Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Titel: Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
Vom Netzwerk:
wurde – dem Jungen, den er selbst ihr vorgestellt hatte, den er selbst zum festen Bestandteil der Geistertouren gemacht hatte, nur um seiner Mutter näherzukommen, die ihn ablehnte. Die ihn zweimal abgelehnt hatte, und jetzt …
    … Jetzt diese tödliche Beleidigung: die Adoption eines Sohnes.
    Lol dachte an Andy Mumford und seine Plascarreg-Theorien. Wenn das hier stimmte, dann segelte Mumford gefährlich hart am Wind.
    «Bell …»
    Sie drehte sich zu ihm um, eine Strähne weißgoldenen Haares über der Wange.
    «Wann genau sind Sie zu dieser Schlussfolgerung gekommen?», fragte Lol.
    «Ich weiß es nicht. Ist schon länger her … letzte Nacht hat sich dann alles zugespitzt. Ich bin hingefallen. Ich war spazieren … auf dem Friedhof, zwischen den Eiben, und ich bin hingefallen. Habe mir den Kopf an den Wurzeln aufgeschlagen. Ich war ziemlich benommen und auf einmal unheimlich wütend. Alles wurde zerstört an diesem Abend. Ich habe spontan beschlossen, zu seiner Wohnung zu gehen und ihn mit allem zu konfrontieren, und … und er war betrunken. Ich habe ihm gesagt, dass ich auf der Straße angegriffen worden bin. Er dachte … dieser abartige Idiot dachte, ich wollte mit ihm schlafen – er ist absolut genau so wie sein verdammter Vater. Er hat gesagt, er würde Ihre … Mary anrufen. Also bin ich gegangen.»
    «Und dann kam Merrily.»
    «Sie hat mich gefunden, als ich unterm Schloss saß und gesungen habe. Das ist die einzige Möglichkeit für mich, an solchen Abenden nicht verrückt zu werden. Indem ich Marion etwas vorsinge. Und ‹Der kleine Willie Winkie› für … Jedenfalls muss er uns gefolgt sein, als wir zurückgingen. Er hat gesehen, wie ich den … den Mandolinenkoffer in die Eibe gestellt habe. Und dann hat er ein Brecheisen oder so geholt, die Tür aufgebrochen und sich den Koffer geschnappt.»
    Sie bückte sich und schob das Tablett mit den Kerzen etwas zur Seite. Von einigen Kerzen war nicht mehr viel übrig. Lol sah, dass das Tablett nicht auf dem Boden gestanden hatte, sondern auf einem kleinen schwarzen Instrumentenkoffer, den sie jetzt hochnahm und in ihren Armen wiegte.
    Der Mandolinenkoffer.
    Sie trug ihn zu den Zinnen. Es war jetzt fast ganz dunkel.
    «Sie müssen bald gehen», sagte Bell. «Die Kerzen dürfen nicht ganz herunterbrennen.»
    «Bell … das ergibt doch keinen Sinn.»
    «Es ergibt den Sinn, den mein Leben immer hatte», sagte sie. «Ich habe mein Leben immer als befristet betrachtet. Was ich im Tod suche, ist eine Art Beständigkeit.»
    Der schwere Mantel hing offen an ihr herab, und darunter zeigte sich ein langes cremefarbenes Kleid, das große, auffällige Flecken aufwies, deren Farbe im Kerzenlicht nicht zu erkennen war. Sie stand dicht an der Mauer, umarmte den Mandolinenkoffer und begann mit zitternder Kleinmädchenstimme zu singen.
    «Der kleine Willie Winkie läuft durch die Stadt,
    Rauf, runter, rauf, runter, in seinem Schlafanzug.
    Klopft an die Fenster,
    ruft durch die Tür:
    Alle Kinder in den Betten?
    Es ist schon nach acht Uhr.»
    Sandy Gee stand an der Mauer des dicken Rundturms im Innenhof des Schlosses. Sie hatte eine gummibeschichtete Taschenlampe in der Hand und ließ den Lichtstrahl nervös immer wieder über das Mauerwerk gleiten. Sie hatte einen der uniformierten Kollegen mit einer Plastik-Pepsiflasche losgeschickt, damit er einen Wasserhahn suchte.
    «Und Salz», sagte Merrily.
    «Salz?»
    «Weihwasser enthält Salz.»
    «Vielleicht sollten wir das in einem von den verdammten Restaurants machen», sagte Sandy Gee.
    «Ich wünschte, wir könnten es dadrin machen.» Merrily deutete auf den Rundturm. «Da ist genug Platz, und offenbar war dort im Mittelalter eine Kapelle der heiligen Maria Magdalena. Geht aber leider nicht.»
    «Nein. Wir müssen es jetzt machen, in dem schäbigen kleinen Turm.»
    «Mmh, hören Sie, noch eine kleine Warnung», sagte Merrily. «Das Ziel des Ganzen ist, die Atmosphäre zu entspannen und Ruhe zu schaffen. Aber wir wissen nicht, womit wir es zu tun haben. Und wenn es dadrin irgendeine … man könnte es Energie nennen … gibt und das Mädchen sich an einer Stelle befindet, an der es tief fallen kann …»
    Sandy hielt Merrily den Strahl der Taschenlampe ins Gesicht. «Ich hoffe bei Gott, dass Sie damit nicht sagen wollen, die Sache könnte auch den umgekehrten Effekt haben! Longbeach hat gesagt, Sie wüssten, was Sie tun.»
    Siân Callaghan-Clarke räusperte sich. «Inspector, ich denke, meine Kollegin

Weitere Kostenlose Bücher