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Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Titel: Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Halloweenpuppe, die jemand aus Spaß zwischen die Zinnen geklemmt hatte.
    Lol sagte: «Hat er sich selbst umgebracht? Hat er eine Überdosis genommen oder so? Hat er den Mandolinenkoffer aufgebrochen, an seinem Geburtstag, und gesehen, worauf sich Ihre ganze mütterliche Liebe gerichtet hat?»
    Plötzlich neigte sie sich etwas nach hinten, und er dachte, sie würde fallen, ohne zu brennen, und machte einen Satz auf die Mauer zu.
    «Nein!» Sie warf die Hände in die Luft und griff dann schnell den Koffer, der angefangen hatte zu rutschen.
    Er blieb stehen.
    «Er … muss noch mehr getrunken haben und hat sich dann ausgezogen und ist ins Bett gegangen, und dann … ich weiß nicht … Vielleicht ist er aufgestanden, um zu telefonieren.»
    «Woher wollen Sie das wissen?»
    «Ich hatte heute Morgen eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter. Er war außer sich. So betrunken, dass er kaum sprechen konnte. Er hat gesagt: ‹Du verdammte Schlampe … hast ein Baby weggegeben und etwas behalten, das …›»
    Lol hörte auf der Straße Stimmen und vermutete, dass Bell jetzt ihr Publikum hatte. Ohne Publikum ergab es keinen Sinn.
    «‹… das …›» Sie spielte mit dem Verschluss des Mandolinenkoffers, ließ ihn auf- und zuschnappen. «‹… das aussieht wie ein Hühnchen von Kentucky Fried Chicken.›»
    «Er war tot, als Sie ihn gefunden haben, oder? Los, Bell, nach der Obduktion weiß es sowieso jeder.»
    Sie ließ den Verschluss zuschnappen. Ihr Seufzen klang gereizt.
    «Vielleicht hat er weitergetrunken und ist an seinem Erbrochenen erstickt. Ich weiß es nicht. Ich war einfach so wütend auf ihn. Er hat Robbie umgebracht und ist davongekommen … und wozu? So ein erbärmlicher, schändlicher … so ein
kleiner
Tod. Das hätte er … selbst er hätte das nicht gewollt. Ich … bin in seine mickrige Küche gegangen und hab in einer Schublade ein Messer gefunden.»
    Lol stellte sich die darauffolgende Szene vor wie ein Concept-Art-Bild: eine Mischung aus Tracey Emin und Damien Hirst.
    Bell sagte: «Ich habe mir immer vorgestellt, dass Arnold de Lisle so gestorben ist. Nackt. Zerstückelt. Jonathan sah, wenn er es schon nicht war, wenigstens aus wie ein Krieger. Wie Eric. Das war alles, was sie vorzuweisen hatten, ihr gutes Aussehen.»
    «Arnold de Lisle, hm?» Lol war plötzlich wütend auf sie. «Nur, dass Arnolds Tod extrem blutig war. Wenn jemand schon tot ist, wenn da kein Herz mehr pumpt, dann kann man direkt in die Arterie schneiden, und trotzdem tropft es nur ein bisschen.»
    «Das wusste ich nicht. Oder ich habe nicht daran gedacht.»
    «Das war also auch ziemlich erbärmlich. Und wissen Sie was? Bei Ihrem Glück könnten Sie sich hier runterstürzen und … und landen auf dem Vorsprung oder so und sind einfach nur querschnittsgelähmt.»
    «Wir werden sehen», sagte Bell. Sie setzte sich mit geradezu gebieterischer Ruhe aufrecht hin, öffnete den Schnappverschluss und klappte den Mandolinenkoffer auf, sodass sich ein sehr starker Geruch verbreitete, der nur noch mehr Benzin bedeuten konnte.
    «Der andere Unterschied zu Arnold», sagte Lol verzweifelt, «ist, dass er vorher eine große Liebe erlebt hatte.»
    Bell lächelte traurig, mit diesen charmanten schiefen Zähnen, ein Funkeln in den Augen, als sie, mit dem offenen Sarg, von der Mauer herunterrutschte, auf die Kerzen zu.
     
    Seite an Seite beteten Merrily und Sam zusammen in der Fensteröffnung für Marion de la Bruyère. Merrily benutzte zum Teil Sätze aus dem eucharistischen Hochgebet.
    «Wir sind zusammengekommen, um uns vor Gott unserer Schwester Marion zu erinnern …»
    Robbie Walsh hatte vermutlich eine gute Wahl getroffen. Vielleicht war Marion Sam sogar ähnlich gewesen.
    «Du hast denen, die an Dich glauben,
    das ewige Leben versprochen:
    Entsinne Dich Deiner Dienerin Marion,
    wie auch wir uns ihrer entsinnen.
    Nimm alle, die mit Jesus Christus ruhen,
    auf in die Fülle Deines Reiches,
    wo die Sünden vergeben sind
    und der Tod nicht mehr ist …»
    Und dann improvisierte sie vollständig.
    «Gott, wir bitten Dich, erlöse Marions Geist von den Verblendeten und Fehlgeleiteten und denen, die ihn benutzen, um … ihre eigenen Ziele zu verfolgen. Wir beten, dass Marion …»
    Es war jetzt sehr kalt im Henkersturm. Sam kroch dicht an Merrily heran, sie zitterte. Ihr Gesicht lag im Schatten, aber an ihrer Augenbraue glänzte der winzige Ring.
    «… fliegen möge», sagte Merrily.
    Sie war darauf vorbereitet, ein langes, langsames

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