegenden kleinen Zimmern. Sie waren schlicht, aber ausreichend eingerichtet. Geron erkundigte sich, ob der Herr mit allem zufrieden sei, und deutete dann an, es sei ihm in solchen Zeiten lieb, wenn er schon im Voraus bezahlt würde.
»Was sind wir dir schuldig?«, fragte Magor.
Geron rechnete kurz, indem er an seinen Fingern abzähl te. »Fünf Caer.«
»Fünf? Für diese Bruchbude?« Der Freiherr wirkte schon wieder gereizt.
Lothiel zog einen der Beutel aus der Tasche, zählte dem Wirt die Münzen in die Hand und schob ihn vor sich her aus dem Zimmer. »Gute Nacht«, sagte sie und verabschiedete sich damit auch von ihren Begleitern.
Lothiel starrte in die Dunkelheit. Eigentlich war sie erleichtert gewesen, dass sie den Rückweg nicht ganz allein hatte antreten müssen. Jetzt bedauerte sie es fast. Ihre Stimmung hatte sich nicht gebessert. Magor war gleichermaßen verschlossen wie reizbar. Mit seinem Schweigen hätte sie gut leben können, doch seine üble Laune gefiel ihr nicht und drückte ihre eigene noch weiter herunter. Selldur hatte zu Beginn einen freundlichen und aufgeschlossenen Eindruck gemacht und viele Fragen nach dem Weg, den Gefahren oder der Zukunft im Allgemeinen gestellt, die aber von Magor entweder
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