Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery
Wand war nicht ganz fertig gemacht worden, und das griff über.»
«Sie meinen, die Wand war feucht?»
«Sie haben eine Gipsmischung auf die Steine aufgetragen, aber das hat nicht funktioniert, sie hätten Kalk nehmen müssen. Für Mrs. Pepper spielte der Preis keine Rolle, aber sie hatte gewisse … Raffinessen im Sinn. Haben Sie schon einmal davon gehört, dass früher oft Rosshaar in den Löschkalk gemischt wurde?»
«Das habe ich schon einmal gehört, ja. Ich lebe in einem sehr alten Pfarrhaus.»
«So was Ähnliches hat Mrs. Pepper sich vorgestellt. Aber sie wollte … ihr eigenes Haar benutzen.»
«Verstehe.»
«Das glaube ich, ehrlich gesagt, nicht.» Callum sah auf seinen leeren Notizblock hinunter. «Wir haben es manchmal mit merkwürdigen Forderungen zu tun – zum Beispiel dieser ganze Feng-Shui-Wahn, den diese furchtbaren Einrichtungssendungen im Fernsehen ausgelöst haben. Es kommt auch schon mal vor, dass die Kundenwünsche den Bestimmungen des Bau- oder Denkmalsamts widersprechen, aber wir tun, was wir können, damit die Kunden zufrieden sind.»
«Also haben Sie es gemacht.»
«Ich war alleine vor Ort. Sie hat gesagt, wenn zu viele Leute da rumlaufen … das wäre nicht akzeptabel.»
«Um ihre Privatsphäre zu schützen.»
«Dachte ich, ja. Ich hatte nicht verstanden … Na ja, jedenfalls hat sie mir einen Karton mit Haar gegeben. Ihr eigenes Haar ist blond – ob gefärbt oder nicht, keine Ahnung. Aber diese Haare, ähm, waren dunkler und hatten eine andere … Struktur.»
«Es waren die Haare von jemand anderem?»
Callum stand auf und ging zu einem Fenster, das nicht auf die Broad Street hinausging, sondern auf einen kleinen, gefliesten Hof, in dem eine hohe Zeder stand.
«Den Eindruck hatte ich nicht», sagte er. «Ich hatte den Eindruck – durch die Länge der Haare und, äh, die Beschaffenheit, das sie … nicht von ihrem Kopf stammten.»
«Oh. Und haben Sie weitergemacht? Haben Sie es untergemischt?»
«Ja, habe ich.»
«Und war sie zufrieden?»
«Hm … sogar sehr. Sie hat darauf bestanden, mir zur Hand zu gehen. Sie hatte den Verputz überall an den Händen. Ich hatte ihr geraten, Handschuhe zu tragen, aber sie … wollte es offenbar unbedingt mit bloßen Händen machen. Und dann … irgendwann hat sie mich gefragt, ob ich selbst auch gern etwas untermischen würde. Gewissermaßen. Da war ich schon ziemlich skeptisch. Ich arbeite nicht gerne allein, wenn nur eine Frau zu Hause ist.»
Merrily lächelte. «Ich dachte immer, Bauunternehmer wären Männer von Welt.»
«Ich bin kein Bauunternehmer. Ich meine, schon, aber … das hier ist eine kleine Stadt, und wir sind eine angesehene Firma, und mein Vater ist im Stadtrat.»
«Das heißt, Sie haben eine Ausrede gefunden und sind gegangen?»
«Genau. Sie war ja nicht nur alt genug, um meine Mutter zu sein, sie … Es war nicht gesund.»
«Lebt sie allein dort?»
«Sie hat Leute, die putzen und sich um den Garten kümmern. Essen tut sie wohl meistens in den Restaurants in der Stadt.»
«Das muss kostspielig sein.»
«Das ist für Mrs. Pepper ja offenbar kein Problem. Das Haus ist voller … na ja, ‹Antiquitäten› trifft es nicht ganz. Es gibt zum Beispiel ein Waschbecken, das aus einem Steinsarg gemacht wurde. Die sind manchmal zu kriegen, wenn alte Kirchen in Häuser umgewandelt werden.»
«Sie hatte also eine Wand, die mit Haaren verputzt worden ist, die … nicht von ihrem Kopf stammten. Und wollte sie sonst noch etwas von Ihnen?»
«Ich werde nicht weiter ausführen, was ich der Mischung sonst noch hinzufügen sollte.»
«Oje.»
«Allerdings», sagte Mr. Corey.
27 Mit brennender Kerze
Es war kurz nach drei Uhr nachmittags, als sich Merrily von Corey verabschiedete und mehr oder weniger ziellos die Broad Street entlangging – an
Grey’s Café
vorbei und an dem Bekleidungsgeschäft, in dessen Räumen, wie Bernie Dunmore ihr erzählt hatte, schon seit dem vierzehnten Jahrhundert Einzelhandel betrieben wurde.
Sie stellte sich vor, wie Robbie Walsh hier entlanggegangen war und vor seinem inneren Auge den Asphalt durch Kopfsteinpflaster ersetzt hatte, Lieferwagen durch Kutschen, Mäntel durch Umhänge. Aber das ließ sie ganz schnell wieder, als es ihr ohne größere Anstrengung gelang, einen Mann mit einer Sammelbüchse, der auf den Stufen des Buttercross saß, in einen Lumpen tragenden Aussätzigen zu verwandeln.
Manche Orte haben mehr Resonanz als andere
, hatte Jon Scole gesagt. Es
Weitere Kostenlose Bücher