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Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Titel: Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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uns … um Rat gebeten wird.»
    «Ich dachte, das wäre schon der Fall. Die Polizei hat sich doch an Sie gewandt. Und die Medien.»
    «Aber nur als Psychiater», sagte Saltash.
    «Als Berater für die geistige Gesundheit der Diözese, wenn ich mich richtig erinnere.»
    «Ich habe mich natürlich mit der Koordinatorin abgestimmt, bevor ich etwas kommentiert habe.»
    «Sie meinen Siân.»
    «Es ist von größter Wichtigkeit, dass wir darüber Bescheid wissen, was die anderen tun. Erfolgreiche Teamarbeit, gemeinsam handeln, mit einer Stimme sprechen …» Saltash sah Merrily in die Augen, auf eine Weise, die sehr deutlich machte, dass er ihre Brille ansah. «Das ist wesentlich, finden Sie nicht? In einer so labilen Gesellschaft.»

32  Medienforschung
    Als Merrily den Schulbus über den Platz rumpeln hörte, war sie seit zwei Stunden zu Hause und putzte wie besessen, ohne ans Telefon zu gehen. Sie dachte wieder und wieder über die Gerüchte nach und überlegte, wie viel sie Jane davon erzählen sollte. Ergebnis: alles … fast.
    Sie machte den Staubsauger aus und sah zu dem faltigen, dornengequälten Gesicht von Jesus auf, dem Bild von Holman Hunt,
Das Licht der Welt
, das mit seiner präraffaelitischen Pedanterie deutlich sagte:
Es gibt keine Abkürzungen
.
    Zuerst Jane. Und dann, am Abend, Lol: mit einem anderen Ansatz.
    Janes Verantwortungsgefühl Lol gegenüber hatte manchmal fast etwas Mütterliches, dachte Merrily. Es war eine lange Geschichte. Es war fraglos Jane gewesen, die beschlossen hatte, dass es diese Beziehung geben sollte. Jane, die den Funken vorm Wind geschützt und Zweige aufs Feuer geworfen hatte. Jane, die sich, wenn es gut lief, gerne im Glanz dieser Beziehung sonnte. Und die, wenn es nicht gut lief, ihrer Mutter die Schuld gab.
    Merrily berührte vorsichtig ihr Auge. Es tat nicht weh.
    Janes Schlüssel drehte sich im Schloss.
    Das würde wehtun.
     
    «Und wer war es?» Jane starrte in ihre Tasse, als könnte sie das Gesicht des Übeltäters in ihrem Tee auftauchen sehen. «Wen müssen wir zerstören?»
    Das war, nachdem sie sich beruhigt hatte. Es ging auf sieben Uhr, und die Sonne war noch spät herausgekommen, um gleich wieder unterzugehen und die Küche davor schnell noch in ein weiches Licht zu tauchen.
    «Zerstörung gibt es bei mir nicht», sagte Merrily. «Ich bin Pfarrerin.»
    «Ich bin Heidin. Wir sind da nicht so zimperlich.»
    «Aber nicht heute Abend, hm?», sagte Merrily.
    «Du hast ganz offensichtlich eine ziemlich klare Vorstellung davon, wer aus diesem Dorf dir eins reinwürgen will.»
    «Auf der Liste der Verdächtigen stehen nur nicht mehr ganz so viele, das ist alles.»
    Nämlich nur noch einer.
    «Namen?»
    Merrily schüttelte den Kopf. «Nicht, bevor ich ganz sicher bin. Ich möchte nicht, dass Unschuldige dran glauben müssen. Holt Eirion dich heute Abend ab?»
    «Um acht. Vielleicht gehen wir einfach in den
Swan

    «Das rate ich dir nicht. Du bist immer noch siebzehn. Ich bin zwar nicht so naiv zu glauben, dass du in den letzten Jahren nicht schon öfter im Pub warst, aber es gilt immer noch,
nicht hier im Dorf

    «Irene ist achtzehn.»
    «Du willst doch nur in den
Black Swan
gehen, um herumzuposaunen, was du machen wirst, wenn du herausfindest, wer verbreitet, dass Lol mich schlägt.»
    «Na und? Ist daran irgendwas verkehrt? Ich meine,
du
machst es ja nicht, oder? Denn du bist ja die Pfarrerin. Du musst es mit Fassung tragen.» Jane schob ihre Tasse von sich.
    «Ich habe zuerst genauso reagiert wie du. Na ja, fast. Sophie musste mir erst erklären, warum das die Sache nur schlimmer macht.»
    «Sophie scheint ja überhaupt dazu da zu sein, immer alles irgendwie geschmeidiger zu machen. Sophie ist wie menschliche Fettcreme.»
    «Wer auch immer dieses Gerücht in die Welt gesetzt hat, will, dass wir wütend werden und allen davon erzählen, die es noch nicht wissen. Und so demjenigen, der dieses Gerücht verbreiten will, die Arbeit abnehmen. Ich finde, das klingt logisch.»
    «Nichts zu tun klingt logisch? Die Leute glauben zu lassen, dass Lol wieder psychisch labil ist? Dir ist doch klar, wohin das führt, oder? Dann erinnern sie sich daran, was letztes Jahr Weihnachten passiert ist, was er für ein Held war, Alice das Leben zu retten, und dann sagen sie, ja, aber schließlich war da ja auch Gewalt im Spiel. Na gut, er hat vorher keiner Fliege – oder vielleicht doch?»
    «Jetzt geht aber deine Phantasie mit dir –»
    «Mom, wir leben in einem Dorf, verdammt

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