Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery
Eirions versteinertem Chorknabengesicht die Neugier erwachte.
«Na gut. Erzähl mir die ganze Geschichte», sagte Sophie.
Jane hatte nachgegeben, und ungefähr zwanzig Minuten später lagen sie und Eirion knutschend auf dem Teppich neben dem Schreibtisch, als Sophie zurückrief.
«Das ging aber, äh, schnell.»
«Jane, ich bin jetzt im Büro, und es ist äußerst wichtig, dass ich mit deiner Mutter spreche.»
«Also, Lol ist gerade nach Ludlow gefahren, er hat ein Handy dabei und wird sich bestimmt bald melden.»
«Mehr können wir wohl nicht erwarten. Jane, du solltest wissen, dass ich dich jetzt als intelligente, reife Person behandele.»
«Okay …» Jane versuchte mit einer Hand, ihren BH unter dem T-Shirt wieder zu richten. Sie wurde rot. «Danke.»
«Ich musste ins Büro, nachdem ich einen Anruf vom Bischof bekommen hatte. Es ist etwas passiert, und der Bischof wusste nicht, was er machen sollte, und da Merrily nicht da war, musste er die Sache leider an den Beirat für spirituelle Grenzfragen weiterleiten. Gleichzeitig hat er natürlich mir Bescheid gegeben, in der Hoffnung, dass die Information auf diese Weise auch Merrily erreicht.»
«Diese Callaghan-Clarke hat auch hier angerufen», sagte Jane.
«Wann war das?»
«Heute Morgen. Sie dachte, die Medien wären hinter Mom her. Das hatte ich ganz vergessen, es ist so viel … Wissen Sie, worum es ging?»
«Ich glaube, ja, aber das ist eine andere Sache, von der Merrily wahrscheinlich schon weiß, deshalb hat sie sich vermutlich auch nicht gemeldet. Jane, ich kann es kaum glauben.»
Sophie klang, als würde sie verrückt, wenn sie es jetzt nicht irgendjemandem erzählen konnte.
«Was denn –?» Jane blickte mit hochgezogenen Augenbrauen zu Eirion hinüber, der sie fragend ansah.
«Das Schloss», sagte Sophie düster. «Noch ein Kind.»
[zur Inhaltsübersicht]
Teil vier
Sam
«Wenn der Mensch überlebt, wird er dann zu einem Geist? Ich denke, davon kann man nur ausgehen, wenn er sich sein seelisches Feld bewahrt.»
T. C. Lethbridge,
Ghost and Divining Rod
(1963)
«Es klopft an die Fenster
Und heult durch die Schlüssellöcher …»
Anonym
41 Ein lauter Bums
Als Merrily auf den Schlossplatz hastete, schien alles um sie herum zu vibrieren.
Bum bum bum
tönte die Trommel eines samstäglichen Straßenmusikanten, der sich unten vor dem Deli niedergelassen hatte.
Sie überquerte den Platz, blieb vor der Touristeninformation stehen und ließ ihren Blick über die Menge schweifen.
Bell … wo zum Teufel bist du?
Hauchdünne, beinahe lilafarbene Wolken hatten sich vor die Sonne geschoben, und es wehte kein Lüftchen, das die roten und weißen Wimpel zum Flattern gebracht hätte, die zwischen den Giebeln hingen wie eine Reihe Zähne mit blutendem Zahnfleisch.
Merrily war unten in der Corve Street gewesen, um den Volvo zu holen, und hatte unter dem Scheibenwischer einen Strafzettel vorgefunden. Beim siebten Versuch war der Wagen immer noch nicht angesprungen – noch ein Zeichen seiner Sterblichkeit, neben dem Ticken hinter dem Armaturenbrett, dem Klappern der Karosserie und dem Schleifgeräusch in den Kurven. Sie hatte immer noch frustriert am Lenkrad gerüttelt, als sie feststellte, dass der Wagen irgendwie doch noch angesprungen war und zwei Reifen krachend von der Bordsteinkante rollten.
Um die Batterie wieder aufzuladen, oder warum auch immer, war sie durch die Stadt gefahren und hatte nach der Frau gesucht, die fliegen wollte wie Marion – vergeblich. Dann hatte sie, wieder auf einem Parkplatz, diesmal im oberen Teil der Stadt, für einen ganzen Tag bezahlt und eine Telefonzelle gefunden, aus der sie versuchte, Jane anzurufen … besetzt.
Der Platz war voller Menschen, die durcheinanderwuselten wie die Figuren auf einem Gemälde von Brueghel. Als Robbie Walsh durch diese Straßen gegangen war, musste er in einem Zustand gewesen sein, der einer Ekstase nahekam.
Er war glücklicher als jedes andere Kind
. Merrily hatte erneut das Gefühl, alles durch Robbies Augen zu sehen, zu sehen, wie alles gewesen war, wie es funktioniert hatte, das Alltagsleben des Mittelalters. Sie sah das Heute und empfand das Damals, als würde ihr das auf mysteriöse Weise den Weg zu Bell zeigen.
«Mrs. Watkins!»
Ein Mann kam durch die Menge auf sie zu, um seine Knie schlug ein blauer Arbeitskittel, wie Merrily sie aus ihrer Kindheit kannte, seine Augen leuchteten unter der prominenten Stirn. Ein Prophet aus einer Kinderbibel.
Bum,
Weitere Kostenlose Bücher