Das Laecheln der Menschen
wieder zum Mond. Ich will nicht in das doofe Schulheim zurück. Und schon gar nicht auf den Müllmond. Auf dem Mond ist es längst nicht so schön wie auf der Erde, denn da ist alles voller Schmutz und Abfall. Es ist eben nicht wie zu Hause.
Viel lieber laufe ich durch meinen Wald. Es gibt nämlich nichts Schöneres, als ganz früh am Morgen durch den Wald zu laufen.
Die Sonne ist gerade erst aufgegangen und ihre ersten Strahlen vertreiben den Schleier der Morgennebel. Das Sonnenlicht wandert durch den Wald, bricht sich einen Weg durch die Baumkronen und lässt tausend Tautropfen in allen nur möglichen Farben blinken und schillern. Der Wald beginnt zu erwachen.
Ihr müsst wissen, dass ich oft dabei bin, wenn der Wald erwacht. Er ist nämlich mein allerbester Freund.
Glitzernde Tautropfen kullern von langen, saftig-grünen Grashalmen, die auf einer Lichtung wachsen und sich der Sonne entgegenrecken; der Waldboden seufzt und atmet auf. Die Bäume strecken der Sonne ihre Blätter entgegen, um die Kälte der Nacht zu vertreiben.
Ich mag die Bäume in meinem Wald sehr. Sie sind schon sehr alt, viel älter sogar als Mutti und Vati. Mutti hat mir mal gesagt, dass die Bäume mit dem Sonnenlicht ihre Nahrung machen.
Wenn der Wind durch die Blätter rauscht, setze ich mich oft an einen Stamm und höre dem leisen Rauschen zu. Dann erzählen die Bäume mir nämlich Geschichten. Man muss aber ganz still sein und genau zuhören, sonst kann man sie nicht verstehen.
Ich glaube, es gibt auch keinen schöneren Geruch als den des Waldes. Tau, nasses Gras und Moos, feuchter Humus, tote Baumstämme, Pilze, Tannennadeln, Farne, Blätter und frisches Quellwasser, all diese Dinge zusammen verursachen den Duft des Waldes, den ich so schön finde. Auf dem Mond erzeugen sie immer synthetischen Waldgeruch in der künstlichen Atmosphäre der Stationen. Aber von dieser total falschen Waldluft, die gar nicht richtig nach Wald riecht, kriege ich immer Kopfschmerzen.
Heute renne ich wieder mal an dem komischen Schild vorbei. Irgendwie passt es gar nicht in meinen Wald. Darum mag ich es auch nicht.
Es ist schon ziemlich alt. Die Schrift auf dem Blech ist schon sehr verwittert, und überall blättert der weiße Lack ab. Trotzdem kann man das Schild noch ganz gut lesen, und es steht etwas sehr Komisches darauf:
Staatliche Mülldeponie. Schutt und Müll abladen bei Strafe verboten!
Ich kann dieses alte Schild, das meinen schönen Wald verschandelt, einfach nicht leiden, aber es muss wohl wertvoll sein, weil es unter Denkmalschutz steht. Die Landverwaltung hat darunter eine Inschrift anbringen lassen:
"Hier befand sich bis zum Jahre 2028 eine große Mülldeponie. Erst seitdem der Mond als internationale Mülldeponie genutzt werden kann, werden solche Einrichtungen auf der Erde nicht mehr gebraucht."
Ich finde es komisch, dass mein Wald auf Müll gewachsen ist. Für mich ist Müll das Widerlichste, was es überhaupt gibt. Deshalb will ich ja auch nicht zum Mond zurück, wo es überall nur Abfall gibt. Vielleicht wächst auf dem Mond irgendwann auch einmal ein schöner Wald. Vielleicht in hundert Jahren. Aber jetzt ist es da nur öde und dreckig.
Die Sonne steht jetzt schon hoch am Himmel. Ich laufe weiter über versteckte Wege, die nur ich ganz genau kenne.
Die Wurzeln der Bäume haben oft ganz seltsame Formen. Sie sehen aus wie Geister und Zwerge, Drachen und Schlangen. Eine Wurzel sieht sogar so aus wie der Kopf von Vatis Chef, was ich sehr lustig finde. Ich hab' das Vati mal erzählt, aber er meinte bloß, dass ich ihn mit meinem "blöden Wald" in Ruhe lassen soll. Vati mag meinen Wald leider nicht. Ich glaube fast, dass er nur Maschinen gern hat.
Die Ferien sind lange vorbei. Nun bin ich doch wieder auf dem blöden, dreckigen Mond, wo mein Vater arbeitet. Ich muss immer an meinen Wald denken und sehne mich nach Hause zurück. Die Erzieherinnen im Schulheim kann ich auch nicht ausstehen. Ständig erzählen sie mir, was hier alles verboten ist. Ich mag die ganze Mondstation nicht, weil sie kalt und langweilig ist.
Von den Aussichtskuppeln aus kann man die Mondlandschaft im weiten Umkreis überblicken. Da kann ich ganz genau die vielen glitzernden Punkte im Weltraum sehen, die sich wie eine lange Lichterkette zwischen dem Mond und der Erde hin und her bewegen. Das sind die Mondfähren, die den Müll von der Erde herauf bringen. Ein endloser Strom von Abfall, der unaufhörlich den Weltraum zwischen der Erde
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