Das Laecheln der Sterne
auch anrufen können, aber das, was ich zu sagen habe, wäre dadurch auch nicht leichter geworden. Ich versuche immer noch, mir darüber klar zu werden, was passiert ist, und das ist mit ein Grund, warum ich schreibe.
Ich weiß, dass mein Vater Ihnen von mir erzählt hat, aber ich glaube, es ist wichtig, dass Sie aus meiner Sicht von unserer Beziehung erfahren. Ich hoffe, dass es Ihnen ein deutliches Bild von dem Mann vermitteln wird, der Sie geliebt hat.
Als Kind habe ich keinen Vater gehabt. Sicher, er lebte im gleichen Haus, und er hat für Mom und mich gesorgt, aber er war nie da, es sei denn, um mich für die B-Noten zu schelten, die ich im Zeugnis hatte. Ich weiß noch, dass an meiner Schule jedes Jahr eine Projektwoche zum Thema Naturwissenschaft stattfand, an der ich immer teilnahm, aber von der Vorschule bis zur achten Klasse schaffte mein Vater es nicht ein einziges Mal, zu kommen. Er ist nie mit mir zu einem Baseballspiel 171
gegangen, er hat nie im Garten mit mir Fangen gespielt, er hat nicht einmal eine Fahrradtour mit mir gemacht. Ich weiß, dass er Ihnen davon erzählt hat, aber bitte glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, dass es für mich noch schlimmer war, als er es wahrscheinlich geschildert hat. Als ich nach Ecuador ging, hatte ich ehrlich gehofft, ihn nie wieder zu sehen.
Dann beschloss er – ausgerechnet – hierher zu kommen, um in meiner Nähe zu sein. Sie müssen wissen, dass mein Vater im Grunde seines Wesens immer eine Arroganz besaß, die ich zu verachten gelernt hatte. Ich konnte mir gut vorstellen, dass er sich hier in Ecuador plötzlich zum Vater aufspielen und mir Ratschläge erteilen würde, die ich weder brauchte noch wollte.
Oder dass er die Klinik neu organisieren würde oder dass er großartige Ideen entwickeln würde, wie man die Unterkünfte wohnlicher machen könnte. Oder aber dass er ein paar Altschulden einfordern würde, die noch ausstanden, und mit einer ganzen Mannschaft junger freiwilliger Ärzte aufkreuzen würde, die in der Klinik arbeiten sollten. Es hätte mich nicht gewundert, wenn er sich vergewisset hätte, dass die Presse zu Hause bestens darüber informiert war, wer der Urheber der guten Taten war. Mein Vater war immer stolz daraufgewesen, wenn er seinen Namen gedruckt sah, und er hatte ein untrügliches Gespür dafür, wie er Werbung für sich und seine Praxis machen konnte. Kurz vor seiner Ankunft fragte ich mich ernsthaft, ob ich meine Sachen zusammenpacken und abreisen sollte. Ich hatte mir jede Menge Antworten bereitgelegt auf all die möglichen schönen Sätze, die von ihm kommen konnten.
Eine Entschuldigung? Dafür ist es ein bisschen spät. Schön dich zu sehen? Leider kann ich das Gleiche nicht von mir sagen. Vielleicht können wir uns mal unterhalten? Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee wäre. Doch stattdessen sagte er nur ›Hallo‹, und als er meinen Gesichtsausdruck sah, nickte er und ging weiter. Das war unser einziger Kontakt in der ersten Woche nach seiner Ankunft.
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Und es wurde zunächst auch nicht besser. Monatelang wartete ich darauf, dass er wieder in seine alten Muster zurückfallen würde. Ich lag auf der Lauer und hätte sofort etwas gesagt. Aber es verlief ganz anders. Er hat sich nie über die Arbeit oder die Bedingungen beklagt, er hat Vorschläge nur dann gemacht, wenn er direkt gefragt wurde. Und als der Direktor erwähnte, dass es mein Vater war, der die neuen Arzneimittel und Geräte, die wir so dringend benötigten, beschafft hatte, wollte er keinen Dank dafür und bestand darauf, dass seine Zuwendung anonym blieb.
Am meisten war ich wohl beeindruckt davon, dass er nicht so tat, als hätten wir irgendeine Art von Beziehung. In den ersten Monaten waren wir keine Freunde, ich betrachtete ihn auch nicht als Vater, und er hat nie versucht, mich in diesem Punkt zu beeinflussen. Er setzte mich nie unter Druck, so dass mein Misstrauen langsam nachließ.
Was ich sagen will, ist Folgendes: Mein Vater hatte sich verändert, und allmählich kam ich zu der Überzeugung, dass er auch gute Seiten hatte und ich ihn nicht für alle Zeiten von mir stoßen sollte. Ich glaube, er hatte sich schon ein wenig verändert, bevor er Sie kennen lernte, dennoch sind Sie der Hauptgrund, warum er ein anderer Mensch geworden ist.
Bevor er Ihnen begegnete, war er auf der Suche nach etwas.
Nachdem Sie in sein Leben getreten waren, hatte er es gefunden.
Mein Vater hat oft von Ihnen erzählt, und ich habe keine Ahnung, wie viele Briefe er
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