Das Lächeln der Kriegerin
aufgebrochen, ihre Gefolgsleute für den Kampf um unsere Heimat aufzubieten. Boten sind im ganzen Land unterwegs und auch unseren Verbündeten und Freunden hinter Laindors Grenzen soll die Nachricht überbracht werden.
Die Zeit drängt. Doch dass sie uns nicht überrannt hat, verdanken wir dem Mädchen, das an meiner Seite sitzt.« Sie deutete auf Lothiel. »Diese tapfere Tochter Laindors wird uns morgen in aller Frühe verlassen. Sie hat den Auftrag eines anderen aus freien Stücken übernommen und ihn zu Ende geführt. Nun warten auf sie die Ruhe und Geborgenheit ihrer Familie. Damit sie einen Weg dorthin findet, der sie sicher zurückführt, will ich sie nicht allein gehen lassen. Lange habe ich darüber nachgedacht, welches die beste Lösung ist in einer Zeit, in der Arminas kaum einen Verteidiger entbehren kann. So wird es nur ein Mann sein, den ich mit ihrem Schutz betraue. Doch gibt es keinen besseren, denn schon in den Grenzkriegen hat er sich als Kundschafter einen Namen gemacht. Herr Magor wird Lothiel sicher nach Hause bringen.«
Der Mann, der sich jetzt erhob, um sich zur Königin hin zu verbeugen, musste zur Zeit der Grenzkriege noch ein junger Bursche gewesen sein, denn er konnte kaum älter als vierzig Jahre sein. Er schien nicht überrascht. Wahrscheinlich hatte die Königin ihn schon vorher gesprochen. Lothiel hatte allerdings nicht den Eindruck, dass er sich über diesen Auftrag freute.
»Der weise Istyar bat mich um zwei weitere Begleiter«, fuhr die Königin fort. »So will ich Lothiel einen Knecht für den Hof ihres Vaters unterstellen. Und dies soll nicht das einzige Geschenk ihrer Königin sein. Auch Leithian, Bru der von Beleg, soll von nun an Lothiels Begleiter sein.«
Rundum erhob sich ein raunendes Gemurmel. Ein Mann betrat den Saal. Er trug auf einem großen Tablett feierlich einen Langbogen und einen ledernen Köcher mit langen, rotbefiederten Pfeilen herein und überreichte ihn der Köni gin. Diese wandte sich mit der Waffe Lothiel zu. »Leithian, der Erlöser. Bewahre ihn gut.«
Der Bogen war schlicht gestaltet, trug keinerlei Verzierungen. Und er war nicht für die Jagd, sondern den Krieg gemacht. Lothiel wollte ihn nicht. Sie würde dem Krieg den Rücken kehren. Nie mehr einen Menschen töten. Eine solche Waffe erschien ihr wie eine böse Erinnerung und eine grausame Prophezeiung. Sie hob abwehrend die Hän de. Dann fiel ihr Blick auf Istyar. Der alte Mann nickte ihr aufmunternd zu. Seine Augen schienen ihr zuzusprechen. Plötzlich erinnerte sie sich: das Gesicht im Traum. Der alte Mann hatte ihr einen Mantel versprochen. Sie drehte die Handflächen, griff nach Leithian und bedankte sich mit einer tiefen Verbeugung.
DER BOTE
HEIMKEHR
Nach dem Essen blieben die Menschen noch in der Halle, um dem feierlichen Anlass gerecht zu werden. Doch es wurde kein fröhliches Fest. Die Königin zog sich bald mit ihren Beratern zurück und auch Lothiel suchte kurz darauf ihr Schlafgemach auf. Die Aufregung ließ sie erst spät zur Ruhe kommen. Endlich stand der Heimweg bevor.
Königin Araniel verabschiedete Lothiel gleich nach dem Morgenmahl. Sie wünschte ihr eine sichere Reise und hoff te durch Magor bald von der glücklichen Ankunft zu erfah ren. »Du bist an meinem Hof immer willkommen. Und sicher wird es ein fröhlicherer Besuch werden als dieser.«
Auch der Graf trat zu ihr.
»Ich bin dir ebenso dankbar, wie es unsere Königin ist und wie es jeder in Laindor sein muss. So will ich dir schon jetzt versichern, dass das Land, das ich deinem Vater als Lehen gab, euch immer ernähren soll. Araniel erlaubt mir, es deiner Familie zu eigen zu geben. Ebenso will ich das Botenpferd aus meinem Stall nicht zurückfordern. Es wird dir auch weiterhin als treuer Freund gute Dienste leisten.«
Alles war vorbereitet. Ihr Aufbruch würde ein ganz anderer werden als der nach Waldruh. Zwei Packpferde standen bereit. Auch in der Satteltasche Carrochs fand Lothiel frische Wegzehrung und einen zweiten Münzbeutel, der sogar einige Silbertaler enthielt.
Istyar trat aus seinem Turm und ging auf Lothiel zu. »Es war gut, das Geschenk der Königin anzunehmen«, sagte er.
»Aber was soll ich mit einem Bogen, der nicht zur Jagd taugt?«
»Ich war es, der Araniel zu diesem Lohn geraten hat. Es gibt wenig Wertvolleres, das man besitzen kann. Leithian hat viele Namen. Die meisten bedeuten Erlösung. Und wer weiß, wofür er dir noch nützlich sein kann? Also halte dich an Araniels
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