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Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Titel: Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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langgegangen, Jon?»
    «Weiß nicht. Richtung St. Leonard? Spielt auch keine Rolle, sie kommt über den Friedhof von St. Leonard. Egal wo sie langgeht, sie geht immer über den Friedhof. Ich zeig’s Ihnen, okay?»
    «Nein, es wird das Beste sein, wenn ich allein gehe, danke. Sie soll sich ja nicht bedroht fühlen. Nach allem, was passiert ist.»
    «Halten Sie das für sicher, Mary, ganz allein?»
    «Wir sind hier in Ludlow, Jon, nicht in Glasgow.»
    «Ich würd Sie auch nicht anfassen», sagte Jon Scole, klagend.
    «Ich weiß. Nur … vielleicht sollte ich allein mit ihr reden. Vielleicht bekomme ich keine bessere Chance mehr.»
    «Als Medium?» Er lachte.
    «So ähnlich.» Sie drückte die Türklinke, und die Tür sprang auf. Merrily war dankbar, dass er nicht abgeschlossen hatte. «Und, ja», sagte sie, «zur späteren Verwendung, ich habe einen Freund.»
    «Na, was für ’n Glückspilz», sagte Jon Scole bitter, ohne sich vom Fenster wegzubewegen. «Hey …»
    «Was?»
    «Seien Sie lieber vorsichtig, Mary. Frauen mag sie auch.»
    «Aber offensichtlich keine Pfarrerinnen», sagte Merrily. «Wenn es schwierig wird, kann ich immer noch das Kreuz herausholen.»
     
    Ein paar Leute waren noch unterwegs, als Merrily schnellen Schrittes durch das Stadtzentrum auf das Buttercross zulief: der unvermeidliche traurige Betrunkene, in einem Ladeneingang das unvermeidliche Paar und, schon merkwürdiger, zwei Frauen mit einem kleinen Jungen, der vor ihnen herlief, gute sechs Stunden nach der Zeit, zu der er eigentlich ins Bett gehörte. Was sich in den nächtlichen Straßen wohl alles zutrug, ohne dass es jemals erzählt würde?
    Am Buttercross schlüpfte Merrily wie eine Katze in die enge Church Street mit ihrem Pub und ihren Schmucklädchen und Galerien. Hinter dieser Straße lag die Kirche St. Laurence mit dem hohen Turm – der Achse im Rad der Stadt.
    Sie stand am Haupteingang und sah hinauf. Der Turm schien von ihr wegzustreben wie ein Aufzugsschacht, der zum Himmel führte, und sie dachte an die
Palmers’ Guild
, die so überzeugt gewesen war, die richtigen Knöpfe zu drücken.
    Merrily blieb ein paar Minuten lang einfach so stehen und lauschte, fast überzeugt, dass sie es hören würde, falls in Ludlow irgendwo etwas Gewaltsames geschah, weil dies hier das Nervenzentrum war. Noch nie hatte ihr eine Ansammlung von Gebäuden so sehr das Gefühl vermittelt, einen lebenden Organismus vor sich zu haben, und sie fragte sich, ob Belladonna, von der weit und breit keine Spur zu sehen war, auch irgendwo stand, einfach so, und sich davon heilen ließ.
    Oder vielleicht war sie bloß ganz schnell nach Hause gerannt.
    Merrily ging an der Kirche vorbei und bog in die, wie sie vermutete, College Street ein, die nach einer dunklen Kurve zum Linney wurde, der engen Gasse, die der Schlossmauer zum Fluss folgte. Sie ging leise in der Mitte der Gasse, die gerade breit genug für ein Auto war, falls man das überhaupt riskieren wollte. Zu beiden Seiten standen Cottages und Reihenhäuser, in den meisten brannte kein Licht. Eine Lücke zwischen den Häusern offenbarte einen Blick auf das tiefer liegende nächtliche Land, das mit winzigen Lichtern besprenkelt war.
    Merrily hatte das Gefühl, auf Ludlows gekrümmter Wirbelsäule entlangzubalancieren, und sie blieb noch einmal stehen, um zu lauschen. Keine Bewegung. Ein Schild wies auf ein neues Restaurant hin, und jemand hatte ein weißes Flugblatt darangeklebt, auf dem stand:
Der Herr wird die Tempel der Völlerei niederreißen!
    Nach dem letzten Haus ging links ein Pfad ab … bestimmt der Pfad, der unter der Schlossmauer hindurchführte, der Weg, den sie mit Jon Scole zu der Eibe genommen hatte, bei der Marion abgestürzt war, und Jemima Pegler, als das Heroin durch ihre Adern raste.
    Hier war die Erde unter den Füßen weicher, und die Beschaffenheit der Nacht schien sich geändert zu haben, die Formen der Bäume zerschmolzen zu dunklen Schatten. Das Schloss war dagegen ein harter Körper, eine Festung, und das Land fiel unsichtbar ab, zu den Bäumen, den eingezäunten Feldern, zum Fluss und dem Wäldchen rund um das Wehrhaus.
    Und da wusste Merrily, dass es zu still war.
    Man hätte das Rascheln von Tieren hören müssen, herumstreifende Füchse, nächtliche Vögel, aber … man hörte überhaupt nichts.
    Sie blieb stehen und griff nach dem winzigen Kreuz, das sie an einer Kette unter ihrer Fleecejacke und dem T-Shirt trug. Und da hörte sie eine Stimme, dumpf vor

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