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Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Titel: Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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warten auf die reiche Schlampe.»
    Jon Scole stellte sich ans Fenster, das auf die Corve Street hinausging. Gegenüber war im Licht einer Straßenlampe ein rotes georgianisches Backsteinhaus zu sehen: unerschwinglich, es sei denn, man verkaufte sein Häuschen im Zentrum von London.
    «Was haben die mit ihr gemacht, Jon?»
    «Die haben sie ein bisschen verprügelt. Genauer wollte sie es nicht sagen.»
    «Dann ist das ein Fall für die Polizei.»
    «Sie will keine Aufmerksamkeit erregen. Wenn ich die Bullen gerufen hätte, würde sie nie wieder mit mir reden. Aber – Scheiße, Mann …» – Er ging in die Hocke und sah sich von unten Merrilys verletztes Auge an. – «… Was ist denn mit Ihnen passiert?»
    «Ich habe eben einen gefährlichen Beruf», sagte Merrily. «Wo ist sie jetzt?»
    «Deshalb tragen Sie also diese sexy Brille.»
    «Wie lange war sie hier?»
    «Sie ist ins Bad gegangen, um sich zu waschen, da hab ich Sie angerufen. Wie ich sehe, tragen Sie gar keinen Ehering.»
    «Haben Sie ihr gesagt, dass ich kommen würde?»
    «Sie wollte nicht hierbleiben. Hat nur abgewartet, bis es draußen wieder ruhig war, dann ist sie weg. Ist ungefähr ’ne Viertelstunde her. Haben Sie einen Freund, Mary?»
    Merrily bewegte sich nicht. Wenn sie sich zurücklehnte, säße sie in dem Lehnstuhl in der Falle; wenn sie sich vorbeugte, würde sie seine Knie berühren. Offensichtlich war er immer noch ziemlich betrunken. Im Großen und Ganzen wäre es sinnvoller gewesen, nicht herzukommen.
    «Was hatte sie an?»
    «Äh, also …» Jon Scole stand auf. Die Schlüssel an seinem Gürtel klimperten; offensichtlich gefielen ihm Dinge, die metallische Geräusche machten.
    Merrily ergriff die Gelegenheit, um ebenfalls aufzustehen und sich der Tür zu nähern.
    «Sie hatte … eine Art Nachthemd an», sagte er. «Aus Satin. Es war an den Seiten geschnürt. Sah … seltsam aus.»
    «Und so ist sie draußen herumgelaufen?»
    «Ich hab ihr angeboten, sie nach Hause zu fahren. Sie hat mich nicht gelassen. Außerdem hab ich vermutlich auch ’n kleines bisschen zu viel intus.»
    «Sie hätten sie ja zu Fuß nach Hause begleiten können.»
    «Mary, das darf keiner. Wenn sie nachts zu Fuß geht, dann allein.»
    «Meinen Sie nicht, dass Sie jetzt die Polizei rufen sollten?»
    «Sie würde ja wissen, wer das war. Ich kann’s nur wiederholen, Mary, ich will’s mir mit ihr nicht verderben. Sie ist –» Er wedelte mit den Händen. «Also, wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen, dass alles in Ordnung ist mit ihr – ich weiß, welchen Weg sie nimmt.»
    «In welchem Zustand war sie denn?»
    «Wie meinen Sie das?»
    «Schockiert? Verzweifelt?»
    «Ich weiß nicht …» Er ging ans Fenster und sah auf die Straße hinunter. «Ärgerlich … stand unter Strom.»
    «Inwiefern?»
    «Es ist, als würde sie von irgendwas aufgeladen. Ich hab sie mal beobachtet, ein einziges Mal. Ich hab auf dem Friedhof hinter einem Baum auf sie gewartet – nur um ihr zuzusehen, wissen Sie? Ich hab Ewigkeiten gewartet, bis sie endlich erschien. Ich meine wirklich erschien – ohne ein einziges Geräusch. Ganz seltsam. Als wäre sie in Trance – als wär ihr Geist ganz woanders, aber ihr Körper … Mann, der … zitterte richtig. Vibrierte. Verstehen Sie? Es war, als würde er leuchten. Vermutlich übertreibe ich ein bisschen, sie war ja nur eine Frau, die da im Dunkeln langging. In diesen Gassen sieht wahrscheinlich jeder ein bisschen gruselig aus, der da nachts langgeht.»
    «Haben Sie sich ihr genähert?»
    «Und den Bann gebrochen? Da hätte sie mir die Augen ausgekratzt. Ich hab sie vorbeigehen lassen und bin nach Hause.»
    «Was haben Sie von dem gehalten, was Sie da gesehen hatten?»
    «Sie ist darauf abgefahren.»
    «Worauf?»
    «Ich weiß nicht genau.» Scole wirkte fast verärgert, weil er es nicht wusste. «Als sie heute Abend an die Tür gehämmert hat, war sie … heiß, wissen Sie? Hat beinahe geglüht. Deshalb hab ich Sie angerufen. Es konnte jeder sehen, dass sie beinahe verglüht ist …»
    Merrily wartete an der Tür. Daneben stand eine dunkelgrüne Mülltonne, in der zerdrückte Bierdosen und eine Chipstüte lagen.
    «Ich hab mir selbst nich getraut, verstehen Sie?» Er sah auf seine Turnschuhe hinunter. «Wollt nix vermasseln.» Er hob seinen Blick wieder zu Merrily und boxte sich in die Handfläche. «Ich kann nicht fassen, dass Sie Pfarrerin sind. Wieso wird denn eine Frau wie Sie Pfarrerin, verdammt?»
    «Wo ist sie

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