Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Titel: Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
Vom Netzwerk:
«Aber das hier ist das Zentrum, nicht wahr?», sagte er. «Dies ist die Seele der Stadt. Der Punkt –»
    «Des Übergangs.»
    «Ich weiß nicht genau, was Sie damit meinen. Würde es … würde es Ihnen was ausmachen, wenn ich aufstehe? Ich glaube, ich kriege einen Krampf.»
    «Solange Sie nicht näher kommen», sagte Belladonna.
    «Okay.»
    Sag ihnen, sie sollen Abstand von ihr halten, hatte Merrily betont. Vielleicht hatte sie immer noch das Messer.
    Das war, nachdem Lol sie daran erinnert hatte, dass er Höhenangst hatte. Merrily war voller Sorge weggegangen. Er hatte ihr gesagt, dass er in der Kirche bleiben und versuchen würde, der Polizei alles zu erklären, wenn sie auftauchte. Sie hatten sich ein paar Sekunden umarmt, und dann war Merrily gegangen und hatte sich ständig nach ihm umgesehen.
    Natürlich gab es für die Polizei keinen Grund zu der Annahme, dass hier oben jemand war, jetzt, wo das Tablett mit den Kerzen im Schatten der Mauern stand.
    Lol sah noch einmal über die Mauer, ehe er sich abwandte. Überall um die Kirche herum waren in der Stadt inzwischen die Lichter angegangen. Als Lol den Kopf drehte, fühlte er sich wie einer dieser Feuerwerkskörper, ein Feuerrad, und ihm schwindelte. Von irgendwoher nahm er einen scharfen Geruch wahr.
    «Einundvierzig Meter Höhe», sagte Bell. «Ich habe die Polizeiautos vor Jonathans Laden gesehen. Haben Sie ihn gefunden?»
    «Nein, das waren Merrily und der Bürgermeister. Nachdem der Eisenhändler ihnen gesagt hat, dass der Laden den ganzen Tag zuhatte.»
    «Geschwätziger alter Dummkopf.»
    «Sie … was soll ich dazu sagen?»
    «Wut verleiht einem unendliche Kräfte», sagte Bell.
    Er vermutete, dass sie lauter sprach, damit ihre Stimme nicht so stark zitterte, aber er hatte es trotzdem mitbekommen.
    «Was hat er Ihnen getan?»
    «Ich muss Ihre Fragen nicht beantworten.»
    «Nein. Ich habe mit ein paar Leuten über Sie gesprochen. Tom Storey?»
    «Wie geht’s ihm?»
    «Arbeitet noch. Hat immer noch ein bisschen Angst.»
    Bell lachte. «Er hat schon immer Angst vor mir gehabt.» Sie wandte sich Lol zu und sah zu ihm hinauf. «Warum haben Sie keine Angst? Was wollen Sie?»
    «Ich habe nur Angst vor dem, was Sie vielleicht machen. Vor dem, was Sie mit dem Punkt des Übergangs gemeint haben, oder?»
    Sie antwortete nicht. Er hatte den Eindruck, dass sie in den Stunden, die sie hier oben verbracht hatte, von einem wilden, entsetzlichen Trip runtergekommen war, an dessen Realität sie im Nachhinein selbst nicht mehr glauben konnte.
    «Über Scoles Eltern wussten Sie vermutlich Bescheid, nehme ich an. Wie sie gestorben sind, meine ich?»
    Eine Pause, dann seufzte sie.
    «Meinen Sie seine Adoptiveltern? Oder seine Eltern?»
    Er starrte sie an. Sie betrachtete ein fernes Flugzeug, das kaum zu hören war und wie eine Feuerfliege über den Himmel zog.
    «Jonathans Vater war ein Mann namens Eric Bryers», sagte sie.
    Lol griff nach dem Geländer.
    «Der verdammte Junkie hat ihn ausfindig gemacht», sagte Bell. «Rachsüchtiger, heroinabhängiger Riesenarsch.»
    «Aber …»
    Er sah, wie das Flugzeug in den Wolken verschwand und auf der anderen Seite wieder auftauchte. Es gab zwei Versionen dieser Geschichte. Moira Cairns hatte ihm erzählt, Belladonnas Baby wäre gestorben. Tom hatte behauptet, sie hätte das Kind zur Adoption freigegeben, nachdem sie einen Plattenvertrag angeboten bekommen hatte.
    Aber Tom war neurotisch – seine Version war die unwahrscheinlichste gewesen.
    «Scole war Ihr Sohn?»
    «Eric hat ihn vor ein paar Jahren aufgespürt, kurz vor seinem Tod.» Bell zog sich den Mantel um die Knie und sah ins Kerzenlicht. «Das Ganze hat Jonathans Selbstwahrnehmung ziemlich verändert. Er hätte wahrscheinlich gesagt, dass es bestätigt hat, was er immer gefühlt hat. Seine Adoptiveltern haben rund um die Uhr in ihrem schäbigen Imbiss gearbeitet und wollten einfach einen Sohn, der den Laden übernimmt – und vielleicht noch einen Imbiss dazukauft –, damit sie sich in Morecambe oder in irgendeinem anderen todlangweiligen Kaff zur Ruhe setzen können. Haben ihn aufs College geschickt, damit er Betriebswirtschaft lernt. Das hatte natürlich alles überhaupt keinen Reiz. Er hat dieses Leben gehasst. Er dachte, er wäre für etwas Besseres geboren.»
    «Vor allem, nachdem er herausgefunden hat, wer seine Mutter ist, nehme ich an», sagte Lol. «Und was seine Mutter ihm … vorenthalten hatte.»
    «Ja, allerdings, er hat mich gehasst. Und vermutlich

Weitere Kostenlose Bücher