Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery
vielleicht ein guter Zeitpunkt, um –»
«Mein Leben etwas komplizierter zu machen», sagte Bliss.
«Vielleicht ist es ja Unsinn, Frannie. Vielleicht hatte Bell vollkommen recht damit, dass Jon Scole Robbie umgebracht hat. Vielleicht, aber
ich
möchte einfach nicht, dass er es war. Wenn man jemanden gemocht hat, dann will man einfach nicht, dass er zu den Bösen gehört. Wohingegen die Leute, die man
nicht
mochte …»
Merrily sah Mumford an, der seinerseits wollte, dass es Jason Mebus war. Mumford sah nicht einmal auf. Er trug Anzug und Krawatte und wirkte ganz und gar nicht, als wäre er im Ruhestand. Er wirkte, als wäre er außer Gefahr. Pensionäre, hatte Lol beschlossen, waren die neuen Delinquenten. Er hatte gehört, dass Mumford nach einem Anruf von Gomer Parry bald von Jumbo Humphries angestellt werden würde, der an der walisischen Grenze eine Werkstatt, einen Futtermittelhandel und eine Detektei betrieb. So würde Mumford sich nicht mehr auf der Straße rumtreiben. Eine Sorge weniger.
«Sie müssen ja ziemlich froh sein, den Mistkäfer nicht umgebracht zu haben, Andy», sagte Bliss.
Mumford grunzte. «War nicht zu erwarten.»
Bliss lächelte, sah Lol und Merrily an und hob die Augenbrauen.
Merrily sagte: «Wahrscheinlich bin ich einfach unvernünftig.»
«Sehen Sie», sagte Bliss, «in Wahrheit hat doch niemand Robbies Tod für einen Unfall gehalten, und dass es Selbstmord war, erscheint immer unwahrscheinlicher. Wenn es also noch einen dritten Verdächtigen gibt, gut, dann gehen wir der Sache nach.»
«Ich liege einfach immer wach und denke darüber nach, schlafe kurz ein, wache wieder auf und denke schon wieder darüber nach.» Merrily schüttelte eine Zigarette aus der Packung. «Ich habe mir gedacht, wenn es Jon Scole nicht gestört hat, dass Robbie das ganze Geld bekommen sollte, muss es doch jemand anderen gegeben haben, den es definitiv gestört hat.»
«Na los, sagen Sie’s.»
«Also … ihre Kindheit war mit einem Schlag beendet, als ihr Vater ihre Mutter für Bell verlassen hat. Es wurde praktisch von ihr erwartet, dass sie Bells Kindermädchen spielt, wann immer sie bei ihnen war. Und nachdem ihr Vater nach Amerika gegangen ist, hat ihre richtige Mutter ihr den Job bei Smith, Sebald besorgt. Und dann war sie wieder mit Bell konfrontiert.»
«Sie hätte nein sagen können, Merrily.»
«Wo Bell in derselben Stadt gelebt hat? Und ihr Vater sie gebeten hat, sich um sie zu kümmern? Okay, einerseits war sie eine gute Klientin, aber es muss die Hölle gewesen sein, dauernd irgendetwas zu verschleiern und sich immer fragen zu müssen, in was sie die Kanzlei als Nächstes mit hineinzieht. Und dann ist da ihr künftiger Schwiegervater, der … na ja, da herrschte unerklärlicherweise von Anfang an ziemlich schlechte Stimmung, das muss ihre Beziehung mit Stephen Lackland belastet haben.»
«Und dann», sagte Bliss, «verkündet diese Verrückte, dass sie den Sohn von diesem – entschuldigen Sie, Andy – habgierigen Weibsstück aus dem Plascarreg adoptieren will, und trifft Vorkehrungen, damit
er
und die neue
Palmers’ Guild
den Großteil ihres erheblichen Vermögens bekommen. Wissen wir, ob Susannah Pepper versucht hat, Bell das auszureden?»
Merrily schüttelte den Kopf. «Keine Ahnung, aber mir ist noch etwas eingefallen: Falls Bell gestorben wäre, hätte sich Susannah um Robbie kümmern müssen. Auch nicht gerade das, wovon man als Frischverheiratete träumt.»
«Hätte sie denn einfach sterben können?»
«Das ist ihr größter Ehrgeiz im Leben, Frannie. Aber das mit der Anwältin wird man nie beweisen können. Ich wollte es nur mal loswerden. Sorry.»
«Nein, nein … Ich werde es weitergeben. Ganz diskret. Die Jungs in Ludlow werden die beiden auf jeden Fall beobachten, wenn Bell wegen Leichenschändung oder so vor Gericht erscheint, mal sehen, wie die Anklage am Ende lautet. Vielleicht wird die Klage aber auch abgewiesen – wer weiß?» Bliss trank seinen Tee aus. «Sie haben Bell also der Obhut von Huw Owen anvertraut. Interessant.»
Für beide, dachte Lol.
Es war Merrilys Idee gewesen, Huw Owen zu fragen, ob er sich um Bell kümmern könne. Sie hatten ihr in der Nacht zuvor gesagt, dass das Wehrhaus bereits von den Medien belagert wurde, und sie fürs Erste ins Pfarrhaus gebracht. Dort war sie vorerst in Sicherheit – und da es nicht in Ludlow lag, war es auch sicher vor ihr.
Obwohl sie zwischendurch einmal die Orientierung verloren und offenbar geglaubt
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