Das Lächeln der Sterne
zu schließen. Im Obergeschoss kümmerte sie sich zuerst um die unbenutzten Schlafzimmer und betrat dann das Zimmer, in dem Paul schlief.
Sofort fiel ihr auf, dass er sein Bett gemacht hatte. Die Seesäcke lagen gefaltet neben der Kommode. Die Kleidung, die er in der Frühe getragen hatte, war schon weggeräumt, und seine Laufschuhe standen ordentlich nebeneinander an der Wand. Meine Kinder könnten von ihm lernen, wie man sein Zimmer in Ordnung hält, dachte Adrienne.
Als sie im Bad das kleine Fenster verriegelte, fiel ihr Blick auf die Seifenschale und den Rasierpinsel, der mit dem Rasierer auf der Ablage neben dem Waschbecken lag. Eine Flasche Rasierwasser stand auch dabei. Unvermutet hatte sie das Bild vor Augen, wie er frühmorgens am Waschbecken gestanden hatte, und in dem Moment wusste sie intuitiv, dass er sich ihre Nähe gewünscht hatte.
Sie schüttelte den Kopf und kam sich ein wenig wie ein Teenager vor, der im Schlafzimmer der Eltern herumspioniert. Sie trat an das Fenster neben seinem Bett. Als sie es schloss, sah sie, wie Paul draußen gerade einen der Schaukelstühle unter der Veranda verstaute.
Er bewegte sich, als sei er noch zwanzig Jahre jünger. Ganz anders als Jack. Im Laufe der Jahre hatte Jack infolge der vielen Cocktails an Leibesfülle gewonnen, und wenn er körperliche Arbeiten verrichtete, ging ein leichtes Vibrieren durch seinen dicken Bauch.
Paul war nicht so. Paul ähnelte Jack in keiner Beziehung, und während Adrienne in seinem Zimmer stand, stieg ein vages Gefühl gespannter Erwartung in ihr auf, vielleicht vergleichbar mit dem Gefühl eines Spielers, der beim Würfelspiel auf einen Glückswurf hoffte.
Indessen ordnete Paul die Dinge, die er zum Schutz des Hauses gefunden hatte. Die Sturmfenster aus Aluminium waren fünfundsiebzig Zentimeter mal ein Meter achtzig groß, und die Beschriftung mit wasserfestem Marker zeigte ihm, für welches Fenster jedes gedacht war. Paul stellte sie in Gruppen bereit und überlegte sich, wie er vorgehen sollte.
Er war gerade mit den Vorbereitungen fertig, als Adrienne nach unten kam. In der Ferne erklang Donnergrollen. Sie spürte, wie es kälter wurde.
»Wie kommen Sie voran?«, fragte sie. Ihre eigene Stimme klang fremd, fand sie, als spräche eine andere Frau diese Worte.
»Es ist leichter, als ich dachte«, sagte er. »Ich muss nur die Fenster auf Nut einschieben und in die Halterung führen, und dann werden sie mit diesen Bügeln befestigt.«
»Und was ist mit den Balken zur Sicherung?«
»Das geht auch ganz leicht. Die Einschübe sind schon angebracht, und ich brauche nur die Balken reinzulegen und mit ein paar Nägeln festzuhämmern. Jean hatte Recht, einer allein kann das gut schaffen.«
»Meinen Sie, es dauert lange?«
»Vielleicht eine Stunde. Sie können drinnen bleiben, wenn Sie wollen.«
»Kann ich nicht auch etwas tun? Ihnen helfen, meine ich.«
»Eigentlich nicht. Aber wenn Sie mögen, können Sie mir Gesellschaft leisten.«
Adrienne lächelte. Ihr gefiel der einladende Ton in seiner Stimme. »Das mache ich sehr gern.«
Während der nächsten Stunde brachte Paul nach und nach die Sturmfenster an. Adrienne begleitete ihn. Er merkte, dass ihr Blick auf ihm ruhte, und spürte die gleiche Verlegenheit wie am Morgen, als sie seine Hand losgelassen hatte.
Nach wenigen Minuten setzte ein leichter Regen ein, der bald heftiger wurde. Adrienne suchte an der Hauswand Schutz, doch das nützte bei dem böigen Wind nicht viel. Paul arbeitete weder schneller noch langsamer – es schien, als könnten ihm Wind und Regen nichts anhaben.
Wieder war ein Fenster versorgt, und das nächste folgte: Sturmfenster in die Halterung stecken, den Bügel drüberlegen, die Leiter zum nächsten Fenster tragen. Als Paul die Sturmfenster angebracht hatte und mit den Balken anfing, zuckten bereits Blitze über das Wasser, und der Regen prasselte heftiger. Paul arbeitete unermüdlich weiter. Jeder Nagel wurde mit vier Schlägen versenkt, so regelmäßig, dass man denken konnte, er arbeitete seit Jahren als Zimmermann.
Trotz des Regens unterhielten sie sich. Adrienne fiel auf, dass er über Unverfängliches sprach, damit nicht der Eindruck entstehen konnte, er wolle sie bedrängen. Paul erzählte ihr von Reparaturen, die er mit seinem Vater auf der Farm ausgeführt hatte, und dass er in Ecuador ähnliche Arbeiten machen würde und froh war, hier schon einmal einen Vorgeschmack zu bekommen.
Während Adrienne ihm zuhörte, wurde ihr klar, dass Paul ihr
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